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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ligny wird der nämlich vermisst.«
    Der Fähnrich versetzte der Frau einen heftigen Hieb mit seiner Reitpeitsche. »Dir werde ich deine Frechheiten schon austreiben, du papistisches Miststück!«
    Walther ballte empört die Fäuste, und als Diebold von Renitz auch noch Gisela einen Hieb mit der Reitpeitsche überzog, musste Reint Heurich ihn festhalten.
    »Mach keinen Unsinn, Kleiner! In der Armee kommt ein Offizier für unsereinen gleich hinter Gottvater persönlich, auch wenn es nur ein lumpiger Fähnrich ist! Der dort ist noch dazu der Sohn vom Oberst! Daher glaubt er, sich alles herausnehmen zu können.«
    Mittlerweile ritt der junge von Renitz in die Richtung, aus der die Truppe gekommen war.
    »Es passt dem Herrn wohl nicht, dass er sich auf die Suche nach Nachzüglern begeben muss«, warf ein anderer Soldat ein.
    Besorgt trat Walther zu Gisela. »Tut es sehr weh?«
    Das Mädchen schniefte, schüttelte dann aber den Kopf. »Es geht! Danke, dass du gefragt hast.«
    »Bist ein braver Bursche, Walther Fichtner«, setzte die Wachtmeisterin hinzu.
    Dann stupste sie Gisela an. »Komm mit! Dort hinten sind Marketenderinnen. Vielleicht wissen die etwas von den Trosswagen.«
    Gisela folgte ihr, wandte sich nach ein paar Schritten aber noch einmal zu Walther um. »Danke, dass du mir vorhin aufgeholfen hast! Alleine hätte ich es wohl nicht geschafft, denn der Schlamm war einfach zu tief.«
    »Aber das war doch nicht der Rede wert!«
    Ein Ausruf von Reint Heurich übertönte Giselas scheue Antwort. »Jetzt könnte ich etwas zu essen vertragen! Mit leerem Magen kämpft es sich schlecht, und ich habe verdammt das Gefühl, dass wir heute oder spätestens morgen den Franzosen gegenüberstehen.«
    Diese Bemerkung rief Walther wieder ihre Situation ins Gedächtnis, und er horchte besorgt auf den lauter werdenden Kanonendonner. »Kommen die auf uns zu?«
    Sein großer Freund schüttelte mit verkniffener Miene den Kopf. »Der Wind hat gedreht, daher hören wir es deutlicher. Aber ich glaube, unser Oberst ist zu einem Entschluss gekommen. Im Zweifel ist er schlecht für uns, aber was soll’s? Krepieren muss jeder einmal.«
    Heurich rückte seinen Tornister zurecht und putzte den Kolben seiner Muskete, auf die er sich während des Marsches gestützt hatte. Die anderen Soldaten taten es ihm gleich. Jeder von ihnen wusste, dass ein schussbereites Gewehr den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten konnte.
    Walther holte seine Trommel heraus, legte die Umhüllung fein säuberlich zusammen und verstaute sie in seinem Tornister. Dann fettete er das Trommelfell ein, obwohl er das bereits vor der Schlacht bei Ligny getan hatte. Es half ihm, seine Nervosität im Zaum zu halten. Aber vor der Angst gab es keinen Schutz.

2.
    E ndlich kehrte einer der zur Erkundung ausgesandten Offiziere zurück und erstattete noch im Sattel dem Oberst Meldung. Walther konnte zwar nicht hören, was der Mann sagte, sah aber die Hauptleute und Leutnants umgehend zu ihren Kompanien eilen.
    »Abmarsch!«, herrschte der Hauptmann ihrer Kompanie Reint Heurich und die anderen Soldaten an.
    In ihrer Erschöpfung hatten sich einige Männer in den Matsch sinken lassen und wollten nicht aufstehen, doch die Unteroffiziere trieben sie mit Stockhieben und rüden Worten auf die Beine. Dabei tat sich der Wachtmeister ihrer Kompanie besonders hervor.
    »Wollt ihr wohl, ihr Halunken? Wer bis drei nicht marschbereit ist, den erschieße ich eigenhändig!«
    Und schon entriss er einem Soldaten das Gewehr und legte auf einen jungen Rekruten an, der nur wenige Jahre älter als Walther sein konnte und zitternd am Boden hockte.
    »Wird’s bald?« Mit diesen Worten spannte der Wachtmeister den Hahn. Bevor er schießen konnte, packten zwei altgediente Soldaten den Burschen und zerrten ihn hoch.
    »Keine Sorge! Um den kümmern wir uns schon«, sagte einer der beiden und versetzte dem Rekruten eine Ohrfeige.
    »Das nächste Mal gehorchst du auf der Stelle, wenn unsere Unteroffiziere dir einen Befehl erteilen!«
    »Jawohl!«, stammelte der junge Mann und versuchte, die schlammigen Hände an seiner noch dreckigeren Hose abzuwischen.
    Reint Heurich schnaubte verächtlich. »Der Kerl ist keinen Schuss Pulver wert! Sobald der einen Franzosen sieht, fängt er an zu rennen.«
    Walther empfand Mitleid mit dem Rekruten. Immerhin war dieser noch frischer im Regiment als er und hatte bis vor wenigen Wochen noch nie eine Muskete in der Hand gehalten. Dann aber schob er den Gedanken beiseite

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