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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Nederbal stehen; mit der rechten Schulter lehnte er sich an eine der weißen Säulen, die das Vordach trugen. »Solltet ihr Hilfe brauchen«, sagte er, »oder Zuflucht – dieses Haus steht euch offen. «
    »Zuflucht?« Daniel blies die Wangen auf. »Pah. Wieso?«
    »So, wie die Dinge liegen… Wenn Hamilkar mit seinem Argwohn recht hat, sind die mächtigsten Herren der Stadt sicher bereit, alles zu tun, um eine Aufklärung zu verhindern. «
    Bomilkar ging die Stufen zum gepflasterten Vorhof hinab, drehte sich um und deutete eine Verbeugung an. »Ich danke für das Angebot und hoffe, daß wir es nicht annehmen müssen.«
    Nederbal bewegte die linke Hand, etwas zwischen Winken und Wedeln. »Man weiß nie. Gehabt euch wohl. Auch du, Römer.«
    Laetilius legte die flache Rechte auf die Brust.
    Es war früher Nachmittag, die heißeste Zeit. Kein Lufthauch, die Stille nur gebrochen und beschwert durch das Lärmen von hunderttausend Grillen. Daniel blickte zurück; er gluckste leise.
    »Der edle Nederbal ist wieder in schattige Kühle entschwunden. Ich kann ihn verstehen. – Und ihr zwei? Seid ihr dabei, dicke Freunde zu werden?«
    »Ein Rumy und ein Qarthadashty?« sagte Bomilkar.
    »Soll schon vorgekommen sein, Junge; aber laß uns Hellenisch reden, damit der Rumy nicht das ganze Ausmaß seiner Sprachkenntnisse verraten muß.«

    Sie gingen den vorspringenden linken Flügel entlang, in dem die Gesinderäume lagen. Laetilius summte vor sich hin.
    Er zeigte nicht, ob er alles verstanden hatte; plötzlich sagte er:
    »Wenig, oder? Etwas mehr hätte ich schon erwartet.«
    »Von Nederbal?« Daniel blieb stehen; er schüttelte den Kopf und tippte mit dem Zeigefinger gegen die Brust des Römers. »Von Nederbal sollte man nichts erwarten. Er hat Verantwortung zu tragen, die er fürchtet; er ist Hamilkar gegenüber verantwortlich, den er fürchtet und bewundert; er verbringt die Tage mit Zittern und die Nächte mit Zagen. Wenn er nicht gerade zu allen verfügbaren Göttern betet.«
    »Und du, Jude? Zu wem betest du?«
    »In drei oder vier Jahren … sagen wir: Wenn ich vierzig werde, frag mich das noch einmal. Vielleicht hat sich bis dahin einer gezeigt, den anzubeten sich lohnt.«
    An der östlichen Rückwand des Gesindegebäudes hockte etwa ein Dutzend Arbeiter im Schatten eines Bogengangs. Dahinter lag die Küche; aus der Öffnung roch es nach lauem Sud – Gemüse, vielleicht ein wenig Fisch. Die Männer warteten darauf, daß die Sonne weiterwanderte. Einige dösten, an die Hausmauer oder die dünnen Pfeiler gelehnt. Andere unterhielten sich gedämpft und ließen einen Tontopf von Hand zu Hand gehen, aus dem sie durch ein Saugröhrchen tranken. Die meisten trugen lederne Schurze, einige auch trübe zerfetzte Reste eines kitun .
    Bomilkar hob die Hand. »Mittagsfriede mit euch, Männer«, sagte er; dabei musterte er die Gesichter. Hellhäutige, tiefbraune, schwarze Gesichter, mit und ohne Narben; der Jüngste konnte kaum fünfzehn sein, der Älteste war mindestens sechzig. »Kann einer von euch uns etwas über Tuzut sagen?«
    Der Älteste bleckte Gaumen, in denen zwei schwärzliche Zähne eher reisefertig denn seßhaft steckten. »Was willst du wissen, Herr? Bomilkar, nicht wahr?«

    »Richtig. Was könnt ihr erzählen?«
    Knurren und Gekicher; einer der jüngeren spuckte aus.
    »Was du hören willst. Er hat sich ungern gewaschen und war geizig. So etwas?«
    Sie musterten den Römer, wie es schien; Bomilkar deutete auf Laetilius. »Er ist aus Rom hergekommen, um eure bezaubernden Gesichter zu sehen und euren klugen Reden zu lauschen. Tuzuts Waschgewohnheiten fesseln uns nicht so sehr.«
    Der Älteste nickte; er blickte Daniel an. »Ist das in Ordnung, einem Römer irgendwas zu erzählen, Häuptling?«
    »Angeblich herrscht Friede.« Daniel grinste leicht. »Redet ruhig; entweder versteht er alles, dann wird er nicht viel davon haben, oder er versteht es nicht, dann bleiben ihm Rätsel.«
    Die Männer lachten; danach erzählten sie, unterbrachen einander, widersprachen und ergänzten und höhnten.
    Tuzut schien nicht besonders beliebt gewesen zu sein. Ein Einzelgänger und Geizhals, dem man immer jene Arbeiten aufzudrücken versuchte, die den anderen eher unangenehm waren.
    »Zum Beispiel?«
    »Blumenbeete – Unkraut zupfen, so etwas. Jeder bückt sich, wenn es um Eßbares geht. Aber Blumen?«
    Bomilkar grinste. »Sonst noch was?«
    »Die Aborte im Haus leeren. Oder wenn Nederbal abends Gäste hat, deren Pferde versorgen. Was

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