Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
linken Oberarm
und zählt bis drei, wie sie es als Kind immer getan hat. Wenn es weh tut, dann
ist es kein Traum. Es tut weh.
»Hallo«, sagt sie noch einmal.
»Hallo, Dollarprinzessin.«
Stutterbold hebt ein Augenlid und sieht aus wie ein schläfriger Papagei.
»Nimm Platz, mein Schatz.« René
Cantal klopft mit der flachen Hand einladend auf den Fußboden.
»Himmel, was seid ihr besoffen,
ihr beiden. Was habt ihr bloß getrunken?!«
»‘n kleinen Tornado, Schatz,
Ca— ch— ça Tornado.«
»Und ‘n Schlückchen Bi— blim—
bing.«
»Und dann ‘n Bi-blim-bing
Cachaça Mix. Haben wir grade erfunden.«
»Lassen wir uns patentieren.«
Stutterbold versucht vergeblich, einen Rülpser wieder dort hinzuschicken, wo er
hergekommen ist.
»Mußt du auch mal probieren,
Schatz. Macht llluuullu — stig und frrrroooh.« René schaut sie von unten her an
wie ein Dackel. Er versucht, sich zu erheben und läßt es bei einem Versuch.
»Kleines Schwipschen. Bin gleich wieder okay.«
»Das bist du morgen früh noch
nicht.« Trixi bekommt plötzlich eine maßlose Wut. Sie tritt einen Schritt vor
und René auf die Hand. »Die ganze Insel wolltest du mir schenken, und
Cha-Cha-Cha mit mir tanzen, und gegrillte Langusten spendieren.«
Langusten— da ist er wieder der
schreckliche, der unerklärliche Hunger, der alles andere unwichtig macht.
Selbst zwei Männer auf dem Fußboden eines kanarischen Luxusrestaurants und ein
geplatztes Rendezvous.
»Darf ich mal die Karte sehen?«
fragt sie den Barkeeper und spürt, wie ihr das Wasser im Mund zusammenläuft.
Der Barmann holt die Karte,
aber er gibt sie ihr nicht, er liest aus ihr wie ein Dichter aus seinem neuen
Buch. »Wir hätten caldo de gallina, Hühnerfleischbrühe. Und empanadillas de
pescado, knusprig gebackene kleine Pasteten mit Fischfüllung. Und all-i-pebre
d’anguilles, Aal in Knoblauchsauce. Und Cocinillo asado o lechén, gebratenes
Spanferkel.«
Er wetzt ab in die Küche, kommt
zurück, präsentiert einen mit gebratenem Fleisch bestückten Spieß. »Cocinillo,
bitte, probieren, Señorita, frisch, ganz frisch.«
Trixi will probieren, aber da
steht Stutterbold wie aus dem Fußboden gewachsen vor ihr. »Ferkel! Verzeihung,
will sagen, Ferkel macht dick— dürfen nicht dick werden, Beatrix—
sechzig-neunzig-sechzig, Idealmaße, nie vergessen! Bringen Millionen, die Maße—
werden Millionärin Bea... hicks— dürfen wir nicht aufs Spiel setzen— wir zwei
beide— is ‘ne Menge Moos. Klar?« Er kneift ein verschwörerisches Auge zu.
»Ich pfeife auf Ihr Moos.« Sie
pfeift aber nicht, sondern reißt dem Barmann den Fleischspieß aus der Hand,
wirft einen vernichtenden Blick auf René und verläßt das »Conchita« mit dem
einzigen spanischen Wort, das sie kann: »Hasta la vista. Auf Wiedersehen.«
»Wieso wird sie Millionärin?«
fragt Cantal und zieht sich an der Kante der Theke hoch. Er setzt sehr weise
und sehr besoffen hinzu: »Alle Millionärinnen sind doof.«
»Wird ja Multimillionärin, die
Kleine.«
Cantal versucht, sich zu
konzentrieren. »Wieso und weshalb, bitte schön?«
»Weil sie was erbt. Aber nur,
wenn sie nicht soviel frißt, erbt sie was.«
»Von dieser toten Tante?«
»Von der toten Tante.«
Stutterbold schaut ihm erstaunt in die Pupille. »Woher wissen Sie?«
»Weiß alles«, sagt René Cantal
und weiß es tatsächlich. Im Nebel der Trunkenheit wird ihm klar, was hier
gespielt wird.
Erika hat
die Kanarische Krankheit,
ihre Mutter
freut sich darüber,
und jemand
findet Omis Kochbuch.
Der Vulkan heißt Bandama und
ist 560 Meter hoch. Es ist wenig, wenn man an den Himalaja denkt. Es ist viel,
wenn man ihn erklimmen muß. Meter für Meter. Dabei brauchte man gar nicht zu
klimmen, weil man direkt mit dem Auto auf den Bandama fahren kann. Die Leute
von der »Aphrodite« könnten das auch, aber sie dürfen es nicht. Sie müssen
klimmen und schwitzen, weil sie davon abnehmen. Jedenfalls glauben sie das. Und
man tut alles, um sie in diesem Irrglauben zu lassen.
»Und eins und zwei und eins und
zwei«, kommandiert der spanische Fremdenführer. Die Teilnehmer an der
»Zentralen Inselrundfahrt« bestehen zum überwiegenden Teil aus Deutschen.
Deutsche haben es gern, wenn man sie ein bißchen kommandiert, denkt der
Fremdenführer und steigt mit geübtem Schritt seiner Truppe voran. »Nach oben,
nach oben, señoras y caballeros!«
»Oben«, stöhnt der Greifer, der
längst bereut hat, an diesem idiotischen Ausflug teilzunehmen,
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