Das goldene Ufer
meine Männer zu bestrafen, wenn sie etwas angestellt haben! Ihr hättet die Sache morgen Bertrand unterbreiten können, damit er es mir meldet.«
»Und den Schuft vielleicht noch weitermachen lassen, was?«, brüllte Martin Jäger den Kapitän an.
»Das Weibsstück wird wohl kaum einen Schaden davontragen!« Der Spott des Kapitäns traf Martin wie ein Schlag, und er hob die Faust.
»Dafür werden Sie bezahlen, Buisson, wie für so vieles, was hier an Bord geschehen ist. Wenn wir in New Orleans angekommen sind, werden wir bei den Behörden Klage gegen Sie erheben. Darauf können Sie sich verlassen.«
Das Gesicht des Kapitäns verfärbte sich tiefrot. »Du Lumpenhund willst mir drohen? Das ist Meuterei, und dafür gibt es nur eine Strafe.« Mit diesen Worten legte Buisson die Pistole auf Martin Jäger an.
Als Walther begriff, dass der Kapitän wirklich schießen würde, zog er ebenfalls seine Waffe und zielte auf Buisson. »Halt! Wenn Sie diesen Mann umbringen, schieße ich Ihnen eine Kugel in den Kopf – und das meine ich ernst!«
Buisson starrte ihn fassungslos an. »Das ist Meuterei!«, wiederholte er, ließ seine Waffe jedoch sinken.
»Das, Kapitän, werden wir in den Vereinigten Staaten vor Gericht ausmachen. Und nun gehen Sie, und wagen Sie es ja nicht, gegen einen von uns etwas zu unternehmen.«
»Weshalb hast du diesem Kerl die Pistole nicht abgenommen?«, herrschte Buisson Bertrand an.
Der zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich habe ihm gesagt, dass es den Passagieren verboten ist, Waffen bei sich zu tragen. Aber er hat sie nicht abgegeben.«
»Idiot!«, knurrte der Kapitän und warf Walther einen hasserfüllten Blick zu. »Wir zwei haben das letzte Wort noch nicht miteinander gesprochen, das schwöre ich!« Er wollte noch etwas sagen, da ging mit einem Mal ein heftiger Ruck durch das Schiff. Da oben gleichzeitig erschreckte Rufe aufklangen, kletterte Buisson eilig an Deck.
Bertrand folgte ihm, blieb aber auf einer der obersten Stufen stehen und drehte sich noch einmal zu Walther um. »Es war sehr dumm von dir, sich den Zorn von Capitaine Buisson zuzuziehen. Ich schätze, deine Frau wird New Orleans nur als Witwe erreichen. Hoffentlich ist sie als Hure gut genug, um nicht zu verhungern!«
Nach diesen Schmähworten wollte Bertrand ganz an Deck steigen, doch da traf ein erneuter Stoß das Schiff. Der Matrose verlor den Halt und stürzte kopfüber herab. Einen Augenblick lang gellte sein Schreckensschrei in Walthers Ohren, dann brach der Laut mit einem heftigen Knacken ab. Als sich die Passagiere dem Matrosen näherten, sahen sie, dass er sich bei dem Aufprall das Genick gebrochen hatte.
Während Gisela und einige andere Frauen erschrocken das Kreuz schlugen, wand Martin Jäger dem Toten die Pistole aus der Hand. Diese war zum Glück nicht losgegangen, und als er die Ladung prüfte, fand er sie schussfertig.
»So ist es gut! Jetzt riskieren Buisson und seine Lumpenhunde einiges, wenn sie uns angreifen wollen«, rief Jäger Walther zu.
Dieser nickte grimmig. »Wir werden es ihnen nicht zu leichtmachen. Wenn die glauben, sie können mit uns umgehen wie mit Vieh, haben sie sich getäuscht! Notfalls schlagen wir die Luke auf und stürmen das Deck. Wir sind mehr Männer, als Buisson zählt, und wir sind auch nicht ohne Waffen!«
Mit diesen Worten band er seinen Koffer los, öffnete ihn und holte die Doppelbüchse, das Pulverhorn und die Blechbüchse mit den verschiedenen Geschosskalibern hervor. Sorgfältig lud er den Schrotlauf der Waffe mit Rehposten und den zweiten Lauf mit einer Kugel.
Thierry grinste böse, zog sein Messer und schliff es demonstrativ an einem Metallbeschlag. »Ich werde dafür sorgen, dass Buisson für den Tod meines Vaters bezahlt!«
Auch andere Passagiere rüsteten sich mit allem aus, was sich als Waffe verwenden ließ. Sie hatten Wochen der Demütigung und des offenen Betrugs durch den Kapitän und seine Mannschaft ertragen, doch Luciens Tat hatte sie aufgerüttelt.
Gisela war zu Gertrude geeilt, um dieser zu helfen oder wenigstens Trost zuzusprechen. Diese saß zuerst wie versteinert da, dann aber schüttelte sie sich, stand auf und durchsuchte den toten Bertrand. Er hatte nicht mehr als sein Messer und einen Geldbeutel bei sich. Letzteren wog sie kurz in der Hand und warf ihn dann Thierry zu. »Hier! Ihr habt von diesen Hunden am meisten erleiden müssen.«
Der Normanne rang sichtlich mit sich. Dann reichte er ihn Gertrude zurück. »Nimm es als Entschädigung für das,
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