Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
werden Wünsche erfüllt, bevor man sie
überhaupt ausgesprochen hat. Und dann sagte er zu.
Ein Schiff,
das schlank macht,
mit 90 — 60
— 90-kann man Millionen erben,
aber die
Verwandtschaft ist leider auch an Bord.
Trixi hört die Schiffssirene,
als sie an der Mole von Zeebrugge aus dem Bus klettert. Sie kriegt einen
Schreck. Wenn ein Schiff seine Sirene tönen läßt, will es abfahren. Sie denkt
tatsächlich »abfahren« und nicht »auslaufen«. Trixi ist eine Landratte und war
noch nie in ihrem Leben an Bord eines Schiffes.
»Verflixt, o verflixt und
Himmel, A...« Aber das sagt sie nicht, sondern nur noch »Zwirn«. Sie zerrt an
ihrem Taschenknirps, der nicht aufgehen will. Es regnet nämlich. Der Himmel
scheint ein Loch zu haben. So ausdauernd regnet es. Alles ist grau, naß,
trostlos. Aus schadhaften Regenrinnen sprudeln Fontänen, Pfützen breiten sich
aus. Und alles, alles ist furchtbar verwirrend. Die vielen Schilder: »Zur
Zollabfertigung«, »Zum Hafenamt«, »Zur Hafenpolizei«, »Zum Hafenzollamt«, »Zum
Restaurant«, »Zum Hafenkrankenhaus«, »Zur Wetterwarte«, »Zu den Toiletten«.
»Zum Schiff« steht
nirgendwo.
»Wo geht es zum Schiff?« fragt
Trixi einen wohlproportionierten Herrn mit Spiegelglatze und goldgeränderter
Brille.
»Da«, sagt er und macht eine
vage Bewegung mit seiner Zigarre, »da irgendwo, nehme ich an.«
Trixi ist der Herr auf Anhieb
sympathisch. Man kommt sich so schlank vor in seiner Nähe. Sie klemmt sich den
Schirm unter den Arm, nimmt die Koffer wieder auf, Gepäckträger gibt’s hier
auch nicht. Himmel, sind die Koffer schwer. Da könnten Steine drin sein. Es
sind aber keine Steine drin, sondern nur »ein paar Sachen«. Auf einem Schiff,
da muß man sich ein halbes dutzendmal am Tage umziehen. Das hat ihr der Butler
John erzählt.
»Ein Schatz, dieser John«,
denkt sie, »das mit dem Schlankheitskreuzer ist doch ein Knüller. Damit werde
ich sie schlagen, um Längen, das heißt um Pfunde.«
»Hänne— mäng, klang, ong— pong—
dong— ö— schnick!« macht ein Lautsprecher.
»Was hat er gesagt?« Trixi
wendet sich an eine fremde Dame. Die Dame trägt einen geblümten Regenmantel,
einen Südwester und eine randlose Brille. Es gibt sie in dieser Aufmachung
nicht nur einmal. Zwei andere Damen tragen ebenfalls geblümte Regenmäntel und
Südwester. Alle drei sind sie rosig, rundlich und lustig.
»Ich kann Sie nicht verstehen«,
antwortet die Dame, »der Lautsprecher ist so laut.«
»Schön, so eine Seereise«,
denkt Trixi und hockt sich auf den größeren ihrer beiden Koffer. Sie steckte
sich eine Zigarette in den Mund, kramt ihr Feuerzeug aus der Handtasche.
»Klick« macht es und »klick«, »klick«, muß wohl auch naß geworden sein.
»Gestatten.« Eine Flamme zischt
aus einem silbernen Gasfeuerzeug.
Trixi schaut auf. Vor ihr steht
jemand in einer dunklen Uniform mit goldenen Knöpfen, mit einer weißen Mütze,
die einen schwarzen Schirm hat, vom linken Rockärmel blinken zwei goldene
Streifen. Der Jemand ist schlank, hochgewachsen, breitschultrig, er hat eine
braune, vom Wetter gegerbte Haut, mit vielen Fältchen in den Augenwinkeln, die
Augen ganz schwarz, etwas schwermütig ihr Ausdruck.
»Danke«, sagt Trixi und zieht
verwirrt an ihrer Zigarette, »vielen Dank.«
»Kann ich irgend etwas für Sie
tun?« fragt der Mann in der Uniform.
»Ich wollte mit dem Schiff weg,
mit der ›Aphrodite‹, die hat aber jetzt schon das zweitemal getutet, und ich
weiß nicht, ob sie überhaupt noch...«
»Was da getutet hat«, sagt der
Mann und spricht das Wort »tuten« sehr gedehnt, »war ein Schlepper.«
»Sind Sie der Kapitän der
›Aphrodite‹?« fragt Trixi hoffnungsvoll.
»Noch nicht.« Er grinst ein
bißchen und mustert sie vergnügt.
Himmel, der hat Augen,
Kohlenaugen hat der und überhaupt…, verflixt gut schaut er aus. »Und wie sehe
ich aus?« Sie streicht sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht. »Wie ein
verregnetes Huhn.« Sie möchte im Boden versinken wie Rumpelstilzchen.
»Nun kommen Sie erst mal«, sagt
der Beau, als könne er Gedanken lesen. Er schnappt sich die beiden Koffer und
geht einfach los. Ein Zollbeamter macht mit einem Stück Kreide einen Kringel
auf jeden Koffer, dann stehen sie auf dem Kai.
»Da liegt er, unser Eimer«,
sagt er, und man merkt, wie stolz er ist auf das schlanke weiße Schiff, das
dort strahlend erleuchtet wie ein Weihnachtsbaum unter Dampf liegt.
»Das also ist die ›Aphrodite‹.«
Trixi
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