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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Gespanne so bald wie möglich wieder auf den gräflichen Feldern und Wiesen sehen.
    Bei ihren Besuchen hörte Gisela sich die Klagelieder der Mamsell an und war froh, dass diese im Gegensatz zu Cäcilie nicht andauernd von dem Wesen sprach, das unter ihrem Herzen heranwuchs. Mittlerweile war sie ganz sicher, schwanger zu sein, und trug dies als Last, von der sie nicht einmal die Jungfrau Maria befreien konnte.
    »Ich weiß nicht, was in die Gräfin gefahren ist. Walther wird dir gewiss erzählt haben, welche Steine sie ihm in den Weg legt. Dabei denkt man, sie will durch den Holzverkauf rasch an Geld kommen. Aber wie es jetzt aussieht, wird sich alles bis ins nächste Jahr hinziehen«, prophezeite Luise Frähmke an diesem Morgen düster.
    »Bis ins nächste Jahr sagen Sie?« Gisela presste erschrocken die Hände zusammen. Sie wusste, dass Walther diese Aufgabe nicht unvollendet zurücklassen würde. Doch wenn sie Renitz erst im nächsten Jahr verlassen konnten, würde sie ihren Vergewaltiger bis dorthin immer wieder sehen müssen. Vielleicht würde Graf Diebold sogar damit prahlen, der Vater ihres Kindes zu sein. Damit würde sie Walthers Vertrauen für immer verlieren. Womöglich würde er sich enttäuscht von ihr abwenden und allein in die Neue Welt auswandern. Dann bliebe ihr nur die Wahl, wie die arme Osma ins Wasser zu gehen oder mit dem Makel der Schande behaftet weiterzuleben und ihr Brot als Tagelöhnerin zu verdienen.
    Da Luise Frähmke ihren eigenen Problemen nachhing, entging ihr Giselas Erschrecken. Stattdessen beklagte sie sich über die Kleinlichkeit der Gräfin, die bereits beim Brot für die Arbeiter geizte. »Seit Seine Erlaucht nicht mehr ansprechbar ist, hat sich vieles zum Schlechten gewendet. Noch schlimmer wird es sein, wenn der junge Herr hier das Sagen hat. Gegen den ist die Mutter noch harmlos, sage ich dir. Er hat Imma dafür, dass sie sich ihm gegenüber so bereitwillig gezeigt hat, nicht einen Groschen gegeben. Stattdessen wurde sie von der Zofe der Gräfin gescholten, weil sie nicht rechtzeitig mit ihrer Arbeit fertig geworden ist.«
    Es drängte Gisela, ihr beizupflichten, dass Graf Diebold ein Lump und ein Schurke war, aber da eben eine der Mägde vorbeihuschte, stupste sie ihre mütterliche Freundin an. »Seien Sie vorsichtig, Frau Frähmke! Nicht, dass jemand Ihre Worte an die Herrin weiterträgt.«
    Luise Frähmke nickte Gisela dankbar zu. »Hier muss man wirklich achtgeben, was man sagt. Aber dieses Denunziantentum ist nicht der Bosheit der Leute geschuldet, sondern ist eines der Mittel der Gräfin, um absoluten Gehorsam von ihren Bediensteten zu erzwingen. Ihre Zofe, dieses Biest, sitzt wie eine Spinne im Netz und sammelt alles, was sie gegen andere verwenden kann. Sie schreibt sogar Briefe an den jungen Herrn, damit dieser erfährt, was hier auf Renitz vor sich geht!«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Gisela leise. »Sie sind doch seit zwei Jahrzehnten die rechte Hand der Gräfin. Weshalb lässt die Herrin durch ihre Zofe nun Unruhe ins Schloss bringen?«
    »Da müssten wir sie schon selbst fragen. Ich weiß es nicht«, seufzte Luise Frähmke und stand auf. »Aber jetzt muss ich wieder an die Arbeit. Es ist bedauerlich, dass du nicht mehr im Schloss lebst. Du hast mir früher sehr viele Dinge abgenommen, auf die ich nun wieder selbst achten muss.«
    »Ich werde auch nach Hause gehen. Wenn Walther zurückkommt, muss das Abendessen auf dem Tisch stehen.« Gisela verabschiedete sich mit gespielter Fröhlichkeit und verließ das Schloss.
    Luise Frähmke wandte sich wieder ihren Pflichten zu und sagte sich, dass sie diesen früher freudiger nachgegangen war.

10.
    A m nächsten Tag beschloss die Mamsell, dass es so nicht weitergehen könne. Daher verließ sie das Schloss und machte sich auf den Weg zum Forsthaus. Zu ihrer Verwunderung fand sie dort die Tür verriegelt. Da sie Geräusche hörte, klopfte sie.
    Gisela fragte von drinnen, wer da sei. Kaum hatte sie ihren Namen genannt, öffnete die junge Frau die Tür und ließ sie ein. »Willkommen! Was für eine schöne Überraschung. Darf ich Ihnen einen Becher Schlehenwein einschenken?«
    »Wenn es der Schlehenwein ist, den Walther angesetzt hat, gerne. Wo ist er denn?«
    »Er ist bereits seit dem Morgengrauen im Wald«, antwortete Gisela.
    »Hat ja auch genug zu tun. Genau wie ich. Deshalb bin ich im Übrigen gekommen!« Luise Frähmke wartete, bis Gisela ihr den Schlehenwein eingeschenkt hatte, nahm den Becher entgegen und trank

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