Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
das Gesicht. »Du klingst schon beinahe wie Bastian, mein Lieber.«
»Ja, das färbt wohl ab.« Sie hörte Baldos leises Lachen. »Obendrein haben wir noch ein paar Freunde, auf die wir uns verlassen können, die dein Spinnrad sogar gerettet haben, oder?«
»Deine handgemachte Türglocke auch«, fügte sie hinzu und fühlte, wie ihr etwas leichter ums Herz wurde. Sie küsste ihn zärtlich.
Doch in dieser Nacht lag auch Baldo lange wach.
Am Tag darauf gingen Cristin und Baldo, der Elisabeth auf der Schulter trug, zum Markt, um sich nach zum Kauf angebotenen Häusern zu erkundigen. Schließlich wollten sie Ludewig nur solange wie unbedingt nötig zur Last fallen. Außerdem mussten der Brautstaat sowie die Aufträge von Signora Montebello fertiggestellt werden, immerhin hatte die Italienerinihnen dafür bereits fünfzehn Dukaten als Anzahlung mitgegeben. Diese Summe sowie die fünf Dukaten, die sie von Enrico de Gaspanioso bekommen hatte, waren ihr einziger Besitz.
Gegen Mittag trafen die beiden auf Veit und Gerlin Schuster, die inzwischen von ihrer Rückkehr gehört hatten.
»Deine Stiefel haben mir gute Dienste geleistet«, lobte Baldo das Werk des Schuhmachers.«
»Ach ja, die Gnippe , richtig?«
Baldo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, schwieg aber.
»Und wo werdet ihr nun wohnen?«, wollte Gerlin Schuster wissen, während sie ein paar Schritte nebeneinander hergingen.
Baldo berichtete ihnen, was sich zugetragen hatte, sowie von ihren Plänen, ein Haus zu kaufen.
»In der Deichstrate, nicht weit von meiner Werkstatt, ist vor einigen Wochen etwas frei geworden«, erzählte Veit Schuster. »Der Besitzer, ein alter Schneider, ist gestorben, und ich habe gehört, dass der einzige Sohn das Haus verkaufen will, wenn es einen guten Preis erzielt. Ihr solltet es euch ansehen.«
Kurfürstentum Sachsen
Drei Tage nachdem sie Görlitz verlassen hatten, erreichten sie Dresden. In der kleinen Stadt an der Elbe war den Kalderash das Glück hold. Etliche der Bürger brachten ihre schadhaften Töpfe und Pfannen zum Marktplatz. Während Joschka, Velky und die anderen Männer sie ausbesserten, traten Marianka und Piet mit ihren Kunststücken auf und vertrieben den Leuten die Wartezeit.
Nicht nur die Cygani konnten zufrieden sein, auch Piets Beutel war prall gefüllt. Anders als in vielen Orten des Polenlandes waren sie hier keinen Anfeindungen durch die Priester oder Stadtoberen ausgesetzt. Dennoch verdüsterte sich seine Stimmung weiterhin, während sie durch eines der Stadttore der Handelsstadt Lipzic rollten. Es machte ihn traurig, Marianka immer weiter von ihrem einstigen Zuhause fortzubringen. Seine Frau litt sichtlich darunter, dass sie sich von Tag zu Tag weiter von ihrer Heimat und damit ihrer Familie entfernten.
Hamburg
Für das bescheidene Haus, das sie sich noch am selben Tag angesehen hatten, verlangte der Sohn des Schneidermeisters dreißig Gulden – zu viel, wie Cristin feststellte, während sie mit Baldozur Werkstatt des Schuhmachers zurückging. Anschließend saßen sie noch mit Gerlin in der kleinen Küche zusammen. Veit war in seine Werkstatt hinuntergegangen, da ein Kunde erschienen war.
»So viel besitzen wir nicht«, erklärte Cristin bedauernd. »Wir haben zwanzig Dukaten, aber die benötigen wir, um neue Stoffe zu kaufen. Außerdem brauchen wir ja auch noch ein bisschen Geld fürs tägliche Leben.«
»Vielleicht könnt ihr etwas aus der Amtslade eurer Zunft bekommen«, schlug Gerlin Schuster vor. »Als Veit im letzten Jahr mehrere Wochen zu krank war, um zu arbeiten, hat unsere Zunft uns auch unterstützt.« Sie drehte sich um und nahm einen Topf vom Herd, in dem sie Würzbier erwärmt hatte.
Die Amtslade, natürlich, grübelte Cristin. In der großen, mit Eisenblech beschlagenen Truhe befanden sich das Namensverzeichnis der Zunftmitglieder, verschiedene Urkunden und die Kasse mit den Gebühren, die bei der Meisterprüfung anfielen. Geld, mit dem in Sterbefällen die Angehörigen eines Meisters unterstützt wurden, wie sie wusste.
Die Schwangere nickte. »Vielleicht tue ich das«, begann sie, »obwohl ich nicht gerne Schulden …« Cristin brach ab, denn sie hatte einen eindringlichen Blick Baldos aufgefangen.
Lautlos formten seine Lippen zwei Worte, und sie verstand. Natürlich, die Edelsteine. Bastian hatte den Wert des königlichen Geschenks auf dreißig Gulden oder mehr geschätzt. Doch dann schüttelte sie den Kopf. Lieber ging sie gleich morgen zum Zunfthaus der Goldspinner und
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