Das Gold des Columbus
unwillig die Stirn. »Du bist Don Fernan Colón, der Sohn des Vizekönigs. Du machst keine Botengänge.« Zwei Matrosen ruderten Kapitän de Terreros, Diego Méndez, Fernan und Pablo an Land. Es dauerte lange, bis sie zurückkamen. Der Gouverneur hatte sie Stunden in einem Vorzimmer warten lassen, wegen »dringender Geschäfte«. Er hatte überaus höflich bedauert, dass dem Herrn Admiral kein Schiff verkauft werden könnte, weil morgen die gesamte vorhandene Flotte von dreißig Schiffen nach Spanien auslaufen würde.
Der Admiral ließ den Kapitän kaum ausreden.
»Ihr müsst noch einmal zu Ovando. Sagt ihm, dass die Flotte nicht auslaufen darf. Sagt ihm, dass ich um Schutz im Hafen ersuche. Ein Hurrikan ist im Anzug. Auf dem offenen Meer ist jedes Schiff verloren.«
»Was ist ein Hurrikan?«, fragte Fernan den Kapitän, als die beiden wieder an Land gerudert wurden.
»Das ist das indianische Wort für einen Wirbelsturm. Und zwar von einer Sorte, wie wir ihn in Europa nicht kennen. Hier ist er in den Sommermonaten wohl ziemlich häufig. Ich habe ihn schon erlebt, und ich kann dir sagen, ich wünschte, ein weiteres Mal würde mir erspart. Es ist wie ein Weltuntergang.«
Fernan betrachtete den blauen Himmel, auf dem ein paar weiße Zirruswolken wie Bänder flatterten, die Sonne, die sich schon vom Untergang rötete, das warme Goldrosa des Sandstrandes und das durchsichtige Türkis des Wassers, das sich in langen, flachen Wellen nur wenig bewegte. Es sah alles so schön und friedlich aus, dass ein Wirbelsturm wie ein Weltuntergang kaum vorstellbar schien.
Diesmal wurden sie sofort vor den Gouverneur geführt. Er hatte inzwischen den schwarzen Samtanzug mit einem Hausmantel aus leuchtend blauer Seide vertauscht, der ein Muster aus grüngoldenen Pfauenaugen trug und um seine hagere Gestalt schlotterte. Seine mageren Finger bewegten lässig einen prächtigen Fächer aus Papageienfedern. Sein knochiges, langes Gesicht verzog sich höhnisch, als der Kapitän die Botschaft ausrichtete.
»Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass der Herr Admiral zu einem derartig plumpen Trick greift.«
Der Kapitän atmete einmal tief ein und aus. »Das ist kein Trick«, sagte er dann ruhig. »Das ist eine Warnung, für die Ihr dankbar sein solltet.«
Don Nicolas de Ovando wies mit großer Geste zum Fenster. »Das wäre ich auch, wenn ich draußen drohende Wolken, sich biegende Bäume, ein aufgewühltes Meer sehen könnte. Aber das kann ich nicht. Warum also sollte ich dankbar sein?«
»Der Herr Admiral sagt, es kommt ein Hurrikan«, wiederholte Pedro de Terreros.
Der Gouverneur senkte die Lider halb über seine großen, runden Augäpfel und blähte die Nüstern seiner langen, gebogenen Nase, was ihn noch hochmütiger wirken ließ. »Meine Kapitäne sagen, dass morgen ausgezeichnetes Wetter sein wird. Es sind dreißig Kapitäne, allesamt sehr erfahren in diesen Gewässern.«
»Niemand hat so viel Erfahrung wie der Herr Admiral.«
»Gewiss.« Der dünne Mund wurde schief vor Spott. »Und er hat eine direkte Verbindung zum Himmel. Das wissen wir ja alle.«
Der Kapitän atmete schwer und antwortete nicht. Er kämpfte offensichtlich darum, nicht die Beherrschung zu verlieren.
Fernan wusste, warum, denn Gouverneur Ovando galt als rachsüchtig und nachtragend. Es war gefährlich, ihn zum Feind zu haben. Fernan betrachtete ihn und musste an die geschnitzten Masken denken, hinter denen sich die Höflinge versteckten, wenn sie bei den Hoffesten den Untergang des maurischen Reiches oder den Kampf des Guten gegen das Böse darstellten. Das starre gelbliche Gesicht des Gouverneurs, umgeben von langen rabenschwarzen Haaren, erinnerte ihn an den gefallenen Engel Luzifer, den Fürsten der Unterwelt.
»Ich habe den Herrn Admiral auf allen Fahrten begleitet.« Die Stimme des Kapitäns klang ausdruckslos. »Ich habe noch nie erlebt, dass er sich beim Wetter geirrt hat.«
»Macht Euch doch nichts vor, Herr Kapitän. Don Colón ist ein alter Mann, den das Zipperlein 50 plagt. Und weil er in allem übertreiben muss, was seine edle Person angeht, so deutet er das Reißen in den Gliedern als Vorboten eines Hurrikans. Ich vertraue meinen dreißig Kapitänen mehr als ihm. Also spart Euch Eure Worte. Die Flotte segelt morgen bei Sonnenaufgang. Ihr dürft Euch entfernen.«
Der Kapitän rührte sich nicht. »Ich möchte den zweiten Teil der Botschaft noch einmal wiederholen. Der Herr Admiral bittet darum, seiner Flotte im Hafen von Santo Domingo
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