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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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hätte, wendet
sie sich hilfeheischend an den Fremdenführer.
    »Meine Tochter, Señor«, beginnt
sie zögernd, »meine Tochter muß immer...« Sie überlegt, wie ein solches Leiden
mit der nötigen Diskretion zu schildern ist und merkt gar nicht, daß sie
bereits alles gesagt hat.
    »Lo comprendo todo«, sagt der
Führer auch sofort, weil er verstanden hat, »die Señorita Obst gegessen und nix
gewaschen. Und Wasser getrunken ohne Koche. Es una desgracia, es ist ein
Unglück.«
    »Um Gottes willen.«
    »Ärzte sagen, Kanarische
Krankheit, wir sagen, Bandamas Rache. Er ist böse, der Vulkan, weil wir ihm auf
dem Kopf getanzt. Me comprendo, Señora?«
    »Ist das sehr schlimm, so was
Kanarisches?« fragt die Radken.
    »Die Señorita wird soooo
werden«, sagt er, zieht die Wangen ein und macht die Leidensmiene eines
halbverhungerten Eremiten.
    »Na, das ist ja wundervoll!«
Sie strahlt, klatscht fröhlich in die Hände und läßt einen Fremdenführer
zurück, dessen Ansicht wieder einmal bestätigt wird, daß alle Touristen eine
Meise haben.
    Als sie vor dem Höhlendorf
Atalaya in ihren Bus klettern, sieht Frau Radke mit tiefer Befriedigung, wie
ihr Töchterchen sich wieder einmal in die Büsche schlägt. Diesmal sind es
Lorbeerbüsche.
     
    Zwei Autos am Kran, denkt der
Erste, und schaut durch die Fenster der Brücke auf die Verladearbeiten, zwei
Autos sind ungewöhnlich, weil das Ladegeschirr doch nur ein Auto fassen kann.
Er kneift die Augen zusammen, schließt sie, öffnet sie wieder: Es ist nur noch
ein Auto da, das da langsam über das Vorschiff schwebt. Dafür stehen plötzlich
zwei Lukenmänner am Laderaum, und das ist noch ungewöhnlicher bei der
christlichen Seefahrt.
    »...Und auf die christliche
Seefahrt!« Hatte er das in den letzten zwölf Stunden nicht schon mal gehört?
    Doch wo?
    Der Erste schlägt sich mit der
flachen Hand gegen die Stirn und schreit im selben Moment dumpf auf. Irgend
jemand mußte seinen Kopf mit einem Preßlufthammer bearbeitet haben.
    Doch wer?
    Er macht einen Schritt,
schwankt und hält sich unauffällig an der Steuersäule fest. Der 3. Offizier,
ein rothaariger Ire, der mit ihm die Wache geht, wirft ihm einen erstaunten
Blick zu. Ich muß eine Menge Alkohol getrunken haben.
    Doch was?
    Wo? Wer? Was?
    Ich hab einen Schlagschatten im
Hirn, ein Blackout, eine totale Gedächtnislücke. Vielleicht weiß der Dritte
was. »Gestern ausgewesen?« pirscht er sich vorsichtig heran.
    »Ja, Sir«, sagt der, und sonst
sagt er gar nichts. Sturer Kerl.
    »Las Palmas, da ist eigentlich
immer was los, die Zigeunerinnen Flamencos, die Bodegas und so.«
    »Das letztemal, Sir, haben Sie
gesagt, Sie würden in Las Palmas nicht mal Ihren Hund begraben, Sir.«
    »Ich hab doch gar keinen Hund«,
versucht der Erste einen Scherz, aber der Dritte lacht nicht.
    Ich bin ins »Conchita«
gegangen, weil ich immer ins »Conchita« gehe. Doch wie bin ich vom »Conchita«
wieder an Bord gekommen? In seinem Kopf ist es so neblig wie an einem
Novembertag im Kanal. Er streicht sich nachdenklich übers Kinn. Stoppeln,
Bartstoppeln, ich habe mich nicht rasiert, wie sehe ich überhaupt aus? Er wirft
einen Blick in den Spiegel oberhalb des Radargeräts.
    »Gestatten, Cantal«, möchte er
sagen, »René Cantal«. Weil der andere im Spiegel so gar keine Ähnlichkeit mit
ihm hat. Der andere ist bleich, hohlwangig, hat einen stumpfen Blick und tiefe
Ringe unter den Augen.
    »Apropos Hund, Sir«, sagt der
Dritte und weist mit dem Kinn in Richtung Promenadendeck.
    Auf einer Bank mit der
Aufschrift »Nur für Passagiere« sitzen zwei Hunde und heulen einen Mond an, der
nicht vorhanden ist.
    »Möpse, Sir«, sagt der irische
Dritte, der Möpse nicht leiden kann, weil die englische Königin Möpse hat,
»eklige Kröten, Sir.«
    »Möpse«, wiederholt der Erste.
Und der Nebel zerreißt schlagartig! Möpse — Stutterbold— Conchita — Cachaça —
Tornado — Biblimbing. Die Möpse haben einen Kontakt ausgelöst. Durch einen Teil
seiner 16 Milliarden Gehirnzellen rasen die Impulse. Sie entschlüsseln, wägen
ab, formulieren einen Befehl.
    »Bis gleich«, sagt er zum 3.
Offizier und rennt die Treppe hinunter zum Promenadendeck. »Wo ist Herrchen?«
fragt er die Möpse, »na, wo ist euer liebes kleines Herrle?« Er will Mr. Miller
streicheln, aber Mrs. Brown schnappt nach ihm. »Kröte!« Cantal eilt zum
Bootsdeck und klopft an der Kabinentür von Stutterbold.
    »Herein«, sagt jemand.
    Er reißt die Tür auf und steht
vor einem

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