Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
Vom Netzwerk:
Touristen, den er auf dem Flughafen von Triest erstanden hatte, an einer mit einem Eselsohr gekennzeichneten Seite auf. »Zdravo. Ime mi je Sam.« Er deutete auf Remi, und sie lächelte. »Remi.«
    Der Mann deutete mit einem Daumen auf seine eigene Brust. »Andrej.«
    »Govorite li Engleski?« , fragte Sam.
    Andrej wedelte mit der Hand in der Luft herum. »Bisschen Englisch. Amerikaner?«
    »Ja.« Sam nickte. »Aus Kalifornien.«
    »Wir suchen Pietro Tradonico«, sagte Remi.
    »Den Dogen?«
    »Ja.«
    »Doge tot.«
    »Ja, das wissen wir. Ist er hier?«
    »Nein. Tot. Lange Zeit tot.«
    Sam versuchte es auf einem anderen Weg. »Wir kommen aus Venedig. Von der Insel Poveglia. Tradonico wurde hierhergebracht, von Poveglia.«
    Andrejs Augen leuchteten auf, und er nickte. »Ja. 1805. Pietro und Frau Majella. Hier entlang.«
    Andrej kam hinter dem Empfangstisch hervor und führte sie zu einer Glasvitrine in der Mitte des Raumes. Er deutete auf eine gerahmte holzgeschnitzte Ikone, die mit Blattgold belegt war. Sie zeigte einen schmalgesichtigen Mann mit langer Nase.
    »Pietro«, sagte Andrej.
    In der Vitrine befanden sich auch noch andere Gegenstände, vorwiegend Schmuckstücke und kleine Figurinen. Sam und Remi gingen um die Vitrine herum und betrachteten eingehend jedes Artefakt. Sie sahen einander an und schüttelten die Köpfe.
    »Sind Sie ein Tradonico?«, fragte Remi und deutete auf ihn. »Andrej Tradonico?«
    »Da. Ja.«
    Sam und Remi hatten im Flugzeug noch über diesen Teil ihres Vorgehens diskutiert, aber noch nicht entschieden, wie sie es anfangen würden. Wie sollte man jemandem klarmachen, dass man einen Blick auf die sterblichen Überreste seines Vorfahren werfen will?
    »Wir würden gerne … vielleicht könnten wir …«
    »Körper sehen?«
    »Ja. Wenn das keine Umstände macht.«
    »Sicher. Kein Problem.«
    Sie folgten ihm durch die Tür hinter dem Tresen und einen kurzen Flur hinunter bis zu einer anderen Tür. Er holte einen altmodischen Hauptschlüssel aus seiner Westentasche und öffnete die Tür. Ein Schwall kalter, modriger Luft drang heraus. Irgendwo hörten sie Wasser tropfen. Andrej fasste durch die Tür und zog an einer Schnur. Eine einzelne Glühbirne flammte auf und erhellte eine Steintreppe, die ins Dunkel hinabführte.
    »Katakomben«, sagte Andrej, dann stieg er die Stufen hinunter. Sam und Remi folgten ihm. Hinter ihnen verblasste das Licht. Nachdem sie zehn Meter weit gekommen waren, machte die Treppe einen scharfen Schwenk nach rechts und endete. Sie hörten Andrejs Schuhe auf Stein scharren, dann ein Klicken. Rechts von ihnen leuchteten sechs in einer Reihe angeordnete Glühbirnen auf und erhellten einen langen, engen Gang.
    In die Seitenwände waren rechteckige Nischen gemeißelt, übereinander angeordnet bis zu der sieben Meter hohen Decke und dann den gesamten Gang entlang. Im Licht der in weitem Abstand angebrachten Glühbirnen lagen die meisten Nischen im Schatten.
    »Ich zähle fünfzig«, sagte Sam im Flüsterton zu Remi.
    »Achtundvierzig«, erwiderte Andrej. »Zwei leer.«
    »Liegen denn nicht alle Mitglieder der Tradonico-Familie hier?«, fragte Remi.
    »Alle?« Er lachte glucksend. »Nein. Zu viele. Der Rest auf Friedhof. Kommen Sie, kommen Sie.«
    Andrej ging durch den Korridor voraus und deutete gelegentlich auf eine Nische. »Drazan … Jadranka … Grgur … Nada. Meine Urururgroßmutter.«
    Während Sam und Remi an den Nischen vorbeigingen, fielen ihre Blicke auf Skelettknochen, einen Unterkiefer, eine Hand, einen Oberschenkelknochen … Fetzen aus vermodertem Stoff oder Leder.
    Andrej stoppte am Ende des Ganges und ging vor der untersten Nische, die sich in der rechten Wand befand, auf die Knie hinunter. »Pietro«, sagte er sachlich, deutete dann auf die Nische darüber. »Majella.« Er griff in seine Hosentasche und holte eine kleine Taschenlampe heraus, die er Sam reichte. »Bitte schön.«
    Sam knipste sie an und leuchtete damit in Pietros Nische. Ein Schädel starrte zurück. Er ließ den Lichtstrahl am Skelett entlangwandern. Das Gleiche machte er in Majellas Nische. Auch dort befand sich nur ein Skelett.
    »Nichts als Knochen«, flüsterte Remi. »Aber was haben wir auch erwartet? Vielleicht, dass einer von ihnen die Flasche im Arm hält?«
    »Du hast recht, aber den Versuch war es wert.« Er wandte sich an Andrej. »Als sie von Poveglia hierhergebracht wurden, war noch etwas anderes dabei?«
    »Wie bitte?«
    »Gab es irgendwelche … Habe?«, fragte Remi.

Weitere Kostenlose Bücher