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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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den Sinn: Ein Moslem sollte immer sein Blut, seinen Besitz und seine Ehre schützen. Es hätte ihm beinahe ein Lachen entlockt, dass er alle drei Dinge auf eine solch spektakuläre Weise verloren hatte. Seine Finger und Zehen begannen zu kribbeln. Schon lange hatte ihn die Frage beschäftigt, wie es sein würde zu sterben, ob mit dem Aussetzen des Herzschlags sofort das Nichts folgte oder man langsam schwächer wurde wie ein altes Handy. Allerdings hatte er sich nie getraut, diese Frage wirklich zu stellen. Das Feuer erfüllte den Raum mit erstickendem Qualm. Seine Augen brannten. Er hörte Sirenen, das Quietschen und Rasseln von Metall, Schüsse. Nach einer Weile stürmten Männer in Masken und Uniformen herein und knieten sich neben ihn. Aber es war zu spät, viel zu spät. Zu seiner Überraschung spürte er eine leichte, aber stärker werdende Euphorie. Er hatte unsagbare Schande über seinen Namen, seine Familie und seine Stadt gebracht, aber immerhin würden die Leute nun sagen können, dass er alles gegeben hatte, um es wiedergutzumachen.

II
    In der Kammer im Inneren des Berges erklommen Knox, Gaille und die Griechen gemeinsam die Pyramide. Einen Moment standen sie ehrfürchtig um den Sarkophag herum, der auf einer hüfthohen Marmorplatte lag. Der Deckel war üppig mit Jagd- und Kriegsszenen verziert. Knox wischte die Staub- und Sandschicht weg, die sich über die Jahrtausende angesammelt hatte. Man kann Gold leicht von Bronze unterscheiden, weil Bronze mit der Zeit anläuft. Dieser Sarkophag war aus Gold.
    Wie ein Hohepriester legte Dragoumis seine Hände darauf.
    «Öffnet ihn», befahl er.
    Der Deckel war so schwer, dass alle mit anfassen mussten, um ihn anzuheben und dann auf den Boden neben dem Sarg zu legen. Jeder starrte neugierig hinein und drängelte sich vor, um besser sehen zu können. Unter einer dicken Staubschicht und Resten von Blüten und Gewürzen lag ein männlicher Leichnam im Sarkophag. Um die Stirn hing ein prächtiges Rubindiadem, die Arme waren auf der Brust verschränkt, ein Schwert auf der einen Seite, ein Goldzepter auf der anderen. Offenbar war der Leichnam einst vollständig mit Blattgold bedeckt gewesen, das sich mit der Zeit an manchen Stellen gelöst hatte. Darunter konnte man dunkel verfärbte Pergamenthaut und bis auf die Knochen geschrumpfte Gliedmaßen sehen. Im trüben Flackerlicht suchte Knox nach den verräterischen Narben an der Leiche. Ja. Selbst nach all diesen Jahrhunderten konnte man sie noch schwach erkennen: die Halswunde von Cyropolis, die Schulterverletzung durch ein Katapult in Gaza, die von einem Multaner Pfeil durchstochene Brustwarze und der in Issos aufgerissene Oberschenkel.
    Seine Haut kribbelte. Er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Knox war sich jetzt sicher. «Das ist er», murmelte er. «Das ist Alexander.»
    Dragoumis schaute sich mit feuchten Augen um. «Dann wird es Zeit, ihn nach Hause zu bringen», sagte er.

III
    Den Deckel des Sarkophags hinaus zum Container zu bringen war kein Problem. Es kostete nur Mühe und Zeit. Der Sarkophag selbst machte ihnen hingegen wesentlich mehr Schwierigkeiten. Da er zum Anheben viel zu schwer war, seilten sie ihn in Schlingen vorsichtig von der Pyramide ab. Der Sand auf den Stufen und dem Gangboden wirkte wie ein Gleitmittel, sodass sie ihn hinter sich herziehen konnten. Obwohl sogar Knox und Gaille mit anpackten, schafften sie mit jedem Ruck gerade mal ein paar Zentimeter. Doch schließlich hatten sie ihn an die Öffnung des Gangs geschafft, wo durch den Sand, den Mohammed aufgeschüttet hatte, bereits eine Rampe entstanden war. Sie banden ein dickes Seil an den Abschleppring eines Geländewagens und versuchten ihn hinauszuziehen, aber die Räder drehten durch. Nachdem sie den zweiten Wagen geholt und alle miteinander geschoben hatten, stand der Sarkophag endlich neben dem LKW.
    Noch schwieriger war es, ihn hinauf in den Container zu schaffen. Mohammed versuchte, ihn mit der Schaufel anzuheben, aber der Bagger kippte nur nach vorn. Am Ende war es Dragoumis, der eine Lösung fand. Er ließ Mohammed im Sand vor dem Sarkophag einen Graben ausheben, in den der LKW rückwärts hineinfahren konnte, sodass die Öffnung des Containers etwas unterhalb des Sarkophags lag. Dann füllten sie die Lücke dazwischen mit Sand und zogen ihn hinein, bis er so stabil wie möglich auf der Vorderachse lag.
    Nicolas wischte sich zufrieden den Schweiß von der Stirn und schaute dann nach Anerkennung heischend zu seinem Vater. Aber

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