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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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staunt vor sich hin. »Eigentlich ein schöner Name.«
    »Wird aber verdammt selten
benutzt. ›Kalorienschaukel‹ sagen unsere Passagiere. Nicht sehr fein, wie?« Er
schaut sie an von oben bis unten. »Was wollen Sie eigentlich bei uns?
Ist doch alles da, wo es sein soll.«
    »Bis auf eine Kleinigkeit«,
sagt sie, »und die heißt: neunzig— sechzig— neunzig.«
    »Verstehe«, sagt er und
versteht nicht. Er denkt: »Schade, spinnt also auch, dabei sieht sie gar nicht
so aus.« Er winkt einen Gepäckträger heran, führt die Hand an die Mütze, sagt
förmlich: »Angenehme Tage an Bord wünsche ich.«
    Trixi folgt dem Gepäckträger
über die Gangway in Richtung »2. Klasse«.
    Auf dem Promenadendeck der »1.
Klasse« steht Annegret Radke mit Tochter Erika. Erika läßt ihr Fernglas sinken
und meint: »Die kleine Blonde da eben sah beinah aus wie Beatrix.«
    »Erschreck einen doch nicht
so«, sagt Frau Radke und reißt ihr das Fernglas aus der Hand...
    »Muß i denn, muß i denn zu— zum
Städtele hinaus, Städtele hinaus, und du, mein Schatz, bleibst hie«, spielen
alle Hafenkapellen in allen Häfen der Welt, wenn ein Passagierdampfer ausläuft.
Und die Schätze, die hie-bleiben, stehen auf dem Kai und rufen zum Deck hinauf:
»Komm gesund wieder« oder »Schreib bald« oder »Paß schön auf dich auf«.
    Jedenfalls hatte Trixi so etwas
erwartet, als sie sich an der Reling des Hauptdecks postierte. Bei der
»Aphrodite« aber war das alles, alles anders.
    »Wir wollen niemals
aus-ein-an-der-gehn«, spielt die Hafenkapelle. Und die Zurückbleibenden rufen:
»Vor allen Dingen keine Kartoffeln« und »Dreimal täglich, du weißt schon« und
»Abends deinen Apfel, gell?«
    »...nie-mals
aus-ein-an-der-gehn«, summt Trixi vor sich hin und schaut versonnen auf die
Menschen, die lachend und lärmend und winkend auf dem Kai stehen.
    »Besonders hier oben rum
nicht«, sagt die Frau neben ihr.
    »Wieso?« fragt Trixi, die schon
als Kind eine etwas längere Leitung hatte.— »Na so«, sagt die Frau und legt
ihre geöffneten Hände unter ihren Busen.
    »Ach so«, lacht Trixi und legt
ihre Hände an den eigenen.
    »Genau so.« Es ist die Frau,
die es dreimal gibt. Die mit dem geblümten Regenmantel, dem Südwester und der
randlosen Brille. Im Moment ist sie nur einmal da. Die beiden anderen sind ihre
Schwestern und wechseln gerade beim Zahlmeister dänische Kronen in portugiesische
Escudos. Lissabon ist nämlich der erste Hafen, den die »Aphrodite« anlaufen
wird.
    Trixi teilt sich mit den
Schwestern eine Vierbett-Kabine. Die Schwestern sind Däninnen und heißen
Nielsen. Kerstin Nielsen, Karen Nielsen, Krista Nielsen. Wie sich das für
Däninnen gehört. Die Nielsens sind direkt aus Kopenhagen und Mitglieder des
Damenkegelklubs »Spillekegler«. Mit ihren Vereinsschwestern haben sie gewettet,
daß sie zu dritt soviel abnehmen werden, wie die leichtestes von ihnen wiegt.
    »Ssu dritt an Bord, ssu ssweit
wieder runter, so wollen wir in den Kampf ssiehen«, sagt Kerstin Nielsen, die
Deutsch fast so schön spricht wie Vivi Bach. Mit den vielen »ß« anstelle der
»z« und den vielen »sch« statt der »ch«.
    »Ein Kampf wird’s bestimmt. Mir
wird schon ganz mies, wenn ich nur dran denke. An den Fraß, den die uns hier
auftischen werden.« Vor Trixis geistigem Auge erscheint der
Sparkassenangestellte aus Cannstatt und sein Tapetenkleister, und sie seufzt
tief. »Haben Sie auch immer so Kummer mit ihre BH’s?« fragt Kerstin und wirft
einen diesbezüglichen Blick auf Trixi. »Sie bieten mir immer Körbschen B, ich
brauche aber Körbschen C mindestens, und die Verkäuferin streitet herum, da
nehme ich doch Körbschen B, und zu Hause, da muß ich dann quetschen. Müssen Sie
auch immer quetschen?«
    »Ich mußte schon in der Schule
quetschen.« Trixi findet es herrlich so ein Geratsche. Es ist etwas, was nur
eine Frau mit einer anderen Frau haben kann. Männer können so was nicht
verstehen. Sie fühlt sich plötzlich gar nicht mehr einsam auf dem großen
fremden Schiff. Wie zu Hause ist ihr auf einmal. »In der Obersekunda hat mir
deswegen jemand mal ‘n Brief ins Lateinbuch geschmuggelt. Da standen Sachen
drin, na, ganz schön frech.«
    »Oh, erssählen Sie die
Freschheit«, bittet Kerstin neugierig.
    »Es war ein Gedicht, und ich
kann es heute noch auswendig. ›Was quetschest du die armen Dinger, was schnürst
du sie ein? Ach, erlaube meinem Finger, daß er sie darf befrei’n.«‹
    Kerstin kriegt einen puren
Lachanfall und

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