Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold des Bischofs

Das Gold des Bischofs

Titel: Das Gold des Bischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaufort
Vom Netzwerk:
Beine um das muschelverkrustete Holz und kletterte daran empor, als wäre es ein Seil. Das war einfacher als erwartet, und der Seetang, der am Pfosten wuchs und im Wasser trieb, gab ihm zusätzlichen Halt.
    Gerade als er glaubte, die Lunge müsste ihm platzen, als er schon jede Vernunft fahren lassen und in panische Schwimmbewegungen verfallen wollte, stieß er mit dem Kopf aus dem Wasser. Mit einem tiefen Atemzug sog er die Luft ein, dann schwappte ihm eine Welle in den Mund, dass er husten und spucken musste. Geoffrey drehte sich der Magen um, als er den faulig-bitteren Geschmack auf der Zunge spürte. Würgend hörte er die Stimmen auf dem Pier, die das leise Plätschern und Glucksen des Wassers übertönten. Die Angreifer warteten also noch, ob er wieder auftauchte. Dann dröhnten Schritte auf den Brettern, die Männer liefen den Pier hinunter, um weiter unten nach ihm Ausschau zu halten.
    Â»Wer war das?«, fragte der eine.
    Â»Wen kümmert das?«, erwiderte der andere mit zittriger Greisenstimme. »Ich weiß nur, dass ein tyrannischer Normanne einem armen Bauern nachgejagt ist und wir dem Bauern eine Chance verschafft haben.«
    Â»Ich hoffe nur, er war kein Mörder oder Verräter«, sagte die erste Stimme voll Unbehagen, und Geoffrey hörte die Planken über seinem Kopf ächzen. Er schloss die Augen und wähnte sich in einem grauenvollen Albtraum gefangen. Selten hatte er sich so hilflos gefühlt. Wenn das Paar dort oben ihn entdeckte, würde es ihn mühelos von dem schlüpfrigen Pfeiler stoßen und auf den Grund des Flusses zurückschicken können.
    Â»Alle Normannen sind Mörder, Ulfrith«, stellte der alte Mann gewichtig fest. »Und Verräter sind sie auch – Verräter an uns Sachsen. Vor fünfunddreißig Jahren war ich in Hastings dabei und focht für König Harold, und ich werde diese verdammten thronräuberischen Normannen weiter bekämpfen bis zum Tag meines Todes!«
    Geoffrey stützte den Kopf gegen den Pfeiler. Viele Sachsen waren nicht darüber hinweggekommen, dass Wilhelm der Eroberer ihr Land besetzt hatte. Aber normalerweise beschränkten sich die Feindseligkeiten gegen die Invasoren auf mürrische Blicke oder gelegentliche Schlammbrocken. Nur wenige riskierten einen ernsthaften Zusammenstoß, und es war einfach nur Pech, dass er bei der Jagd nach Peterkins Mörder zwei Patrioten über den Weg gelaufen war.
    Â»Eigentlich meinte ich den Mann, dem wir geholfen haben. Ich hoffe, der war kein Mörder oder Verräter«, berichtigte ihn Ulfrith. »Dieser ›arme Bauer‹, wie du ihn nennst. Ich will nicht der Mithilfe an einem Verbrechen angeklagt werden.«
    Angewidert spuckte der alte Mann aus. »Hier gab es nur ein Verbrechen, und das hat der Normanne begangen, als er einem Sachsen nachstellte.«
    Â»Wie kannst du dir so sicher sein, dass es ein Sachse war, Großvater«, fragte Ulfrith zweifelnd, »oder der Ritter ein Normanne? In der Dunkelheit konnte man das doch unmöglich sehen.«
    Â»Der Ritter kreischte lästerliche Flüche auf Französisch – die Sprache des Teufels! Sein Opfer hingegen trug das gelbe Haar unseres Volkes.« Die Stimme des alten Mannes klang überzeugt.
    Â»Ich hab kein gelbes Haar gesehen«, erwiderte Ulfrith zweifelnd.
    Geoffrey ebenso wenig. Der Armbrustschütze hatte eine Haube getragen, aber die fettigen Strähnen, die darunter hervorlugten, hatten dunkler ausgesehen. Außerdem deuteten auch die groben Gesichtszüge des Mörders auf einen Normannen hin oder vielleicht auch auf eine keltische Abstammung. Aber gewiss war er keiner der flachsblonden Riesen gewesen, die sich selbst als die rechtmäßigen Bewohner Englands bezeichneten. Und Geoffrey hatte auch keine französischen Flüche »gekreischt«. Dazu sah er gar keinen Grund. Er hatte den Mann richtig verhören wollen, sobald er ihn erwischt hätte; und zwar vermutlich auf Englisch, das Geoffrey ebenso sicher beherrschte wie Französisch und mehrere andere Sprachen.
    Â»Das Opfer des Normannen war ein sächsischer Edelmann«, behauptete der alte Mann im Brustton der Überzeugung. »Vielleicht sogar der Aetheling selbst – der wahre Erbe von Englands Thron. Und wir haben ihn gerettet!«
    Â»Nein, Großvater«, stellte Ulfrith entschieden fest. Offenbar hatte er das Gefühl, jemand müsse der überbordenden

Weitere Kostenlose Bücher