Das Gold von Sparta
entwickelte sich Bondaruks Neugier zu einer Obsession für alles Persische. Er nutzte seinen enormen Reichtum und Einfluss, um eine Sammlung persischer Artefakte anzulegen: vom Trinkbecher, der bei den Hochzeitsfeierlichkeiten von Kyaxares II. verwendet wurde, über einen Altarstein, der während der sassanidischen Dynastie bei zoroastrischen Ritualen benutzt wurde, bis hin zu dem mit Edelsteinen besetzten Gerron-Schild, der einst von Xerxes selbst getragen worden war, nämlich während der Schlacht bei den Thermopylen.
Und seine Sammlung war nahezu komplett. Bis auf eine einzige, aber offenkundige Ausnahme, so ermahnte er sich ständig. Sein persönliches Museum, das er sich in seinem Wohnsitz eingerichtet hatte, war von erhabener Schönheit, die er mit niemandem teilte, zum einen, da ihm niemand ihrer würdig schien, vorwiegend aber deshalb, weil die Sammlung noch nicht vollständig war.
Noch nicht, dachte er jetzt. Schon sehr bald würde er das ändern.
Wie auf ein Stichwort öffnete sich die Tür seines Arbeitszimmers, und sein persönlicher Diener trat ein. »Entschuldigen Sie, Chef.«
Bondaruk wandte sich um. »Was ist los?«
»Ein Anruf für Sie. Mr. Archipow.«
»Stellen Sie ihn durch.«
Der Diener ging hinaus und schloss leise die Tür hinter sich. Wenige Sekunden später trillerte das Telefon auf Bondaruks Schreibtisch. Er nahm den Hörer ab. »Sagen Sie mir, dass Sie gute Nachrichten für mich haben, Grigori.«
»Die habe ich tatsächlich. Meinen Gewährsleuten zufolge betreibt der Mann in der Gegend einen Antiquitätenladen. Die Website, auf der er das Bild veröffentlicht hat, gilt als ein bedeutendes Forum für Antiquitätenhändler und Schatzsucher.«
»Und gibt es schon Interessenten für die Scherbe?«
»Einige, aber es ist nichts Ernsthaftes dabei. Bislang herrscht die Meinung vor, dass es sich lediglich um das Fragment einer zerbrochenen Flasche handelt, mehr nicht.«
»Gut. Wo sind Sie?«
»In New York. Und gerade dabei, jeden Moment in meine Maschine einzusteigen.«
Dies quittierte Bondaruk mit einem Lächeln. »Stets bereit, die Initiative zu ergreifen. Das gefällt mir.«
»Das ist es ja auch schließlich, wofür Sie mich bezahlen«, antwortete der Russe.
»Und wenn Sie es schaffen, dieses Stück zu erwerben, dann erwartet Sie ein großzügiger Bonus. Wie wollen Sie mit dem Mann, diesem Antiquitätenhändler, verfahren?«
Der Russe hielt für einen Augenblick inne, und Bondaruk konnte vor seinem geistigen Auge das grausame Lächeln sehen, das jetzt um Archipows Lippen spielte.
»Ich finde, der direkte Weg ist stets der beste, meinen Sie nicht?«
Bondaruk wusste, dass sich Archipow bestens auskannte, was Direktheit und das Erzielen schneller Ergebnisse betraf. Der ehemalige russische Speznas war clever, skrupellos und unbarmherzig. In den zwölf Jahren, die er nun schon in Bondaruks Diensten stand, hatte Archipow bei keiner Mission versagt, ganz gleich wie schmutzig sie auch gewesen war.
»Doch, das meine ich«, erwiderte Bondaruk. »Ich überlasse es Ihnen. Gehen Sie nur so diskret wie möglich vor.«
»Das tue ich doch immer.«
Was durchaus der Wahrheit entsprach. Sehr viele von Bondaruks Feinden waren nämlich, wie die Ermittlungen der zuständigen Behörden ergeben hatten, einfach vom Erdboden verschwunden.
»Rufen Sie mich an, sobald Sie Bescheid wissen.«
»Das tue ich.«
Bondaruk wollte schon auflegen, als ihm noch eine weitere Frage durch den Kopf ging. »Nur aus Neugier, Grigori, wo befindet sich der Laden dieses Mannes? Irgendwo in der Nähe des Ortes, den wir vermutet haben?«
»Sehr nah dran. In einer kleinen Stadt namens Princess Anne.«
3
Snow Hill, Maryland
Sam Fargo stand am Fuß der Treppe, lehnte am Geländer, hatte die Füße übereinandergeschlagen und die Arme vor der Brust verschränkt. Remi verspätete sich wie üblich, da sie im letzten Augenblick noch entschieden hatte, dass ihr schwarzes Donna-Karan-Kleid für das Restaurant ein wenig zu elegant sei, und war deshalb in ihr Zimmer zurückgekehrt, um sich umzuziehen. Sam sah abermals auf die Uhr. Er machte sich weniger Sorgen wegen ihrer Reservierung als wegen seines leeren Magens, der sich immer wieder durch ein lautes Knurren bemerkbar machte, seit sie in die Frühstückspension zurückgekehrt waren.
Die Eingangshalle der Herberge wirkte mit ihrer Einrichtung im amerikanischen Shabby-Chic-Stil und zahlreichen Landschaftsaquarellen einheimischer Künstler, die die Wände zierten, fast
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