Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
bitter. »Die Haussklaven sagen, Nederbal sei gegen Mitternacht zurückgekommen, eine halbe Stunde durchs Haus gelaufen und dann hinausgegangen.«
    Laetilius schob ihn von hinten zur Treppe. »Ich glaube, ich weiß, wo wir ihn suchen können.«
     
    Fahles Frühlicht, Vorbote der Sonne, brachte die Tauperlen auf Pflanzen und Gräsern zum Glitzern. Bomilkar erinnerte sich an Frühstunden, Morgentau, die eine oder andere Gespielin; es erleichterte ihm das Humpeln nicht besonders.
    Nederbal hing an einer Querstrebe des kleinen Ruhetempels neben dem Grab. Daniel, von einem undeutlichen Verdacht geleitet, wie er sagte, ging zu der Steinplatte, unter der die unvergessene Frau des Strategen Hamilkar ruhte. Dort kniete er nieder und schnüffelte.
    »Das Schwein«, sagte er, als er zurückkam. »Er hat sich dort entleert, vor dem Erhängen.«
    Zililsan und Vavurro schnitten das Seil durch und schleppten die Leiche des Verwalters zum Weg, wo sie ihn fallen ließen.
    »Gut; er hat den Tempel und das Grab geschändet und soll nicht hier liegen.« Daniels Gesicht war verzerrt.
    »Aber warum hat er sich hier …?« sagte Duush.
    Daniel brachte eine lange Erklärung vor, in der jedes vierte Wort eine Verfluchung des Toten war. Halbsätze, abgebrochene Wendungen, uferlose Satzströme zeigten Bomilkar, wie tief Daniel die Entweihung dieses für ihn heiligen Orts getroffen hatte.
    Nederbal habe, sagte er, das Landgut des Barkas belastet, um innerhalb kurzer Zeit sechs Hundertstel Gewinn
zu machen, die in seiner Tasche bleiben sollten. Hamilkar hätte vermutlich nie davon erfahren – wäre der Plan gelungen, wäre von den Barkiden kaum etwas übriggeblieben. Wahrscheinlich habe Nederbal gar nichts von der großen Falschgeld-Verschwörung gewußt; er habe aber in Magos Schänke alles gehört, alles begriffen und gewußt, daß alles verloren sei.
    »Ich nehme an, diese Absonderung eines mißgeborenen Schakals hatte kein Gift im Haus. Also ist er hierhin gegangen, hat das Verbrechen durch Niedertracht und Schändung vollendet und sich dann wie die Memme, die er war, aufgehängt, statt wie ein Mann das Schwert zu wählen.«
    Die Sonne ging auf; warmer goldroter Glanz ergoß sich über Tempel, Teich, Grab und Sträucher und ließ die tausend verschiedenfarbigen Blüten lodern. Die frische Morgenluft schmeckte plötzlich nach allen Düften und Gewürzen der Oikumene.
    Fast andächtig sagte Zilisan: »Das also ist Hamilkars Garten? Ich hatte davon gehört… es ist wunderbar.«
    Laetilius ließ sich auf die Stufen vor dem Ruhetempel sinken. »Dies mag Hamilkars Garten sein«, sagte er halblaut, »aber wenn ein bloßer Römer etwas bemerken darf… Hamilkars Garten ist Iberien. Und Libyen. Und die Stadt. Alles, für das der große Stratege zuständig ist. Ihr seid die Pflanzen. Ich bin stolz, den großen Mann gesehen zu haben. « Dann kicherte er. »Irgendwann werden römische Gärtner Unkraut jäten und Pflanzen vereinzeln.«
    In diesem Augenblick wußte Bomilkar, was er übersehen hatte. Er klatschte in die Hände. »Hamilkars Garten! Aufbruch, Freunde, schnell, ehe andere auf den gleichen Gedanken kommen.«
    »Was denn?« Daniel starrte ihn mißmutig an. »Hast du noch nicht genug? Hat dir ein Dämon ins Gehirn geschissen? Was ist mit Hamilkars Garten?«
    »Der Schreiber Hamilkar«, sagte Bomilkar müde. »Er hat… hatte einen Garten, ein Stück Land auf der Zunge , im
Süden. Mit einem kleinen Holzhaus. Dort hat er mit Frauen und Freunden schmierige Abende verbracht. Wenn er etwas aufgezeichnet hat – wenn er etwas hinterlassen hat, was zur Klärung führen kann, dann dort.«
    Sie gingen zurück zu den Pferden, die Bomilkar einem ob nächtlichen Weckens mürrischen Stallmeister der Festung fast mit Waffengewalt abgerungen hatte. Auf dem Weg nahm Laetilius den hinkenden Bomilkar am Arm.
    »Wir werden am Hafen vorbeikommen, nicht wahr?«
    »Ah, dein Schiff. Ich hatte es fast vergessen.« Ein wenig erstaunt bemerkte Bomilkar, wie sich hinter den Schleiern der Erschöpfung eine unbestimmte Traurigkeit regte. Konnte es denn sein, daß es ihm schmerzlich war, den Römer scheiden zu sehen?
    »Haben wir noch etwas zu bereden?«
    Bomilkar schnaubte. »Ich werde bis zum Hafen über Fragen nachdenken.«
    Unterwegs würden sie nicht reden können. Bomilkar wußte, daß es mühsam genug wäre, sich auf der Satteldecke zu halten. Und mit zusammengebissenen Zähnen ist schlecht sprechen.
    Als sie den Hafen erreichten, wo längst die Tagesarbeit

Weitere Kostenlose Bücher