Das Gold des Columbus
spanische Krone unternommen und den bittersten Undank dafür geerntet, den ein Mensch sich nur vorstellen kann. Jetzt werde ich zum ersten Mal an mich selbst denken. Und an meine Familie.«
Er legte Fernan einen Arm um die Schultern. »Ich habe einen Vertrag geschlossen mit den Majestäten, dass meine Söhne das Amt des Vizekönigs und alle meine Privilegien erben. Von dieser Urkunde habe ich mehrere Abschriften machen lassen. Eine davon wird in meiner Vaterstadt aufbewahrt, also außerhalb des Einflussbereiches der spanischen Krone. Aber letztlich sind alle Urkunden nur aus Papier und bedeuten nicht viel, wenn die Könige sich nicht daran halten. Sie haben mich nicht davor bewahrt, in Ketten gelegt zu werden. Und deshalb will ich meine und eure Ansprüche mit Gold untermauern. Mit so viel Gold, dass niemand mir widerstehen kann. Es gibt nichts auf der Welt, was sich mit Gold vergleichen lässt. Gold ist der größte Schatz, und wer es hat, der macht damit alles in der Welt, was er nur will. Es kann sogar die armen Seelen ins Paradies bringen.«
Fernan hatte auf einmal die Stimmen der zerlumpten Seeleute am Arenal von Sevilla in den Ohren: »Alles Gold hat der Admiral eingesackt. Der geldgierige Genuese.« Ob sie etwa Recht gehabt hatten?
»Ich habe längst einen Plan.« Der Vater flüsterte jetzt. Die scharrenden Krallen und das Knurren von Diablo übertönten fast seine Stimme. Der Vater warf einen Blick zur Decke. »Es ist gut, dass der Hund so viel Lärm macht, so kann uns niemand belauschen. Also pass auf. Ich werde ein offizielles Tagebuch führen. Und außerdem ein geheimes. Und mit den Karten werde ich es genauso machen. Die einen sind für den Hof bestimmt. Die anderen für uns. Auf den geheimen Unterlagen wird der richtige Weg verzeichnet sein. Und auf den offiziellen der falsche.«
Fernan sah ihn fassungslos an. »Aber... aber das ist doch Betrug«, stammelte er. »Du betrügst die Majestäten.«
Sein Kopf flog zur Seite und prallte gegen den Bettpfosten. Seine linke Backe brannte wie Feuer, in seiner rechten Schläfe brummte ein dumpfer Schmerz, der ihm die Tränen in die Augen trieb. Die Lehrer in der Pagen-Schule waren auch mit Schlägen schnell bei der Hand gewesen, aber eine derartige Ohrfeige hatte Fernan in seinem ganzen Leben noch nicht bekommen.
»Sind etwa die Majestäten auf diesen Schiffen und riskieren ihr Leben, um neue Länder zu entdecken?«, zischte der Vater. »Nur ich bin hier! Ich allein bin für alles verantwortlich und ich kann nur auf Gottes Hilfe bauen und auf keine sonst.«
Auf einmal sah Fernan das zarte Gesicht Isabellas vor sich mit den großen leuchtenden Augen und dem müden Lächeln. Er blinzelte die Tränen zurück.
»Ich bin ein Page der Königin«, sagte er leise. »Das bist du nur, weil ich es wollte, du Naseweis!« Die zornige Stimme des Vaters verwandelte sich plötzlich in Gelächter. »Bei allen Seeungeheuern und Meerfrauen! Du hast die zarte Haut deiner Mutter geerbt. Man sieht meine Finger auf deiner Backe.«
Die wären selbst auf der Haut eines Ochsen zu sehen, hätte Fernan am liebsten gesagt, aber er wollte keine zweite Ohrfeige riskieren.
»Deine Treue zur Königin ehrt dich. Sie ist eine wunderbare, ungewöhnliche Frau und ich habe ihr zehn Jahre lang treu gedient. Ich habe für sie ein Gebiet in Besitz genommen, das fast so groß ist wie ganz Spanien. Kein anderer ihrer Untertanen kann das von sich sagen. Trotzdem ist Ovando als Gouverneur nach Española geschickt worden - mit dreißig Schiffen, die voller Schätze zurückkehren werden. Für mich müssen vier kleine Karavellen genügen, die ich noch zum Teil selbst bezahlen durfte. Muss ich jetzt nicht endlich an meinen eigenen Vorteil denken?«
Fernan nickte zögernd. »Ich bitte um Verzeihung. Das war dumm und vorlaut von mir.«
»Beim nächsten Mal denkst du erst nach, bevor du den Mund aufmachst, verstanden? Widerspruch kann ich nicht ausstehen.«
Fernan nickte wieder und senkte beschämt den Kopf. Das war ja nicht gerade ein vielversprechender Auftakt für eine nähere Beziehung. Ob der Vater die überhaupt im Sinn gehabt hatte? Und ob er ihn jetzt wegschickte?
»So, und nun möchte ich sehen, ob du mitdenken kannst.« Seine Stimme klang so normal, als ob nichts geschehen wäre. »Wo liegt das Risiko für meinen Plan?«
Fernan atmete auf. Er durfte also bleiben. Angestrengt dachte er nach. »Ich glaube, das Risiko sind die anderen Kapitäne. Die führen doch auch Tagebücher und zeichnen
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