Das Gold des Gladiators
dargestellt. Das Füllhorn, aus dem Obst und Blumen quellen, steht für die reichen Gaben, die sie spendet, das sich drehende Rad für den Lauf des Schicksals.«
»Und Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, zeigt man mit der Augenbinde«, sinnierte Titus. »Sie ist blind, nicht Fortuna. Globulus war eben kein Römer. Er wusste so etwas nicht.«
Sophus schüttelte missbilligend den Kopf. »Und du bist überheblich, Titus, denn vielleicht kannte euer Freund Globulus weit besser als du die Schriften des großen Seneca, der da sagte: ›Fortuna caeca esse 21.‹«
Titus liebte es überhaupt nicht, eines Besseren belehrt zu werden, und zog sich in seinen Schmollwinkel zurück, Didia aber rieb sich an dem Zitat.
»Wenn Fortuna ihre Gaben verteilt, dann ohne hinzuschauen, meint er?«
»Sehr gut, Didia. Es kann jeden das Glück treffen. Und es kann auch jeden das Unglück treffen. Fortuna fragt nicht, wer es verdient oder wer nicht.«
»Dann hat es gar keinen Sinn, sie um Glück zu bitten.«
Sophus lachte leise auf. »Die Götter handeln, wie sie wollen. Aber dein Wunsch für jenen Flavius hat, wenn er aufrichtig gemeint war, diesen Mann sicher glücklich gemacht.«
Didia dachte an dessen verlegenes, gerötetes Gesicht und nickte. Ja, eine kleine Freude hatte sie ihm wohl damit gemacht. Unter den Gladiatoren wurden freundliche Wünsche wohl nicht sehr oft geäußert.
Sophus holte nun aber seine Schriftrolle hervor und forderte seine fünf Schüler auf, ein griechisches Diktat aufzunehmen.
Erst als er die Stunde beendet und sich verabschiedet hatte, hob Titus, der schweigend etwas auf seiner Wachstafel gekritzelt hatte, plötzlich wieder den Kopf.
»Fortuna ist also blind, und einem Blinden wollte er vertrauen. Wir nennen uns Fortuna-Therme. Ob Globulus es der Therme anvertraut hat?«
»Was, Titus?«
»Sein Vermögen. Er könnte es irgendwo im Bad versteckt haben.«
»Manchmal, Titus . . .« Aber auch Ingwar schwieg plötzlich nachdenklich. Er hatte tags zuvor die Schilderung des Besuchs in der Gladiatorenschule kommentarlos angehört und weiterhin seinen Groll genährt. Jetzt aber war seine Aufmerksamkeit endlich wieder geweckt. »Wir könnten eine gründliche Suche durchführen. Es gibt viele Möglichkeiten, hier etwas zu verstecken.«
»Das stimmt. Aber ich muss meinen Vater fragen, ob wir das dürfen«, wandte Didia ein.
»Willst du ihm von dem Rätsel erzählen? Er wird es uns verbieten, auf eigene Faust nach der Lösung zu suchen.«
»Nein, Titus, das glaube ich nicht. Lasst mich nur machen.«
Caecilia nickte zustimmend, und auch die anderen hatten keinen Einwand mehr. Didia war bekannt dafür, dass sie bei ihrem Vater fast alles erreichte, was sie wollte. Nicht durch Schmeichelei, aber durch geschicktes Argumentieren.
Und so war es denn auch. Sie wartete den Zeitpunkt ab, an dem der Aedil 22 Iustus’ Zimmer verlassen hatte, und schlüpfte hinein.
»Erbsenhirniger Idiot!«, rumpelte ihr Vater der wehenden Toga des jungen Patriziers hinterher, der seine Karriere in der Beamtenlaufbahn als Inspektor der Thermen begonnen hatte. »Lediglich einen wackeligen Sitz in der Latrine, ein quietschendes Ventil an der Wasserleitung und ein lose Bodenleiste hat er gefunden. Tut aber so, als ob uns morgen das Dach über dem Kopf zusammenfällt.«
»Er hat dich verärgert, Pater?«, fragte Didia mit einem Augenzwinkern.
»Die Fortuna-Therme ist in einem exzellenten Zustand und sauberer als manches Bad, das uns die großen Kaiser gestiftet haben.«
»Natürlich, Pater. Und unsere Gäste sind sehr zufrieden.«
Endlich konzentrierte sich Iustus auf seine Tochter. Er lächelte sie an und wirkte besänftigt.
»Du musst es ja wissen, du machst die Abrechnung der Einnahmen.«
»Genau, Pater.«
»Und jetzt wünschst du, dass ich dir einen Anteil davon abtrete, damit du dir ein paar neue Haarbänder kaufen kannst?« Er grinste Didia gutmütig an.
»Nein, Pater. Ich habe genug Haarbänder.«
»Deine Mutter sieht das anders. Sie klagt oft, dass du dich so nachlässig kleidest. Nicht wie ein junges Mädchen von Stand.«
Didia betrachtete die schmucklose braune Stola, die etwas zerknittert und zipfelig bis zu ihren Knöcheln reichte und durch einen einfachen Stoffgürtel in der Taille zusammengehalten wurde. Sauber war sie, wie auch die weiße Tunika, die sie darunter trug, aber als hübsch konnte man die Kleidung nicht bezeichnen.
»Ich mag mich nicht aufputzen. Es ist zu unpraktisch.«
»Deine Mutter hat recht,
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