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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zurück auf den Tisch; der Papyros rollte sich ein. »Also, kurz gesagt, Hamilkar hält die Tatsache, daß Lavinius hier abgelegt wurde, für eine Bedrohung. Und im Ernstfall haben wir alle Daniel zu gehorchen, was das angeht?«
    Nederbal nickte. Sein Gesicht war ausdruckslos. »Was das Haus hier angeht, ja. Du, was deinen Dienst angeht, natürlich nicht.«
    »Die edlen Herren der Neuen…«, sagte Bomilkar.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Treffen sie sich immer noch hier, zu Beratungen?«

    Nederbal breitete die Arme aus. ›Als ob der Kranich abfliegen wollte, ohne Anlauf‹, dachte Bomilkar; wieder mußte er ein Grinsen unterdrücken.
    »Das Haus des Strategen ist nicht nur Zuflucht der Sippe, sondern auch Sammelpunkt der Partei.« Der Verwalter nahm den Papyros, wickelte ein rotes Bändchen darum und steckte ihn in den Korb. »Wenn sie etwas bereden wollen, was die gierigen Ohren im Ratsgebäude nichts angeht, zum Beispiel.«
    »Wann waren sie zuletzt hier?«
    »Wenn beraten wird, kommen sie oft. Viele leben auf dem Land; die meisten haben Häuser in der Stadt, aber einige eben nicht, und die kommen dann hierher. Zuletzt?« Nederbal zupfte an seinem Ohrläppchen. »Hm. Vor ein paar Tagen. Übrigens auch ein paar Tage bevor der Römer zuletzt hier war.«
    »Was wollte er eigentlich?« sagte Daniel, noch immer mit dem Rücken zu den anderen.
    »Er kam an jenem Tag als müder Wanderer, der ein wenig Wasser im Schatten trinken wollte. Wir haben zwei oder drei Sätze gewechselt. Nichts von Bedeutung. Viel gesprochen haben wir auch nicht in der Zeit, als er hier gewohnt … na ja, geschlafen und ansonsten die Gegend und die Stadt erkundet hat.« Nederbal seufzte. »Wenn ich wenigstens wüßte, ob er wirklich nichts gewollt hat. Es wäre nicht schlecht, einen Grund für die Leiche annehmen zu können.«
    »Weißt du denn einen Grund für die zweite Leiche – Tuzut? « sagte Bomilkar.
    Nederbal machte ein Geräusch durch die Nase: etwas zwischen Winseln und Schnauben. »Vielleicht hat er etwas Böses getan. Jemanden beleidigt? Töchter geschändet? «
    »Keine Verbindung zwischen Tuzut und Lavinius?« Daniel klang ungläubig; er wandte sich wieder zu den Sitzenden. »Komm, Nederbal, plag dein Gehirn ein wenig!«

    Der Verwalter fuhr sich mit der Hand über den Schädel. »Was habe ich denn wohl getan, seit Tuzuts Leiche gefunden wurde?«
    »Ich wollte ihn noch einmal gründlich befragen«, sagte Bomilkar. »Er hat ja Lavinius gefunden. Vielleicht ist ihm noch etwas eingefallen. Und ich finde es merkwürdig …«
    »Was denn?«
    Laetilius räusperte sich. »Wenn ich darf …? Merkwürdig, daß der Ratsherr Arish, für Fremdlande zuständig, einen Boten schickt, um mitzuteilen, man habe Lavinius’ Mörder gefangen. Merkwürdig, daß der Mann, der die Leiche von Lavinius gefunden hat, ausgerechnet dann umgebracht wird, wenn Bomilkar ihn noch einmal befragen will.«
    Daniel knurrte leise; die anderen schwiegen.
    »Mein Bedauern ist beträchtlich«, sagte Nederbal schließlich. »Ich bin bezahlter Verwalter und geduldeter Verwandter des großen Strategen. Ich kann mir einige Dinge vorstellen, die mir … sagen wir, mehr Behagen geben könnten als dies. Es ist nicht erfreulich, bezahlt und geduldet zu sein und zwei Leichen nicht erklären zu können. Leichen, die man weder dulden mag noch bezahlt hat.« Er lächelte dünn.
    Bomilkar erhob sich; im Stehen leerte er den Becher. Das Wasser war lau und schal geworden. »Wir danken für den Empfang, edler Nederbal, und für den erfrischenden Trunk. Ich hoffe, es steigert dein Unbehagen nicht, wenn ich um die Erlaubnis bitte, mich noch ein wenig umzusehen.«
    Nederbal hob die Rechte, die Handfläche zu Bomilkar. »Wie könnte ich dich in der Ausübung deines Dienstes behindern! Du hast Hamilkars Wünsche gelesen. Sieh dich um; willst du, daß ich mitkomme?«
    »Ich will dir keine Unannehmlichkeiten bereiten. Nur ein wenig herumgehen, mit den Leuten reden, noch einmal die Stelle betrachten, wo Tuzut gefunden wurde.«
    »Ich schließe mich an.« Daniel löste den Rücken vom Geländer. »Wenn es recht ist. Auch wenn nicht.«

    Nederbal geleitete sie durchs Haus, bis zur Haupttreppe. Bomilkar ging hinter ihm und genoß es, endlich grinsen zu dürfen: über die staksenden Schritte der dürren Kranichbeine, an denen winzige Füße in schäbigen Sandalen wie angehängte Schmuckstücke wirkten – Schmuckstücke von zweifelhafter Güte, Zeugnisse kläglichen Geschmacks.
    Im Eingang blieb

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