Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
Vom Netzwerk:
der Kabinenstewards.
    »Wissen Sie, wo der Passagier
ist, der hier wohnt?«
    »Sein Bett habe ich nicht
machen brauchen, Monsieur Cantal, das war unbenutzt. Monsieur Cantal, soll
ich...«
    »Schon gut«. Er rennt in
Richtung Zahlmeisterbüro. Vor dem Zahlmeisterbüro steht die große schwarze
Tafel mit den Haken für die Landungsmarken. Jeder Passagier, der von Bord geht, nimmt seine Landungsmarke mit und hängt sie an dieselbe Stelle, wenn
er wieder an Bord geht. Ein Haken ist leer. Er trägt die Nummer von James P.
Stutterbolds Kabine.
    Cantal erschrickt und wundert
sich darüber. Was ist schon passiert: Dieser Stutterbord, oder wie er hieß,
hatte das Schiff verpaßt, und das war genau das, was er, Cantal gewollt hatte.
Und trotzdem..., und trotzdem, er nimmt seine Mütze ab und kratzt sich am
Hinterkopf, schließlich war er noch so ganz nebenbei der 1. Offizier dieses
Schiffes und verantwortlich für die Passagiere, für alle Passagiere,
auch für diesen..., diesen Mr. Dingsbums.
    »Haben Sie Mr. Stutterbold
gesehen?«
    Eine aufgeregte Dame steht vor
ihm. Es ist die Frau, die er in Lissabon kennengelernt hatte, die Tante von
Trixi. Trixi! Der letzte Nebelschleier hebt sich. Mit Trixi hatte es Krach
gegeben, im »Conchita«, sie hatte das Lokal verlassen, zürnend wie eine
Amazone, sie hatte gesagt... »Ich hatte Sie was gefragt.« Die Dame vor ihm ist
noch etwas aufgeregter geworden.
    »Richtig, ja, dieser Passagier,
seine Marke hängt nicht hier, stimmt, aber vielleicht hat er nur vergessen, sie
hinzuhängen, was glauben Sie, was wir da so alles erleben. Am besten, wir
lassen ihn erstmal ausrufen, Madame.«
    »Aber er ist doch schon dreimal
ausgerufen worden.« Sie starrt ihn höchst befremdet an durch ihre Stielbrille.
    »Dann tun wir es eben noch ein
viertes Mal«, sagt Cantal, weil ihm nichts Besseres einfällt. »Außerdem kann er
ja immer noch kommen, Madame.«
    »Dann muß er aber sehr gut
schwimmen können.« Sie dreht sich um und zeigt mit dem Brillenstiel über die
Reling.
    Zwischen der Reling und dem Kai
liegen etwa 200 Meter Wasser, und es werden immer mehr. Die »Aphrodite« hat
abgelegt, und ihr 1. Offizier hat es nicht mal gemerkt.
     
    Es regnet. Es ist kein
gewöhnlicher Regen wie ihn die Passagiere von daheim her gewöhnt sind. Es
nieselt nicht, rinnt nicht, gießt nicht, schüttet nicht, selbst Ausdrücke,
wonach es Schusterbuben regne, Bindfäden, Hunde und Katzen, sind nicht
imstande, diesen Regen wiederzugeben. Die »Aphrodite« scheint eingeschlossen
von Wasserwänden, der Himmel ist kaputt, aber das sieht niemand, weil es gar
keinen Himmel mehr gibt.
    Wenn es regnet, herrscht auch
auf einem Schiff Langeweile. Wasser ringsum genügt schließlich, Wasser von oben
dazu drückt aufs Gemüt. Ein großer Teil der Passagiere gibt sich deshalb der
Tätigkeit des Bücherlesens hin. Eine für manche ungewohnte Tätigkeit, da sie es
bisher wie Graf Bobby gehalten haben, der über seinen Freund Dudi sagte: »Was
sollen wir ihm ein Buch schenken, ein Buch hat er doch schon.«
    Beatus Hügeli wandert die
Regale der Schiffsbibliothek entlang, auf der Suche nach Leichtverdaulichem und
bleibt plötzlich stehen und reckt sich. Auf dem obersten Bord steht eine in
Schweinsleder gebundene Schwarte. Sie trägt den Titel »Was unserer Omi so gut
schmeckt« und ist ein Kochbuch von Annodazumal. Niemand weiß, wie ein solches
Werk jemals auf die »Aphrodite« kam. Jedenfalls ist es hier so fehl am Platz wie...
wie...
    Hügeli ist zu apathisch für
einen passenden Vergleich. Vierzehn Tage Reis, Reis und nochmals Reis, dessen
Geschmack (salzlos nach Dr. Kempner) eine gewisse Ähnlichkeit hat mit nassen
Papiertaschentüchern, haben ihn an den Rand des Hungertuchs taumeln lassen.
(Was selbst die Himbeerbonbons nicht verhindern konnten.) Seine Hände zittern,
als er das Buch aufschlägt. Sie zittern noch stärker, als er sieht, was er
aufgeschlagen hat. »Reisfleisch, serbisches«, steht dort auf Seite 311. Man
kann also auch Fleisch dazu essen, zum Reis, sieh einer an.
    Er läßt sich kraftlos in einen
Sessel fallen und beginnt, in dem Buch herumzublättern. Bißchen pervers, muß er
denken, bißchen pervers, so was, nichts zu kochen und ein Kochbuch zu lesen.
Aber Hügeli ist Hobbykoch, und so war es besser als überhaupt nichts.
    Neben ihm liest der Greifer
(»Mach mehr aus deinem Geld«).
    Und Frau Radke liest (»100 Wege
zur Schönheit«).
    Und Erika liest (»Der Mops.
Sein Ursprung und seine Verbreitung«). Denn

Weitere Kostenlose Bücher