Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
während er sich die Achselpartien behutsam mit »He-Man« parfümiert, kommt
ihm die Erleuchtung. Er weiß plötzlich ganz genau, was er tun muß.
Klingeln muß er erst mal. Er
drückt auf den Klingelknopf.
Der Butler John kommt. »Sie
haben geläutet, Sir?« fragt er, weil alle Butler das fragen, auch wenn sie es
genau wissen.
»John«, sagt Stutterbold und
weiß nicht recht, wie er anfangen soll, »ich habe da ein Problem. Zigarre?« Er
bekommt einen Korb und zündet sich selbst eine an. Er hüstelt verlegen, sagt
schließlich: »John, Sie kennen doch unsere drei deutschen Damen. Wenn ich Sie
jetzt fragen würde, welcher dieser Damen Sie das Erbe am meisten gönnten, wen
würden Sie nennen?«
»Es hat noch niemals zu meinen
Obliegenheiten gehört, mir eine Meinung zu bilden, Sir. Und schon gar nicht
angesichts schwerwiegender Probleme.« Er räuspert sich. »Im übrigen bin ich für
Miß Beatrix, Sir.«
Stutterbold unterdrückt ein
erleichtertes Grinsen. »Ausgezeichnet, John. Ich glaube, auch Mrs. Hold hätte
so gedacht. Und nun hören Sie mir mal gut zu.« Nachdem der Butler gut zugehört
hat, führt ihn Stutterbold in sein Privatbüro. Nach zirka zehn Minuten
verlassen sie das Privatbüro und begeben sich zum Lift. Butler John fährt
aufwärts. Jim Stutterbold fährt abwärts.
Trixi steht vordem Spiegel
ihres im 38. Stockwerk gelegenen Zimmers und ist nackt. Das Spiegelbild gefällt
ihr nicht, und sie ahnt, daß daran nicht der Spiegel schuld ist.
Sie schlägt sich mit der
flachen Hand mal hierhin, mal dahin und murmelt dumpf: »Da muß was weg.«
Klatsch.
»Dort muß was weg.« Klatsch.
Sie dreht sich, verrenkt den
Hals und konstatiert, daß dort hinten noch mehr weg muß. Klatsch, klatsch.
Sie zündet sich eine Zigarette
an, setzt sich in den Ledersessel und macht »Huch«. Leder ist kühl, wenn man
sich nackt draufsetzt. Sie kann sich noch immer im Spiegel sehen, und jetzt, wo
sie sitzt, findet sie sich richtig dick. Wer sich zu dick findet, findet sich
auch mies. Wer sich mies findet, findet alles sinnlos. Wer alles sinnlos
findet... Trixi steigert sich hinein in einen Komplex aus Korpulenz und
Minderwertigkeitsgefühlen.
»Pah!« macht sie und streckt
sich die Zunge heraus. So wenig kann sie sich noch leiden.
»Ach, soll sie doch der Teufel
holen, wenn sie nicht schon bei ihm ist!« Ihre ganze Wut richtet sich gegen die
tote Tante. Es ist unmoralisch, ein solches Testament zu machen! Es ist eine
Gemeinheit! Und außerdem...
Und außerdem klopft’s. Sie
schreit: »Moment, bitte!«, schlüpft in den Morgenmantel und öffnet die Tür.
Draußen steht der Butler,
dunkle gestreifte Hosen, dunkles Jackett, weißes Hemd, Fliege, korrekt bis auf
das I-Tüpfelchen. »Das Abendessen, gnädiges Fräulein«, sagt er und bugsiert mit
diskretem Schwung ein Wägelchen ins Zimmer.
»Das Abendessen«, wiederholt
Trixi. Sie kann sich nicht entsinnen, etwas bestellt zu haben. Sie will kein
Abendessen. Sie will überhaupt nichts essen. Und schon gar nicht in diesem
Moment. Im selben Augenblick spürt sie ein nagendes Hungergefühl.
Der Butler deckt schweigend den
Tisch, klimpert mit Silber, hantiert mit kostbaren Porzellanen, mit
geschliffenen Gläsern, setzt eine Vase mit einer einzelnen Maréchal-Niel-Rose
in die Mitte, tritt zurück, sagt: »Wünsche wohl zu speisen, gnädiges Fräulein.«
»Danke«, sagt sie und schaut
auf den Tisch. Auf der Silberplatte breitet sich Spinat. In Schalen und
Schälchen ruhen geschnittene, ungeschälte, rohe Kartoffeln, rohe
Selleriewurzeln, roher Salat, roher grob geraffelter Kürbis. Aus den Gläsern
schimmern Möhren-Joghurts, Gurkendrings, Buttermilch-Cocktails. Riesige grüne
Salatblätter vermitteln den Eindruck einer Wiese.
»Bin ich ein Kaninchen?« fragt
Trixi entsetzt.
Für ein Nagetier hält sich
Trixi angesichts der Rohkostplatte und ist entsetzt. Das aber sollte sich
nicht, denn Rohkost ist ja soooo gesund. Rohkost zwingt erstens das vom Körper
gespeicherte Kochsalz raus (und damit das vom Salz gebundene Wasser), stoppt
zweitens den Appetit und auch den Durst, senkt drittens den Blutdruck,
entgiftet und erhöht die Durchblutung, führt viertens dem Körper wertvolle
Vitamine zu. Die rohe Kost kann also allerhand, und wer sich einmal in der
Woche hingibt, nimmt zwar nur langsam ab, doch dafür stetig, genauer gesagt: 4
bis 5 Pfund im Monat.
Rohkost ist übrigens alles, was
pflanzlich ist und ungekocht auf den Tisch kommt. Für den Tag der Tage
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