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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ungeduldig.
    Walther deutete mit seiner Linken auf den aufdringlichen Matrosen. »Ich mag es nicht, wenn jemand meine Frau anfasst. Das solltest du dem Kerl sagen. Er könnte seine gesunden Knochen riskieren.«
    »Jetzt reg dich doch nicht auf. Der arme Lucien hat sich gewiss nichts Böses dabei gedacht«, versuchte Bertrand abzuwiegeln.
    Da Lucien in den vergangenen Tagen schon mehrfach Frauen bedrängt hatte, schnaubte Walther nur und führte Gisela nach unten zu ihrem Platz. Dort band er seinen Koffer los, holte die Pistole heraus, lud sie und versteckte sie unter seinem Rock. Dabei war er froh um das schlechte Licht im Zwischendeck, verhinderte es doch, dass ihn jemand beobachten konnte.
    »Ich hoffe, es gibt bald Abendessen«, seufzte Gisela neben ihm.
    Walther zog seine Taschenuhr und versuchte die Zeiger abzulesen, doch es war zu dunkel. Daher legte er tröstend den Arm um seine Frau. »Es wird nicht mehr lange dauern, mein Schatz. Aber diesmal darfst du nicht ablehnen, wenn ich dir ein wenig von meiner Portion abgebe. Du musst immerhin für zwei essen.«
    Versonnen lehnte Gisela sich gegen ihn und strich sich dabei über den Leib, der sich mittlerweile sichtbar wölbte. Sie musste im fünften Monat sein und hatte damit noch vier vor sich. Daher fragte sie sich, ob sie bis dorthin einen Platz gefunden haben würden, der ihre neue Heimat werden konnte. Immerhin würden sie nicht an der Stelle anlanden, die Walther geplant hatte. Ihr war es im Grunde gleichgültig, wo sie anlangten, Hauptsache, sie konnte ihr Kind unter ihrem eigenen Dach gebären.
    Auf einmal klangen ungewohnte Geräusche auf und unterbrachen Giselas Grübeln. Da das Schiff immer noch sehr ruhig lag, hatten Thomé und Arlette offenbar eine ihrer Decken unter ihren Hängematten ausgebreitet und mit dem begonnen, was Eheleute im Allgemeinen des Nachts in ihren Schlafzimmern machten. Beide ließen sich dabei ganz von ihren Gefühlen hinreißen und gaben Töne von sich, die im ganzen Zwischendeck zu hören waren.
    Einige Eltern drehten ihre Kinder so, dass sie nicht zusehen konnten, oder schlangen Decken um sie. Die meisten Passagiere aber waren zu abgestumpft, um sich über das Verhalten des Paares aufzuregen.
    Gisela drehte sich voller Abscheu um. »Die beiden benehmen sich wie Tiere, die in die Ranzzeit gekommen sind, und das vor allen Leuten«, sagte sie zu Walther.
    Dieser dachte daran, dass er in ruhigeren Nächten mehrfach Paare gesehen hatte, die ihrer Natur freien Lauf ließen. Zu jenen Zeiten aber hatten die meisten Passagiere geschlafen. So schamlos, sich bei Tag vor allen Leuten zu paaren, war noch niemand gewesen.
    »Pack schlägt sich, Pack verträgt sich«, antwortete er und fragte sich, ob er nicht zu hart über das Ehepaar urteilte. Immerhin verzichtete er selbst nur sehr ungern darauf, mit Gisela intim zu werden. Er konnte es kaum erwarten, das Versäumte nachholen zu dürfen, sobald sie an Land eine Unterkunft gefunden hatten. Noch war ihre Schwangerschaft nicht so weit fortgeschritten, sie daran zu hindern. Er tätschelte ihr lächelnd die Hüfte und hauchte ihr einen Kuss hinters Ohr. »Denke nicht an diese Leute, mein Schatz, sondern an die Zukunft, die uns erwartet, an unser Kind und an seine Geschwisterchen, die noch kommen werden!«
    »Ja, an die denke ich!« Gisela nahm sich fest vor, Walther nicht zu enttäuschen und ihm Kinder zu schenken, von denen sie wusste, dass er der Vater war. Noch während sie darüber nachsann, wurde die Luke geöffnet, und Bertrand kam mit seinen Helfern herab, um das Abendessen auszuteilen. Als Gisela Lucien erkannte, verzog sie das Gesicht. Der Mann war ihr von allen Besatzungsmitgliedern am meisten zuwider.
    Die Matrosen kamen wie immer zuerst ganz nach vorne und mussten dabei an dem Paar vorbeigehen, das immer noch mit sich selbst beschäftigt war. Während Bertrand nur spöttisch lachte, sah Lucien aus, als würde er den Mann am liebsten von der Frau losreißen und dessen Werk selbst vollenden. Erst ein scharfer Ruf von Bertrand brachte ihn dazu, weiterzugehen.
    Gisela und Walther erhielten wie immer als Erste ihren Anteil. Allerdings hielt Gisela ihr Schultertuch diesmal so, dass es auch ihr Gesicht verhüllte. Prompt machte Lucien eine anzügliche Bemerkung, ging dann aber weiter und musterte die übrigen Frauen so intensiv, als hätte er noch nie ein weibliches Wesen gesehen.
    Kurz darauf waren die Matrosen wieder verschwunden, und die Passagiere konnten in Ruhe essen. Walther gingen

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