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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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merkwürdig geformte Nüsse, Fische, lebende Hühner an langen Stangen
mit dem Kopf nach unten, klaglos, stumm, ein kleines Mädchen wiegt ein Ferkel
auf dem Schoß, schwarze Zicklein, die ein zittriges »Mäh-Mäh« von sich geben,
als riefen sie nach ihrer Mutter, und überall Hunde, geprügelte, scheue,
halbverhungerte Hunde, deren Rippen man zählen kann.
    Trixi nimmt aus ihrem
Lunchpaket das dicke Schinkenbrot heraus und füttert damit einen besonders
elenden Hund, das heißt, zwei besonders elende Hunde, nein drei, vier, fünf,
ein Dutzend, bald ist sie von sämtlichen Hunden des Gran Zocco umringt, bei
denen es sich herumgesprochen hat, daß eine verrückte Touristin schieren
Schinken verfüttert. Sie flüchtet sich in eine angrenzende Gasse, begleitet vom
schadenfrohen Geschrei der Händler, kommt in die Es Siaghines, die Straße der
Wechsler, landet in der Gasse der Kupferschmiede.
    Himmel, was haben die für
schöne Sachen! Trixi ist in ihrem Elernent und beginnt augenblicklich zu
»wühlen«. Kannen, Kasserollen, Becken, Becher, Vasen, Aschenbecher,
Blumentöpfe, Schneckenpfannen, Kerzenleuchter— alles aus rotem leuchtendem
Kupfer. Ich muß der Mutter ein Souvenir mitbringen, klar, die Henkelkanne dort
wäre nicht übel, das heißt noch besser ist die große Pfanne, die würde sich gut
machen auf den blauen Kacheln von unserem Laden.
    Das Geschäft in Stuttgart, die
Mutter, sie kriegt plötzlich Heimweh, sie würde viel darum geben, wenn sie
jetzt in der alten Küche sitzen könnte, bei einer Maultasche und einem Glas
Trollinger, und durch die angelehnte Tür hören, wie Mutter fragt, ob es für
zwanzig Pfennig mehr sein darf.
    »Ya rejel asch-hal?« ruft Trixi
dem Händler zu. Das ist Arabisch und steht in ihrem »Kurzen Leitfaden der
arabischen Umgangssprache« als »Hallo, Herr, wieviel ist der Preis?«
    Der Händler schüttelt mit dem
Kopf, hebt fragend die Hände. Trixi ruft noch dreimal erfolglos »Ya rejel
asch-hal?«, dann sagt sie ärgerlich: »Trottel, was es kostet, will ich wissen«,
und will weitergehen.«
    Aber da strahlt der Händler,
verbeugt sich tief und sagt in schönem Deutsch: »Kostet 200 Dirham, gnädiger
Freundschaftspreis für eine Dame.«
    Sie handelt ihn auf 150 Dirham
herunter, den gnädigen Freundschaftspreis, und zieht befriedigt ab mit ihrer
Pfanne.
    Jemand zupft ihr am Ärmel ihres
blauweiß gestreiften Matrosenkleides. »Ich dir Tanger zeigen, Kasba, Große
Moschee, Sultanspalast mit die Frauenstall, gutt?«
    Vor ihr steht ein junger
Bursche in einer schmierigen Djellaba, auf dem Kopf ein Fez, der einmal rot
gewesen sein muß. Sein Gesicht ist von Pockennarben entstellt. »Danke«, sagt
sie, »danke, nein.« Den Harem des Sultan als Frauenstall zu bezeichnen, ist
schon gar nicht »gutt«.
    Sie geht weiter, bleibt bei
einem Silberschmied stehen, wieder das Zupfen, und wieder derselbe Kerl. »Du
Brillanten kaufen? Erste Waren, Smüggel aus Südafrique.«
    »Ich brauche nichts«, sagt
Trixi. Hartnäckig wie ein Staubsaugervertreter, der Kerl, dreimal
rausgeschmissen und durch die kalte Küche wieder rein. Sie geht rasch über
einen Platz, im Hintergrund das Minarett einer Moschee, rotblühende
Oleanderbäume in grünen Kübeln, ein kleines Café. Sie schiebt den Vorhang aus
Perlschnüren zur Seite, läßt sich in einen Korbsessel fallen.
    »Einen Tee, bitte«, sagt sie
und bekommt ein grünliches Getränk, in dem große Pfefferminzblätter
herumschwimmen. Er schmeckt stark, süß und ist erfrischend.
    Als sie nach einer halben
Stunde wieder auf die Straße tritt, steht der Pockennarbige vor ihr. Er muß ihr
gefolgt sein und hat die ganze Zeit auf sie gewartet.
    »Sigarett, Schweiz Huhren,
gutt?« fragt er.
    Das ist doch ein krommer Lomp,
ein Granatedackel, ein saudommer. Trixi merkt, daß sie nun langsam nervös wird.
Sonst würde sie nicht auf Schwäbisch denken. Sie nimmt ihren Leitfaden,
blättert darin und findet unter »Wichtige Redensarten« die Anmerkung: »Die
schnellste und entschiedenste Art der Verneinung ist ein lautes ›makasch‹.«
    Sie sagt es zur Sicherheit
gleich dreimal und sehr laut: »Makasch! Makasch! Makasch!«
    Sie dreht sich wütend um, biegt
in eine schmale Seitengasse, hastet in Richtung des Gran Zocco zurück, geht das
jetzt rechts oder links entlang, die Straße steigt an, sie kehrt um, sie hört
das Klatschen nackter Füße in ihrem Rücken, ein dunkler Torbogen, die Gasse der
Metzger, blutiges Fleisch, bedeckt mit krabbelnden grünen Fliegen,

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