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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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heißt, daß er wach bleiben muß, bis sie, oft nach Mitternacht, wieder aufbrechen.«
    »Hat Nederbal häufig Gäste?«
    »Die Herren von der Partei, die Barkiden, kommen unregelmäßig und bleiben bis zum frühen Morgen. Und an jedem dritten Tag eines Monds empfängt er alte Freunde.«
    Ein Arbeiter – den Kehllauten nach hielt Bomilkar ihn für einen Maken oder Garamanten aus den Wüsten weit im Osten – führte sie zum großen Schlafraum, einer stallgroßen
Halle, in der an die vierzig Bettgestelle standen, mit und ohne Abtrennungen dazwischen, die meisten nur belegt mit dünnen Wolldecken. Fast alle Männer hatten Truhen oder große Tongefäße zur Aufbewahrung von Habseligkeiten.
    Tuzuts Bett war ein niedriges Holzgestell, bespannt mit einer uralten Zeltbahn aus Leder; am Kopfende stand links ein großer Korb, rechts eine Holzkiste. Beide enthielten Kleidungsstücke, ein paar Töpfchen mit Öl und Reinigungssalben, in der Kiste lagen außerdem Handwerksgeräte (eine Feile, kleine Bohrer, ein Hammerkopf), und im Korb fand Bomilkar eine Papyrosrolle mit einer einzigen langen, witzigen Bildergeschichte.
    »Keine Münzen?«
    Der Arbeiter hob die Schultern. »Das ist alles.«
    »Keine Frauen hier?« sagte Laetilius.
    »Das ist der Schlafraum für Unvermählte. Und für Männer, die woanders wohnen, nur manchmal hier übernachten. Familienunterkünfte gibt’s im Westflügel.«
    Bomilkar schüttelte den Kopf und starrte auf Bett, Korb und Kiste. »Ist schon jemand an den Sachen gewesen?«
    »Nein. Jedenfalls keiner von uns.«
    Die anderen bestätigten das, als Bomilkar danach fragte.
    »Was heißt, wir können nicht ausschließen, daß sonst jemand hier gewühlt hat.« Daniel wies mit dem Daumen zum Haupthaus, als sie weitergingen. »Der vielleicht. Aber wozu?«
    »Sind die Männer Arbeiter oder Sklaven?« sagte Laetilius.
    »Beides. Tuzut war Arbeiter. Warum?«
    »Arbeiter werden bezahlt. Tuzut müßte irgendwo Geld haben.«
    Bomilkar nickte. »Vielleicht bewahrte er es woanders auf. Oder hat alles ausgegeben. Wir sollten Nederbal noch einmal fragen.«
    Sie gingen im Schatten der Bäume, soweit es möglich war; als sie die Stelle erreichten, wo man Tuzut an dem Ölbaum befestigt gefunden hatte, sahen sie Karrenspuren.

    Es war nicht zu erwarten, daß der von Frühsommersonne festgebackene Boden viel preisgab; dennoch untersuchten sie die Umgebung noch einmal. Fußspuren, morgens zertretenes Gras, das sich noch nicht aufgerichtet hatte, und die dunkle Kruste unterhalb der Stelle, wo die Leiche gehangen hatte.
    Bomilkar, der auf Knien umhergekrochen war, stand schließlich auf und wischte die Hände am kitun . »Ich glaube, das können wir beenden. Die sind alle hier herumgelaufen. Wir wissen nur, daß Tuzut nicht woanders ermordet worden ist – die Lache da … Oder habt ihr mehr gefunden? «
    Laetilius schüttelte stumm den Kopf.
    Daniel klatschte in die Hände. »Nichts«, knurrte er.
    »Zurück in die Stadt?« sagte der Römer.
    »Wir sollten wohl.« Bomilkar schaute sich noch einmal um, aber abgesehen von den Ölbäumen, einem nahen Gesträuch und der großen Felderlandschaft war nichts zu erblicken. »Ich bin aber nicht besonders begierig.«
    »Weshalb? Arish?«
    »Und alles, was an Verwicklungen in der Stadt wartet.« Er wandte sich an Daniel. »Wie lange bleibst du hier?«
    Daniel kratzte sich die dichte dunkle Brustbehaarung. »Mal sehen. Ich will eigentlich erst heimreisen, wenn ich sicher bin, daß alles seine Ordnung hat.« Er kicherte dumpf. »Sagen wir, seine gewöhnliche punische Unordnung. Nederbal ist ein Hasenfuß und Lehmkopf, aber… Nun ja.« Er schnüffelte, als ob er Witterung nähme. »Mir stinkt’s«, sagte er dann. »Ich glaube, ich werde mit euch reiten und die Nacht in der Stadt verbringen. Es könnte sein …« Er sprach nicht weiter.
    Durch die wechselnden Flecken aus Hitze und Schatten gingen sie zurück zum Haupthaus. Plötzlich blieb Daniel stehen. Er berührte die Schultern der Jüngeren. »Vielleicht solltet ihr noch etwas sehen. Kennst du schon die Stelle der Stille, Bomilkar?«

    »Was ist das?«
    »Kommt mit.« Er duckte sich unter den niedrigen Ästen eines stachligen Baums und folgte einem kaum sichtbaren Pfad, der zwischen üppigen Büschen zu einem Hügel führte. Am Fuß der Anhöhe, von Laubbäumen beschattet, entsprang eine Quelle; sie war mit dunklen Steinen eingefaßt, die Bomilkar für eine besondere Art Marmor hielt, und speiste ein Becken, in dem Wasserpflanzen

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