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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und hatte Umgang mit hier wohnenden Hellenen – Metöken, wie gesagt, Leute mit Wohnrecht, aber ohne Bürgerrechte. Hiesige Fremde, ja? Es gibt da einen Mann, der eine der wichtigsten Banken von Qart Hadasht besitzt und Hamilkars Vermögen hütet. Antigonos heißt er. Daniel ist offenbar ein alter Freund von ihm.«
    »Damit seid ihr euch jetzt einig, daß ihr voreinander keine Geheimnisse haben müßt?«
    Daniel gluckste. »Wir wissen nur nicht, was mit dir ist.«
    Laetilius schwieg.
    Bomilkar rang mit sich, hätte gern länger gerungen oder gar keine Entscheidung gefällt. Ihm war aber klar, daß er nicht ausweichen konnte.
    »Gib dir einen Ruck«, sagte Daniel. »So schlimm kann er doch nicht sein. Und vergiß nicht, Römer fallen einem erst später in den Rücken. Oder früher. Solange man mit ihnen zu tun hat, sind sie ehrliche Feinde.«
    »Sehr scharfsinnig.« Bomilkar verzog das Gesicht.
    Laetilius lachte. »Kaum. Ich fürchte, in dieser Lage bist du einfach sehr leicht zu durchschauen.« Er wandte sich an die anderen. »Ich habe ihm bisher zwei kleine Lügen erzählt, ansonsten die Wahrheit. Ich habe den Auftrag, die Hintergründe des Mordes an Lavinius zu untersuchen. Die eine kleine Lüge ist, daß ich kein Punisch verstünde. Ich spreche es nicht gut, aber ich verstehe genug.«
    »Und die zweite?«
    »Später; unter uns.«

    Bomilkar nickte mürrisch. »Na gut. Reden wir offen. Halb offen.«
    Nederbal schlug die Beine übereinander; der wadenlange Leibrock rutschte hoch und entblößte die knochigen Beine. ›Kranich‹, dachte Bomilkar. Dann reckte der Verwalter den schmalen, faltigen Hals vor, wie ein Vogel, der etwas aufpicken möchte, und Bomilkar mußte sich ein Grinsen verkneifen.
    »Der Stratege ist unzufrieden«, sagte er. »Der Besitzer des Guts ebenfalls. Da beide dieselbe Person sind, wiegt die Unzufriedenheit doppelt.«
    »Ich verstehe deine Rechnung nicht.« Daniel rümpfte die Nase. »Wenn es zwei Personen wären, nähme doch das Gewicht der Unzufriedenheit nicht ab.«
    »Ah, du irrst. In diesem Fall wären es zwei Unzufriedenheiten ohne gemeinsames Gewicht.«
    »Ihr langweilt mich.« Bomilkar betrachtete den knochigen Unterarm des Verwalters, der in einem Korb mit Papyrosrollen wühlte. »Was sagt Hamilkar?«
    Nederbals Hand fischte eine Rolle aus dem Korb. Er legte sie auf den Tisch; mit der Linken rückte er den schweren Ring zurecht, der vom knochigen rechten Mittelfinger zu kriechen drohte. Dann entrollte er den Brief und reichte ihn Bomilkar.
    »Da, lies.«
    »Lies laut, zu unserer Erbauung.« Daniel wandte sich ab, drehte sich dann ganz um und schaute auf Park und Meer.
    Bomilkar überflog Hamilkars Zeilen. Es war die Handschrift des Strategen, und der Brief enthielt nichts, was Laetilius nicht hätte hören dürfen.
    »›Geschrieben in Qart Iuba, das die Einheimischen Karduba zu nennen belieben, am vierundzwanzigsten Tag des Nisannu-Monds. An Nederbal, trefflichen Verwandten und Verwalter, der dies bei Bedarf jedem zeigen mag. – Grüße, Gesundheit und Heil. Der Römer Lavinius hat Iberien und Numidien bereist; seine Anliegen waren Handel
und Freundschaft, die ehrlich schien. Anderen Verdacht haben wir nicht. Sein Tod in der Stadt ist betrüblich; daß die Leiche danach, wie du schreibst, zum Gut gebracht wurde, gilt zweifellos uns. Wem genau? Dem Strategen, dem Landbesitzer, dem Politiker, den Neuen insgesamt? Ermittle und kläre, o Nederbal, denn es kann nur unseren Schaden zum Ziel haben. Daniel wird einige Zeit bei dir verweilen, sobald er einen gleichzeitig abgehenden Brief erhalten hat. Streitet nicht, arbeitet zusammen; im Notfall wirst du ihm folgen. Dem jungen Bomilkar öffne alle Truhen und Verliese. Weitere Schreiben gehen an Qarthalo, Bonqart und den Herrn der Sandbank. Gruß und Gedeihen – Hamilkar.‹«
    Laetilius hob die Hand. »Wer ist der Herr der Sandbank?«
    »Alles andere hast du verstanden?« sagte Bomilkar. »Er versteht ein wenig Punisch, ha ha. Die Sandbank ist das Bankhaus des hellenischen Metöken Antigonos. Sand, mußt du wissen, ist eines der Umgangswörter für Geld – wie Kies, Schotter oder, im Fall reicher Männer, notfalls auch Geröll.«
    Daniel redete den Park an, oder die Aussicht allgemein. »Ein schöner Brief. Schreibt er dir immer so? Mir hat er nur ein paar Fetzen geschickt – ›alter Trottel, beseitige Römerleichen und zugehörige Anlässe‹, so etwa.«
    »Vielleicht ist das unter Verwandten anders.« Bomilkar legte das Schreiben

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