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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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verdüstert hatte und der sich an Josef wandte. Auch dessen Gesicht spiegelte Besorgnis wider. Schon folgte ein faustgroßer Stein und landete direkt vor dem rechten Vorderrad des Karrens. Das Zugtier hob den massigen Kopf und schnaubte. Ein weiterer Stein löste sich und rollte die Felswand herab, größer noch als der erste. Mit einem lauten Krachen landete er zwischen den beiden Wagen und prallte gegen eines der Räder. Der Bergführer fluchte, gefolgt vom Brüllen des zweiten Ochsen.
    Cristin erschrak. Das muskulöse Tier, das Sebald führte, warf den Kopf hin und her und schnaubte abermals mit weit aufgerissenen Augen. Es wollte den Hindernissen ausweichen und zog ruckartig den Wagen zur Seite. Aber da war nichts als der Steilhang. Rechts der Straße ging es bald fünfzig Klafter in die Tiefe. Scharf sog Cristin die kalte Luft in die Lungen. Von unten drang das Tosen eines Flusses an ihre Ohren.
    Wie Landsberg musste auch Josefs Bruder hilflos mit ansehen, wie das Fuhrwerk hin- und herschwankte. Im nächsten Moment stand es nur noch auf zwei Rädern. Das schrille Brüllen des an den Wagen gebundenen Maultieres ging durch Mark und Bein. Sebald zog ein Messer aus dem Gürtel, sprang auf das schreiende Grautier zu und versuchte, den Strick zu durchtrennen, der es mit dem Wagen verband. Doch es war ein hoffnungsloses Unterfangen – zu sehr riss der Ochse das Gefährt mal zur einen, dann wieder zur anderen Seite.
    Baldo war vom Kutschbock gesprungen. Mit langen Sätzen rannte er auf den zweiten Wagen zu, wollte wie Josef nach den Zügeln fassen. Vergeblich. Stattdessen musste er aufpassen, nicht von den Hörnern des Ochsen erfasst zu werden. Wieder zog er zur Seite, und schon gerieten die breiten Hufe in den matschigen Boden neben der Straße, rutschten ab.
    Landsberg sprang hinzu und krallte die Hände in die Plane des Fuhrwerks. Cristin schlug die Hand vor den Mund.
    Das Fuhrwerk schwankte jetzt so stark, dass sie jeden Moment damit rechnete, es in die Tiefe stürzen zu sehen. Während Sebald, der es endlich geschafft hatte, den Strick durchzuschneiden, das Maultier fortzog und zu dem zweiten Ochsen lief, packte Baldo die Schultern des Freundes.
    »Nehmt endlich Eure Hände weg, Landsberg!«, hörte Cristin ihn rufen. »Oder brennt Ihr darauf, schon heute Eurem Herrgott zu begegnen?«
    Mit einem Satz sprang der Bernsteinhändler zur Seite – keinen Augenblick zu früh. Mit aufgerissenen Augen sah Cristin mit an, wie sich das Fuhrwerk über die Kante schob und in die Tiefe stürzte, gefolgt von dem entsetzlichen Todesschrei des Tieres und dem Geräusch des auf dem Boden zerschellenden Wagens.
    »Geh vom Abgrund weg, Cristin!« Baldos Hand legte sich um ihre Taille und zog sie sanft, aber bestimmt zurück. Dann drehte er sich zu dem Bernsteinhändler um, der mit bleichem Gesicht gegen die an der anderen Seite der Straße aufragenden Felsen lehnte.
    »Verdammt, was war nur los mit Euch, Landsberg?«, fuhr er den Freund an. Seine Augen funkelten. »Wolltet Ihr etwa den Helden spielen? Wenn Ihr noch einen Herzschlag länger gewartet hättet – ihr läget jetzt ebenfalls zerschmettert dort unten!«
    »Ihr habt ja recht«, räumte der Bernsteinhändler ein. »Ich war für einen Moment wie betäubt.«
    » Ich dachte, Ihr kennt Eure Bibel und wisst, dass man Gott nicht versuchen soll!«
    Kopfschüttelnd trat Baldo an die steil abfallende Kante und spähte hinab.Cristin folgte ihm vorsichtig. Der Wagen war in mehrere Teile zerbrochen, der Ochse lag ein Stück weit entfernt und rührte sich nicht.
    » Wenigstens hat das Tier nicht lange leiden müssen«, hörte Cristin ihren Mann flüstern.
    Nicht nur der Wagen und das Zugtier, das Baldo gegen die wertvolle Stute eingetauscht hatte, auch einige ihrer kostbaren Stoffe, die sie in den letzten Monaten kunstvoll bestickt hatte, waren unwiederbringlich verloren. Lediglich eine kleine Kiste mit einigen kunstvoll gewebten und gestickten Werkstücken war übrig geblieben, ein kläglicher Rest, den sie dem Tuchhändler nun noch anzubieten hatte. Ob das genügte, um den Mann von ihrem Können zu überzeugen? Auch der in Innsprucke gekaufte Proviant war zum größten Teil den Abhang hinuntergestürzt. Was sollten sie während der Überquerung der Alpen nun essen und trinken? Schänken dürfte es in diesem unwirtlichen Gelände kaum geben, und sie hatten nicht einmal die Hälfte der Reise hinter sich.
    »Dagegen ist niemand gefeit«, brachte Josef mit einem Gesicht, so bleich wie

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