Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Erika betreut Mr. Miller und Mrs.
Brown. Sie spielt Frauchen, weil Herrchen noch immer verschollen ist.
» Reis, Reis, Reis und
nochmal Reis«, stöhnt der dicke Hügeli, und er hat allen Grund dazu. Denn die
Reisdiät ist eine der eintönigsten Schlankheitsdiäten überhaupt. Wer sie über
Wochen hinaus durchhalten will, muß so nervenstark sein wie ein Astronaut und
so enthaltsam wie ein Eremit. Man serviert Ihnen nämlich keineswegs schönen
dicken Milchreis mit Zucker und Zimt, Sie kriegen ungeschälten Reis (aus dem
Reformhaus), der mit reinem Wasser und ohne das kleinste Körnchen Salz
zubereitet wird. Und wenn Trixi Sommer behauptet, daß Weizenkeimbrei wie
Tapetenkleister schmeckt, so dürfen wir Hügeli glauben, wenn er sich so den
Geschmack nasser Papiertaschentücher vorstellt.
Dessen ungeachtet ist eine
Reiskur außerordentlich wirksam. Und das behauptet nicht nur der Dr. Kempner
von der Kempnerschen Reisdiät. Von seiner Klinik in Nord-Karolina ging diese
Diätbewegung aus, und die Erfolge waren nicht von der Hand, oder besser, von
der Waage zu weisen. Da Reis stark entwässert, schnellt der Zeiger der Waage
spektakulär nach unten.
Auch zu einer Reiskur gehört
allerdings der Arzt, beziehungsweise eine ganze Klinik. Es sei denn, Sie
entschließen sich für die Einschaltung einzelner Reistage. An einem
solchen löffeln Sie Ihren »Naturbelassenen« und genehmigen sich ab und zu ein
Schlückchen Mineralwasser oder Kräutertee (ohne Milch, ohne Zuckerl). Außerdem
legen Sie sich lang, denn Nur-Reis ist anstrengend. Dafür dürfen Sie mit einer
Gewichtsabnahme von 500-1000 Gramm rechnen und mit der Entlastung Ihres
Kreislaufs.
Merke: Alle 14Tage ein Reistag
wirkt Wunder!
Und die einer anderen Klasse
entstammenden Schwestern Nielsen lesen (eine zehn Tage alte Ausgabe der
»Berlingske Tidende«), sie dürfen es hier, denn der Luxusdampfer hat zwar drei
Swimmingpools, vier Gymnastiksäle, fünf Salons und sechs Bars, aber nur eine
Bibliothek.
Auch Trixi liest (»Die Bestie
Mann«), allerdings tut sie es in ihrer Kabine und schmollend.
»Wie Oma Knödel macht«, »Wie
Oma einen Apfelstrudel bäckt«— allein das Inhaltsverzeichnis von Großmutters
Rezeptbüchlein kann einen auf die nächste Barrikade treiben, denkt Hügeli— »Wie
Oma einen Schlei in Dill legt«, »Wie Oma einen Hasen tranchiert«.
Und dann stößt er auf ein
derart erstaunliches Rezept, daß er es um keine Macht der Welt für sich
behalten kann.
»Hören Sie«, sagt er zum
Greifer und tippt ihm von hinten auf die Schulter, »das müssen Sie hören. ›Wie
Oma eine Kraftbrühe bereiten. ›Man nehme etwa 7 Pfund gut abgehangenes
Rindfleisch, 8 Pfund zarten Schweinekamm, 5 Pfund Hammelschulter, 6 Pfund
Kalbsschlegel, drei fette Suppenhühner und zwei alte Gänse, füge 3 Pfund
Markknochen hinzu und 2 Pfund gut durchwachsenen Speck und koche das Ganze 10
Stunden lang bei mittlerem, möglichst mit Kienäpfeln unterhaltenem Feuer. Man
erhält hiernach eine Kraftbrühe von etwa sieben Litern. Das ausgekochte Fleisch
empfiehlt sich zu einer Verwendung für die Domestiken.«‹
»Domestiken, nun, gibt’s ja
leider nicht mehr«, sagt der Greifer zerstreut, weil er gerade dabei war, sich
für Aktien oder Satzanleihen zu entscheiden.
»Wie Oma ihre Gänse füllt«,
sagt Hügeli, der jetzt nicht mehr aufzuhalten ist, »Man nehme eine
ausgenommene, gut gereinigte etwa 20 Pfund schwere Gans, salze sie außen und
reibe sie innen mit Majoran kräftig. Nun bereite man die Fülle, wozu man...«
Im Lesesaal macht sich eine
gewisse Unruhe breit. »Pssssst!« zischt Frau Radke und wirft Hügeli einen
strafenden Blick zu.
»...Wozu sich vorzüglich
Hackfleisch eignet«, fährt Hügeli mit halblauter Stimme fort, »das man mit 2
altbackenen Semmeln, 1 Eßlöffel weiße Trüffel, 1 Tröpflein Madeira und mit der
Leber der Gans, dem Magen der Gans, dem Herzen der Gans vermischt. Das ganze
wird dann...«
Eine Tür kracht ins Schloß.
Zwei Damen (Sauerkrautlerinnen) haben den Raum verlassen. Kerstin Nielsen sagt
flehend: »O bitte, kochen Sie nichts Weiteres mehr.«
Daß Sauerkraut-Diätler bei
Gesprächen über gute gebratene Gänse, die bekanntlich eine gute Gabe Gottes
sind, den Raum verlassen, darüber können wir uns nicht genug wundern, ist doch
allgemein bekannt, daß sauer lustig macht. Sauerkraut eignet sich vorzüglich
dazu, um gewisse Pfunde, die Sie sich während einiger üppiger Tage angeschlemmt
haben,
Weitere Kostenlose Bücher