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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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zu der Skulptur und las die Inschrift. «Wer diesen Knoten auf diesem Joch löst, wird der Herrscher von Asien werden.» Er schaute sich zu Dragoumis um.
    «Sie haben uns Ihr Wort gegeben, ja?», fragte er.
    «Ja», sagte Dragoumis.
    «Gut», meinte Knox. Er ging zu der Skulptur, in der Alexander den Perser ersticht, und nahm mit beiden Händen die Bronzeaxt. Sie fühlte sich kalt an und war erstaunlich schwer.
    «Haltet ihn auf!», rief Nicolas.
    «Sei still», sagte Dragoumis gereizt.
    Knox ging mit der Axt zum Gordischen Knoten und hackte ohne Umschweife auf den alten Stamm ein. Holz splitterte. Er schlug erneut zu, dann ein drittes Mal. Seine Hände begannen zu zittern. Aber die stumpfe Schneide erfüllte noch ihren Zweck, und nach einer Weile hatte er den Stamm durchtrennt. Das eine Ende lag reglos da, während das andere, gezogen von einem unsichtbaren Gewicht, langsam in der Felswand verschwand. Ein leises Kratzen war zu hören, dann kehrte Stille ein. Sie warteten gespannt, aber die Sekunden verstrichen und nichts geschah.
    «War es das?», fragte Nicolas höhnisch. «Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, dass …»
    Doch in diesem Moment ertönte im Fels über ihren Köpfen ein tiefes Grollen, das lauter und lauter wurde. Staub fiel von der Decke, der Boden vibrierte. Jeder schaute nach oben. Was war das? Dann brach das Geräusch ab. Alles war wieder still. Sie schauten sich fragend an, entspannten sich wieder und …
    Plötzlich explodierte die Wand rechts von Knox. Steinscherben flogen durch die Kammer. Knox hatte kaum Zeit zu reagieren. Er ließ die Axt fallen, packte Gaille, warf sich mit ihr auf den Boden und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Steinsplitter krachten auf seine Beine und seinen Rücken und prallten von seinem Kopf.
    Aber bevor ihnen überhaupt klar wurde, was geschah, war es auch schon wieder vorbei. Der Steinschlag beruhigte sich, der donnernde Lärm erstarb, ihre Ohren dröhnten. Hustend und würgend kamen die Leute zu sich, klopften den Staub und die Steinsplitter von ihren Sachen und untersuchten sich vorsichtig nach Verletzungen. Einer der Griechen fluchte, er hatte sich offenbar einen Knöchel verstaucht. Alle anderen waren jedoch mit ein paar Schnitten und blauen Flecken davongekommen. Es dauerte eine Weile, bis Knox klar wurde, welche Gelegenheit es für Gaille und ihn war, einfach davonzulaufen. Doch als er sich umschaute, sah er sofort, dass Costis ihn angrinste und sein Gewehr auf ihn richtete.
    Er rappelte sich auf und half Gaille hoch. Jemand nahm eine Taschenlampe und leuchtete an die Stelle, an der vorher die Wand gewesen war. Dort klaffte nun ein großes Loch. Die Finsternis dahinter ließ einen noch größeren Raum erahnen, auf dem Boden funkelten metallische Gegenstände. Als sie vorsichtig näher traten, knirschten Sandsteinschotter und Marmorsplitter unter ihren Füßen.
    Knox schaute hinauf in einen runden Schacht, der fast senkrecht über ihn in den Berg führte und sich dann in der Dunkelheit verlor. Als er den Gordischen Knoten durchtrennt hatte, war offenbar der Steinschlag ausgelöst worden. Aber dann hatte sich Knox durch das Loch gezwängt, wo andere Dinge seine Aufmerksamkeit erregten. Der in den Fels gehauene Gang führte im Zickzack am Schacht vorbei, sodass keine Steine hineingestürzt waren. Er wurde immer breiter. In die Wände waren Nischen geschlagen, in denen lebensgroße, bemalte Alabasterstatuen von Nymphen und Satyren standen, von einem sich aufbäumenden Pferd und von Dionysos auf einer Liege, den Kopf zurückgeworfen, aus einem Kelch trinkend, umgeben von Efeuranken und roten Weintrauben. Sie kamen an weiteren Objekten vorbei. Braune, rote und schwarze attische Vasen, die mit Szenen aus Alexanders Leben bemalt waren, zu unbeholfen, um das Werk von Kelonimos zu sein, sodass es sich vielleicht um die persönlichen Huldigungen der Schildknappen handelte. Das Holzmodell eines Streitwagens. Ein paar primitive Tonfiguren. Eine silberne Weinkaraffe mit passenden Trinkgefäßen. Ein Bronzekessel. Eine goldene Schüssel mit ungeschliffenen Edel- und Halbedelsteinen: Rubine, Türkise, Lapislazuli, Amethyste, Diamanten, Saphire. Ein goldener Kelch mit einem eingravierten sechzehnzackigen Stern und daneben ein goldenes Glöckchen, das Knox schmerzhaft an Rick erinnerte. Und dann, an der rechten Wand, das Bild von Alexander mit einem goldenen Zepter in seinem Streitwagen, das jenem Fries ähnelte, das Diodorus Siculus als Teil des Katafalks beschrieben hatte.

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