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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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jemand Eure Elisabeth und mich gerettet hat, dann war es Euer Hund. Und nun gebt mir mal die Kleine, ich bringe sie nach oben in ihre Kammer.«
    Baldo, der noch immer ganz bleich um die Nase war, übergab ihr das schlafende Kind. Dann kniete er sich neben den Tisch und fuhr dem großen Hovawart zärtlich durch das dichte Fell. Erinnerungen an den Tag wurden in ihm wach, als sein Vater ihn losgeschickt hatte, um das Tier abzuholen und zu erschlagen. Er hatte es nicht übers Herz gebracht. Seitdem war Lump sein ständiger Begleiter. Was hatten sie nicht schon alles miteinander erlebt!
    »Mein Bester«, murmelte er.
    Als hätte der Hund ihn verstanden, öffnete er ein Auge, blinzelte kurz und bewegte die Schwanzspitze. Einen Moment lang kraulte er das Tier hinter den Ohren, und es gab einen Laut der Zufriedenheit von sich. Dann stand er auf und setzte sich wieder auf den Stuhl. Das Sprechen bereitete ihm sichtlich Mühe.
    »Wir müssen darüber reden, wie es nun weitergehen soll.«
    Ludewig schenkte von dem Würzwein nach. »Nun sorgt Euch mal nicht. Fürs Erste könnt ihr bei mir wohnen.«
    »Wir wollen Euch auf keinen Fall irgendwelche Umstände machen«, wehrte Cristin ab.
    »Wollt Ihr Euer ganzes Geld für eine Kammer in irgendeinem Gasthaus ausgeben?« Er musterte sie nachdenklich . »Wann kommt Ihr nieder, Deern? Ich schätze mal, es sind höchstens noch sechs Wochen, was?«
    Cristin nickte.
    »Das muss wirklich nicht sein«, erklärte Ludewig bestimmt. »Hier habt Ihr es in Eurem Zustand wesentlich bequemer. Wenn wir alle ein wenig zusammenrücken, wird es schon gehen. Jedenfalls solange, bis Ihr ein neues Heim gefunden habt.«
    Minna kehrte zurück und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Cristin fröstelte, doch die Kälte kam aus ihrem Inneren und wollte nicht weichen.
    »Wahre Freunde erkennt man in der Not«, stellte Baldo mit brüchiger Stimme fest und legte Stienberg die Hand auf die breite Schulter.
    Dieser entblößte das lückenhafte Gebiss zu einem Grinsen. »Wir werden uns schon vertragen. Ist schließlich nicht das erste Mal, dass ich Euch beiden Obdach gewähre.«
    »Wofür wir Euch stets dankbar sein werden«, versicherte Cristin und wischte sich über die Augen.
    »Ist noch etwas von der guten Suppe übrig, die Ihr gestern aufgetischt habt, Minna?«, fragte Stienberg.
    Während diesein die Küche verschwand, dachte Cristin daran zurück, als sie und Baldo mehrere Monate lang im Haus des Baders gelebt hatten. Es war die schwerste Zeit ihres Lebens gewesen, in der Ludewig Stienberg ihnen geholfen hatte und Baldo und ihr zu einem Freund geworden war, wie man ihn sich besser nicht wünschen konnte.
    »Bitte entschuldigt. Ich muss einen Moment allein sein«, flüsterte Cristin. Als sie sich unsicher erhob und Baldos besorgten Blick auf sich ruhen fühlte, machte sie eine abwehrende Handbewegung. »Keine Sorge, ich komme zurecht.«
    Sie nahm ihren Umhang vom Haken und trat vor die Tür. Ohne nachzudenken schlug sie den Weg zu Ludewigs Garten ein, der sich hinter dem Haus befand. Der Himmel war klar und wolkenlos, und ihr Atem hinterließ kleine Dampfwölkchen. Die kahlen Äste der Obstbäume ragten wie knorrige, weiß betupfte Finger in die Luft. Cristins Blick wanderte zu der Stelle, an der im Sommer die Rosenbüsche geradezu verschwenderisch blühten. Sie waren nun nicht mehr als ein Gewirr aus dürren Zweigen. Ein Sperling saß mit schief gelegtem Kopf auf einem der Äste und musterte sie neugierig. Er hatte sich zum Schutz vor der Kälte aufgeplustert.
    Unvermittelt wurden Cristins Knie weich, und sie trat auf eine Bank zu, um sich darauf niederzulassen. Ihr war übel, unerträglich übel. Schützend legte sie eine Hand auf den Bauch und atmete tief ein. Doch in ihr war ein Brennen, das sich mit jedem Atemzug noch verstärkte. Baldo und sie, Elisabeth und das Kind, das bald auf die Welt kommen sollte – wo sollten sie leben? Haltlos begann sie zu schluchzen und ihre Schultern bebten, ohne dass sie etwas dagegen hätte unternehmen können. Ihr Körper schüttelte sich in stummem Schmerz, während ihr die Tränen ungehindert über die Wangen liefen. Sie spürte weder die Kälte noch den frischen Wind. Alle Anspannung, alle Ängste der vergangenen Monate brachen nun mit Macht hervor. Waren es nur Momente, die sie auf dieser Bank saß oder Stunden? Sie wusste es nicht zu sagen.
    Bis sie eine Berührung an ihrem Bein wahrnahm. Etwas stupste Cristin an, und sie blickte direkt in Lumps dunkle Augen. Er

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