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Das Gold des Bischofs

Das Gold des Bischofs

Titel: Das Gold des Bischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaufort
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verfehlt.
    Geoffrey ließ den Sterbenden fallen und nahm Deckung hinter einem Stapel Fässer. Er fragte sich, was wohl für eine Verbindung zwischen Peterkins Mörder und dem Kämpfer auf dem Dach bestand und ob ihr Verfolger vom Nachmittag irgendetwas damit zu tun hatte – und im Rückblick erkannte Geoffrey auch, dass sie erst beschattet worden waren, nachdem sie den Kampf beobachtet hatten.
    Aber jetzt war nicht der rechte Moment zum Grübeln. Als er hinter den Fässern hervorspähte, vernahm Geoffrey ein helles Schwirren, und ein weiteres Geschoss schlug dicht bei seinen Füßen in den Boden. Er fuhr zurück und sah, wie eine Gestalt aus dem Stall flitzte und auf die heruntergekommenen Piers zurannte, die den Fluss säumten. Geoffrey eilte hinterher, aber seine Rüstung war nicht zum Laufen geschaffen. Bald rang er keuchend nach Luft, und seine Beute ließ ihn mit Leichtigkeit hinter sich. Aber Geoffrey dachte an den arglosen Peterkin, nahm sich zusammen und lief wieder schneller. Keiner der beiden Mörder sollte ungeschoren davonkommen!
    Der Armbrustschütze schlüpfte zwischen dem Schiffsgerümpel hindurch, das auf der Uferstraße verstreut lag. Die Straße war kaum mehr als ein schlammiger Weg, der am Kai und dem steinernen Hafendamm entlanglief. Verkommene Piers ragten in den Fluss hinaus, wacklige, vermoderte Holzkonstruktionen, die von einer schlüpfrigen Schicht aus Algen und Seetang überwuchert waren. Boote lagen dort vertäut, hoben und senkten sich im Wellengang und stießen aneinander. Das waren keine stolzen Schiffe für legale Fracht, wie sie im Haupthafen ankerten, sondern kleine, schlecht instand gehaltene Kähne, die aussahen, als würden ihre Eigentümer alles – oder auch jeden – transportieren, solange nur der Preis stimmte.
    Die Uferstraße war mit Seilen, geborstenen Fässern, aufgegebenen Bootsrümpfen und ausgemusterten Fischernetzen übersät und zugedeckt von einer tückischen Schneedecke. Geoffrey stolperte und stürzte fast über eine rostige Ankerkette, gewann aber das Gleichgewicht zurück und rannte weiter. Der Armbrustschütze vor ihm wurde langsamer und wich im Zickzack einem Haufen Kisten aus.
    Langsam machte Geoffrey Boden gut, und in seiner Verzweiflung setzte der Schütze über die Kaimauer und huschte einen der baufälligen Landungsstege entlang. Geoffrey schüttelte den Kopf: Der Pier führte nirgendwohin, und am anderen Ende würde der Mann festsitzen – es sei denn, er wollte die Flucht schwimmend fortsetzen.
    Der Armbrustschütze merkte bald genug, dass er in der Falle saß. Starr vor Entsetzen schaute er zurück. Geoffrey erreichte das winzige Häuschen eines Wachmannes, dessen Lampe ein trübes Licht abgab. Und da erkannte er die nagetierhaften Gesichtszüge des Flüchtigen: Es war der ältere der beiden Kämpfer vom Dach. Nachdenklich beobachtete er, wie der Mann über aufgebogene Planken und zusammengerollte Taue stolperte. Warum hatte dieser Kerl Peterkin getötet?
    Geoffrey lief wieder schneller und bekam fast schon den flatternden Mantel des Mörders zu greifen, als etwas gegen seine Schulter schlug. Der Schlag war nicht heftig und durch das Kettenhemd kaum zu spüren, doch er genügte, dass Geoffrey aufs Wasser zuwankte. Am Rand des Piers waren die Balken verrottet und gaben unter seinem Gewicht nach. Geoffrey wollte sich noch zur Seite werfen, aber eine schattenhafte Gestalt löste sich aus der Dunkelheit und versetzte ihm einen Stoß. Das Holz barst, und Geoffrey stürzte hinab.
    Mit lautem Platschen schlug er im Fluss auf. Einen Augenblick lang empfand er gar nichts, dann sickerte schneidende Kälte durch seine Kleidung und lähmte ihn. Der ausgepolsterte Überwurf aus Leinen sog sich wie ein Schwamm voll Wasser, und Schwert und Kettenhemd waren ohnehin schon schwer genug. Geoffrey ging unter wie ein Stein.

    Das Wasser brauste und brodelte in Geoffreys Ohren, und es war undurchdringlich finster. Er sah überhaupt nichts. Unwillkürlich schlug er mit den Armen, um zurück zur Oberfläche zu schwimmen. Aber ein entrückter Teil seines Verstands sagte ihm, dass bei dem Gewicht der Rüstung ein solcher Versuch aussichtslos war.
    Er sah sich schon mit der Strömung ins Meer hinaustreiben, aber dann stieß er gegen etwas Hartes. Es war einer der Stützpfähle des Piers. Erleichtert schlang er Arme und

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