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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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verschmähen sie nicht. Gewichtsverlust (im Grunde ein
falscher Terminus technicus, denn ein Verlust ist es ja wirklich nicht): 2 bis
3 Pfund.
     
    Merke: Safttage sind
anstrengende Tage. Gehen Sie früh schlafen, schlafen Sie auch am Tage (Motto:
Wer nachts viel schläft, soll wenigstens am Tage seine Ruhe haben), und von
Wein, Weib und Gesang ist Ihnen nur das Singen erlaubt.
     
     
    »Ich bin«, pflegt Sophokles zu
später Stunde zu klagen, »ich bin außerordentliches Mitglied der I. B. U.
(Internationalen Barkeeper Union). Ich habe im Mexiko-Hilton gearbeitet, bin
mit Ibn Saud um die Welt gereist und war drei Jahre bei Onassis. Glauben Sie
mir, ich habe was erlebt, aber was ich hier erlebe, das möchte ich nicht
erleben.« Er starrt angewidert auf eines der Schälchen mit feingewiegter roter
Bete und auf die Näpfchen mit Brunnenkresse, die kostenlos zu den Getränken serviert
werden. Er träumt vom rauchigen Geruch uralter Whiskys, von der Blume eines
Cognacs im bauchigen Schwenker, von dem schweren Aroma dunkler Sherryweine.
Wenn er nicht ab und zu seinen Ouzo hätte, Ouzo, den Anisschnaps seiner Heimat,
wäre er vielleicht schon über Bord gesprungen.
    »Meine Milli«, sagt der
Greifer, der gerade die Bar betritt.
    »Mit einem Dash Himbeersaft?«
fragt Sophokles und ist heilfroh, daß ihn niemand von der Branche hören kann.
Einen Dash Himbeersaft, es ist einfach eine Tragödie.
    »Heute nicht, bitte.«
    Der Greifer schwenkt seine
Wiegekarte mit der leuchtendroten Gewichtskurve.
    »Tendenz steigend, Sir?«
    »Man könnte es nicht besser
sagen.« Der Greifer schlürft seine Milli.
    »Dabei wäre ich um ein Haar
durch die Röhre gekommen. Lumpige zwei Zentimeter fehlten. Jetzt sind es wieder
vier.«
    »Verstehe«, sagt Sophokles, der
wie alle guten Barkeeper auch dann versteht, wenn er nichts versteht.
    »Es ist beschissen.« Der
Greifer ist in einer Stimmung, daß er ein Dutzend Birnen à la Hélène auf einen
Hieb verspachteln könnte. Aber das würde alles nur noch schlimmer machen. Dann
käme er überhaupt nicht mehr durch die Röhre. Röhre, Röhre, konnte er denn an
gar nichts anderes mehr denken?!
    Er zieht das Manuskript aus der
Tasche (84. Folge, »Der Greifer und die Ratten«) und liest zum hundertsten Mal
die Szene 23: »Rückseite des Lagerhauses. Außen. Nacht. Der Greifer wuchtet den
Schleusendeckel hoch, sieht sich nach allen Seiten um und zwängt sich in die
Kanalröhre.«
    »Ja, Maestro, lieber Maestro,
so traurig?« Annegret Radke zieht sich einen Barhocker heran und tätschelt ihm
die Wangen wie einem kleinen Buben. Sie selbst ist gar nicht traurig, und hat
auch keinen Grund dazu. »Wissen Sie schon das Neueste?« macht sie auf
geheimnisvoll.
    »Hügeli hat beim Wiegen wieder
berappen müssen.«
    »Das wäre ja nichts Neues.« Sie
legt den Finger auf den Mund. »Wir werden bald eine neue Aphrodite haben, und
wissen Sie, wer das sein wird?«
    »Trixi, Beatrix Dingsda, oder
so ähnlich.«
    »Das war die alte Aphrodite,
Maestro. Die neue heißt..., na nun raten Sie mal?«
    »Annegret Radke.« Der Greifer
hat heute seinen zynischen Tag.
    »Radke stimmt, aber Annegret
stimmt nicht, na?«
    »Erika Radke«, sagt der
Greifer, weil sonst kein Radke mehr an Bord ist.
    »Gewonnen!« Sie drückt ihm
einen Kuß auf die Wange und läßt einen Wortschwall los, dessen Fluten ihn
beinah vom Hocker schwemmen. »Na ja, unsere Erika, das Ekalein, ich hab’s ja
immer gesagt, die Erika, habe ich gesagt, das ist ein stilles Wasser, die wird
verkannt, unterschätzt wird die, aber wenn sie will, dann kann sie, und da
setzt sie sich durch, also, wie sie da vorhin auf die Waage steigt, wurde ja
inzwischen gottlob noch mal geprüft und extra geeicht. Die Waage, meine ich. Da
denke ich, ich höre nicht recht, und der gute Doktor kann es gar nicht fassen,
zeigt doch der Zeiger... Grobeinstellung, Feineinstellung, klirr, klirr, na,
Sie kennen das ja, warum sind Sie überhaupt so früh gegangen, na ist ja auch
egal, also der zeigt auf sage und schreibe Sechsundsechzig, Komma, fünf, acht
sieben. Das sind vierzehn Pfund. Vierzehn Pfund minus seit Beginn unserer
Reise. Was sagen Sie nun?«
    Durchfall müßte man haben,
denkt der Greifer, ganz gewöhnlichen Dünnschiß, meinetwegen auch den etwas
vornehmeren, vom Typ Diarrhoe canaria, Kanarische Krankheit. Wer den hat, hat
gut reden, oder besser, gut rennen, und gerannt ist sie, diese Erika, das muß
ihr der Neid lassen.
    »Sie sagen ja gar nichts,
Maestro?«
    »Respekt,

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