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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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ist eine ziemliche
Untertreibung. Der Schergi ist kein gewöhnlicher Wind, kein Feld-, Wald- und
Wiesenlüftchen. Ebensogut könnte man einen Tigerhai zum Goldfisch erniedrigen
oder zu einem mehrfachen Lustmörder »Hallo, Bubi« sagen. Der Schergi ist ein
Thriller, ein Nervenzerfetzer. Er trägt den Sand der Wüste mit sich und ihre
Glut, er schlafft ab und peitscht auf in einem, und wenn die Araber sagen, daß
er direkt aus der Hölle kommt, dann übertreiben sie nicht. Der Schergi ist
tatsächlich teuflisch, und wenn das jemand bald merken sollte, dann war es
Trixi.
    »Typisch«, sagt sie in diesem
Moment, weil ihr dieser verdammte Wüstenwind dauernd das Feuerzeug ausbläst.
Himmel, wieviele Zigaretten hatte sie heute schon geraucht. Der Himmel über ihr
hat die Farbe von schmutzigem Blei. Die Bucht von Tanger liegt im diffusen
Licht einer kranken Sonne. Eng gedrängt ziehen die Häuser der Medina, der
arabischen Altstadt, den Hügel empor.
    »Wie Grabsteine«, denkt Trixi.
Klar, daß ihr heute nur so was einfällt. Sie ist nervös, schlecht gelaunt,
sauer, gereizt, sie kann keinen mehr leiden, die Nielsens nicht und Herrn
Hügeli nicht und den Greifer nicht und Tante Annegret nicht und diesen Cantal
schon gar nicht und sich selbst auch nicht.
    »Bitte, versuchen Sie nicht von
Bord zu gehen, bevor die Zoll- und Paßkontrolle abgewickelt ist«, dröhnt der
Lautsprecher. Die wickelten schon seit einer Stunde ab, die Herren von Paß und
Zoll, die vorhin an Bord gekommen waren. Geschniegelt und gebügelt, sitzen sie
im Büro des Oberzahlmeisters, trinken seinen ältesten Whisky aus und haben
herrlich viel Zeit. So viel Zeit, wie nur Araber haben können.
    In diesem Moment sieht Trixi,
wie René Cantal aus dem Zahlmeisterbüro kommt. Blitzschnell verschwindet sie
hinter einem Ladepfosten, geht tief in die Kniebeuge. Sie hört seine Schritte,
seine Stimme, als er mit einem Passanten spricht, zum Greifen nah bleibt er
neben ihr stehen: Da ist der Ansatz der schwarzen Koteletten, die Fältchen in
den Augenwinkeln, das energische Kinn.
    »René«, flüstert sie. Zwei
Schritte trennen sie von ihm, sie möchte auf ihn zustürzen, sich in seine Arme
werfen, den Duft seines Rasierwassers spüren, und seinen Mund. Sie möchte es,
aber sie tut es nicht, weil sie ihren Stolz hat. Es ist blöd, wenn man seinen
Stolz hat. Er bringt einen um viele schöne Dinge, aber sie hatte ihn schon als
Kind, und man kann nichts dagegen tun, genauso wenig wie gegen das Rotwerden.
Langsam geht René an ihrem Versteck vorbei.
    »Hallo, Kusine, spielst du
Häschen in der Grube?!«
    Trixi schrickt zusammen, wird
knallrot vor Verlegenheit und sieht Erika. Die Kusine steht vor ihr, zusammen
mit den beiden Möpsen, (die verhärmt aussehen) und grinst vergnügt.
    Die hat mir gerade noch
gefehlt, die kommt mir gerade recht, denkt Trixi, und ihre ganze miese Laune
und der Ärger über sich selbst und der Kummer mit den anderen und dieser
idiotische Schergi fährt auf die arme Erika nieder, die nicht wissen kann, daß
sie nichts anderes ist als ein Blitzableiter.
    »Na du«, sagt Trixi und
überlegt sich eine richtige schöne Gemeinheit, o ja, sie kann auch gemein sein,
schließlich ist sie eine Frau, und da muß man das können, wenn man sich
behaupten will.
    »Warst du eigentlich krank,
Erika?« erkundigt sie sich besorgt.
    »Krank, wieso?«
    »Weil du so schrecklich bleich
bist, beinah gelb siehst du aus.«
    »Findest du?« Erika beißt sich
mit den kleinen weißen Zähnchen auf die Unterlippe und ärgert sich auf der
Stelle. Weil alle Frauen sich ärgern, wenn man ihnen sagt, daß sie schlecht
aussehen.
    »Nicht nur ich finde das, alle
anderen finden das auch.« Alle anderen auch— beim Gemeinsein ist es sehr
wichtig, alles zu verallgemeinern. »So.« Erika ist jetzt enorm irritiert und
sucht nach jener guten Antwort, die einem immer erst nachher einfällt. »Ach,
weißt du, es liegt wohl dran, daß ich jetzt so furchtbar schlank bin, Trixi«,
sagt sie schließlich. »Vierzehn Pfund machen sich halt bemerkbar, gell?«
    »Richtig, du bist ja jetzt die
neue Aphrodite. Habe dir noch gar nicht gratuliert.«
    »Das sollst du auch nicht.
Schließlich war ich es, die dich vom Thron gestoßen hat, sozusagen, und da kann
man das wirklich nicht verlangen.« Auch Erika kommt langsam in Form. »Du weißt,
es geht ja bei uns nicht nur um die paar Pfündchen.«
    »Sondern um ein paar
Milliönchen, natürlich, weiß ich. Und trotzdem..., trotzdem solltest du es

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