Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Straße, die geradewegs in das Wäldchen hineinführte, in dem sie die Nacht verbringen wollten. Es war kaum eine Viertelmeile entfernt. Da erregte eine Bewegung in der Ferne seine Aufmerksamkeit, und er kniff die Augen zusammen. Mehrere Männer kamen auf sie zugeritten. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, als Piet begriff, um wen es sich bei den Reitern handelte, und er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten.
»Sieh mal, Arva«, rief er seinem Freund zu. »Das riecht ja förmlich nach Ärger.«
Die von einem schwarzen Bart umrahmten Lippen des Freundes wurden zu einer schmalen Linie.
Es waren sechs mit Langschwertern und Schilden bewaffnete Deutschordensritter, die ihnen entgegengetrabt kamen. Schon waren die Männer in den weißen, im abendlichen Wind flatternden Mänteln, auf denen schwarze Kreuze prangten, nur noch wenige Klafter entfernt. Hoch aufgerichtet saßen sie in den Sätteln ihrer wertvollen Pferde. Sie ritten jeweils zu zweit nebeneinander und nahmen auf diese Weise die gesamte Breite der schneebedeckten Straße ein. Arva fluchte in einer fremden Sprache, denn ihm blieb nichts anderes übrig, als das Fuhrwerk anzuhalten.Die beiden Männer vor ihnen machten keinerlei Anstalten, ihre Pferde um den Wagen herumzulenken und die Straße freizugeben, sondern hielten ihre Reittiere vielmehr darauf zu.Piet, der immer noch in seinem Narrenkostüm steckte, sog scharf die Luft ein, als sich ein kalter Blick aus eisgrauen Augen zuerst auf Arva und dann auf ihn heftete.
Es war nicht seine erste Begegnung mit Angehörigen des Ordens. Er erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen, wie Baldo, Cristin und er einer Gruppe von acht Ordensrittern begegnet waren, kurz bevor sie das niedergebrannte Prußendorf in der Nähe von Slupsk erreicht hatten. Auch dort hatten Deutschritter ein Blutbad angerichtet. Janek hatte das Massaker als Einziger überlebt. Nur mühsam konnte Piet verhindern, dass auchseinen Lippen ein Fluch entwich. Blitzartig schien der seichte Wind an Stärke zu gewinnen und einen Hauch von Bedrohung mitzubringen .
Zwei der Ritter näherten sich ihnen, während die anderen zurückblieben. Einer der beiden Männer, ein dunkelhaariger Hüne mit kurz geschnittenem Kinnbart, beugte sich in seinem Sattel vor.
Sein Blick bohrte sich in Piets Augen. »Wen haben wir denn da?«
Der andere, bartlos und mit einer Nase, die dem gebogenen Schnabel eines Adlers glich, verzog das Gesicht zu einem verächtlichen Grinsen. »Einen Narren, würde ich sagen. Und die anderen sind genauso gottloses, stinkendes Volk wie dieser Gauklerhier.« Er wies auf Pietund spie in den Schnee.
Arva streckte den Rücken. »Wir sind nicht gottlos«, stieß er hervor. »Außerdem ist diese Straße für jedermann befahrbar, oder? Und jetzt lasst uns weiterziehen!«
Piet spürte den kaum gezügelten Zorn seines Freundes und drückte warnend seinen Arm. Doch Arva schüttelte Piets Hand ab.
»Hört, hört.« Der Bärtige lenkte sein Pferd neben den Wagen. »Wenn mich meine Augen nicht trügen – und du kannst sicher sein, Bürschchen, das tun sie nie –, dann seid ihr Cygani , oder etwa nicht?«
Der Mann mit der Adlernase nickte mit einem selbstgefälligen Grinsen. »Was unschwer zu erkennen ist.«
»Wir sind Kalderash , Herr«, hörte Piet eine kühle, aber feste Stimme hinter sich.
Piet und sein Freundwandten die Köpfe. Es war Joschka, der vom Bock des zweiten Wagens gesprungen und neben sie getreten war. Arva nickte und hielt dem Blick des Ritters stand, dessen Brauen sich zusammenzogen.
»Willst du mich etwa belehren?« Die Stimme des Mannes nahm einen drohenden Tonfall an, seine rechte Hand ruhte auf dem Griff des Schwertes an seiner Seite.
»Wer gibt Euch das Recht dazu, uns zu beschimpfen?«, warf Joschka ungerührt ein.
»Vorsichtig, Freundchen«, knurrte der bärtige Ritter. »Wir dulden Leute wie euch hier nicht, schon gar nicht ein Pack, das so dreist ist wie ihr. Also seht zu, dass ihr verschwindet, sonst mach ich euch Beine!«
»Recht so, Eugen«, stimmte der Ritter mit der Adlernase ein.
Sein Kamerad stieß ein kehliges Lachen aus. Joschkas Augen funkelten, doch er hielt den Blicken der Ritter eisern stand.
»Habt Ihr ein Schriftstück vorzuweisen, in dem angeordnet wird, dass wir hier nicht passieren dürfen?«, wollte er wissen, und als keiner beiden Männer etwas erwiderte, fügte er grimmig hinzu: »Also nicht. Dann lasst uns unserer Wege ziehen.«
Die Ritter beugten sich vor, der Bärtige
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