Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
stöhnt zwischendurch immer wieder. »Oh, die armen Dinger!« Trixi
muß mitlachen, weil Kerstins Lachen so ansteckend ist wie Masern.
»Was für arme Dinger?« fragt
jemand hinter ihnen.
Trixi fährt herum. Vor ihr
steht der Offizier, der ihr am Zoll die Koffer abgenommen hatte. Der mit der
schicken Uniform und den Kohlenaugen. Sie spürt, wie sie rot wird. Es ist
albern, mit einundzwanzig noch rot zu werden, aber man kann gar nichts dagegen
machen. »Es sind Dinger, ich meine, es sind Dinge, die einen Mann nicht
interessieren«, sagt sie und versucht streng zu blicken.
»Monsieur Cantal wird eine
andere Meinung haben, hierin«, sagt Kerstin und prustet sofort wieder los. Sie
beißt sich auf die Lippen und meint: »Beatrix, das ist René Cantal, unser
Erster Offizier. Sie werden ihn bestimmt noch näher kennenlernen.«
»Wir hatten schon einmal das
Vergnügen«, sagt der Erste und denkt: Das ist doch die Spinnerte, die mit den
90— 60— 90, oder was sie da gefaselt hatte, aber hübsch ist sie, verdammt
hübsch und verdammt gute Figur, ein Jammer, wenn da allzuviel runterkäme auf
dieser Fahrt. Und so was Leckeres wohnt im Unterdeck, in einer Vierbett-Kabine,
nun, man wird sehen, was sich da arrangieren läßt. »Sie entschuldigen mich,
meine Damen, wir legen gleich ab, ich muß auf die Brücke.« Nonchalant fährt die
Hand an den Mützenschirm.
Die Nielsen schaut ihm
bewundernd nach, schnalzt mit der Zunge: »Das ist so einer. Wenn das Schiff in
einen Hafen einläuft, kommt gleisch eine Braut, manchmal kommen auch sswei, da
hat er Krach, und er nimmt einfach eine vom Schiff, um die anderen beiden ssu
ärgern. So ist er.«
»Woher kennen Sie ihn?« fragt
Trixi und findet, daß dieser Offizier ein ziemlich arroganter Kerl ist und
diese Knopfaugen und die affige Uniform...
»Isch war schon einmal hier an
Bord, vor sswei Jahre. Man hatte mich auf Kürbis gesetzt. Kürbisbrei,
Kürbisscheiben, Kürbissuppe, Kürbispüree. Wie ich nach Hause komme, sagt mein
Pappa: ›Kerstin‹, sagt er, ›du siehst krank aus, wir müssen dir aufpäppeln‹.«
Sie setzt ergeben hinzu: »Pappa hat einen großen Bauernhof am Isefjord.«
Trixi schaut Kerstin von der
Seite her an und stellt fest, daß Pappa Nielsen vollen Erfolg gehabt hat.
Was den Kürbis betrifft, so
kann man nur auf gut bayrisch sagen: »Wer’s mog, für den is’ heegste (höchste)«.
Für Kerstin Nielsen war es das allem Anschein nach nicht, aber man muß sich ja
nicht gleich total auf den »Kürbis setzen lassen«— eine Woche Kürbis genügt ja
schon, um 5, ja 6, ja 7, ja sogar 10 Pfunde (je nach der vom Körper
gespeicherten Wassermenge) loszuwerden.
Die fleischige Frucht,
lateinisch cucurbita, steht in der Kalorientabelle ziemlich weit unten: 100
Gramm Kürbis enthalten nur 28 Kalorien (zum Vergleich: 100 Gramm Erbsen 93 KAL,
100 Gramm Mais 361 KAL). Am einfachsten zuzubereiten und am wirkungsvollsten
ist er in Form von Brei. Dazu wird der Kürbis zerkleinert, in Zitronenwasser
gekocht, zu Mus verrührt und mit Honig veredelt. Oder Sie würfeln ihn, träufeln
den Saft einer Pampelmuse darüber, schmecken ab mit Honig und Zimt, streuen
feingehackte Nüsse darüber. Oder: In dicke Scheiben schneiden, in Ei und
Semmelmehl wälzen (die Scheiben natürlich, nicht Sie sich), das ganze in die
Röhre und warten, bis es unter Zugabe von wenig Fett goldbraun wird.
Merke: Kürbis ist das
unentdeckte Gemüse. Sie werden ihm auch noch treu bleiben, wenn Sie längst
wieder schlank sind. Es gibt noch eine Reihe guter Rezepte, ihn lecker
zuzubereiten, die man in allen einschlägigen Kochbüchern findet.
Stutterbold sitzt in der
Couchecke seiner Luxuskabine und studiert den Decksplan der TS »Aphrodite«.
»Sportdeck – Bootsdeck -Promenadendeck— Hauptdeck— A-Deck— Oberes Zwischendeck—
Unterdeck.« Es wimmelt nur so von Decks.
Er macht ein Kreuz auf die
Spitze des Bootsdecks. Dort hat er sein Appartement. Ein weiteres Kreuz malt er
in die Mitte des Promenadendecks. Dort wohnen Frau Annegret Radke und ihre
Tochter Erika (Zweibett-Außenkabine, 1. Klasse). Im Unterdeck
(Vierbett-Innenkabine, 2. Klasse) wohnt das Fräulein Beatrix Sommer.
Es ist kein Zufall, daß die Radkes
1. Klasse reisen und Beatrix 2. Klasse. James P. Stutterbold überläßt
nichts dem Zufall. Die beiden Klassen sind durch das Promenadendeck voneinander
getrennt. An den Treppenaufgängen zur 1. Klasse steht »Zutritt für Passagiere
der 2. Klasse verboten«. Das
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