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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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raus. Er ging um das Hotel herum in eine Seitengasse. Ein anderer Mann folgte ihm. Wir dachten uns nichts dabei, bis ein schwarzer Wagen anhielt und man ihn auf den Rücksitz verfrachtete.»
    «Du willst sagen, du hast ihn dir einfach vor der Nase wegschnappen lassen?»
    «Wir waren auf der anderen Straßenseite. Da war eine Straßenbahn.»
    «Eine Straßenbahn?», wiederholte Hassan eisig.
    «Ja, Chef.»
    «Wo sind sie hingefahren?»
    «Das wissen wir nicht, Chef. Wie gesagt, da war eine Straßenbahn. Wir kamen nicht daran vorbei.» Das verfluchte Ding hatte einfach dagestanden, und auf Nessims wildes Hupen hin hatte der fette Fahrer ihn nur höhnisch angegrinst und seine Wut genossen.
    «Wer war es? Wer hat ihn mitgenommen?»
    «Keine Ahnung, Chef. Aber wir arbeiten daran. Wenn wir Glück haben, waren es Leute, die gehört haben, was er Ihnen angetan hat und ihn an uns verkaufen wollen.»
    «Und wenn nicht?»
    «Laut seiner Akte hat er eine Menge Feinde. Vielleicht war es einer von denen.»
    Stille. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Drei. «Ich will ihn haben», sagte Hassan. «Ich will ihn so schnell wie möglich haben. Habe ich mich klar ausgedrückt?»
    Nessim schluckte. «Ja, Chef. Glasklar.»

II
    Knox fühlte sich um Jahre gealtert, als er den Reifenspuren im Sand folgte und sich nach Norden schleppte. Als sich das Seil abgerollt hatte und straff geworden war, hatte er gewusst, dass er sterben würde. Das Wissen, sterben zu müssen, war etwas völlig anderes als die Angst, sterben zu können. Es löste seltsame Gefühle in einem aus. Plötzlich dachte man völlig anders über die Zeit und die Welt und den eigenen Platz in ihr.
    Das Seil war vorher glatt durchtrennt und mit Klebeband wieder zusammengefügt worden. Sobald sich das Seil gestrafft hatte, war das Klebeband gerissen; beide Enden des Seils waren auseinandergedriftet, und Knox war in den Sand geplumpst. Seine Blase hatte sich entleert, sein Herz hatte gebockt wie ein verängstigter Ochse. Die unerwartete Begnadigung hatte ihn völlig verwirrt. Der Fahrer hatte eine große Schleife über den Sand gedreht, um seine Kameraden einzusammeln, die die ganze Zeit vor ihm gehockt und seine Reaktion gefilmt hatten. Als er sich in die Hosen gepisst hatte, hatten sie brüllend gelacht, als wäre es das Komischste, was sie jemals gesehen hatten. Einer der Männer hatte einen Umschlag aus dem Fenster geworfen, dann waren sie davongebraust. Gefesselt, mit durchnässter Hose und vom Seil aufgeschürfter Haut hatten sie ihn allein zurückgelassen.
    Es hatte zwei Stunden gedauert, bis er sich aus den verschiedenen Fesseln befreit hatte. Mittlerweile hatte er am ganzen Körper zu zittern begonnen. Wüstennächte sind kalt. So gut es ging, hatte er seine Hose mit dem Sand getrocknet und dann den Umschlag aufgehoben. Er war blütenweiß, kein Wort stand auf ihm. Als Knox ihn geöffnet hatte, war etwas Sand herausgerieselt. Ballast, damit er nicht wegwehte. Abgesehen davon hatte er nur ein Kärtchen von British Airways enthalten, auf dem vier Worte standen: Du bist gewarnt worden .
    Er stieg auf eine kleine Anhöhe. In der Ferne sah er Scheinwerfer auf einer stark befahrenen Straße. Niedergeschlagen und erschöpft marschierte er los. Solange eine Drohung theoretisch blieb, war es leicht, ihr mutig zu trotzen. Aber jetzt war eine Grenze überschritten worden. Und außerdem musste er an seine Mitmenschen denken, besonders an Augustin und Gaille. Er durfte sie nicht in Gefahr bringen.
    Es wurde Zeit abzuhauen.

III
    Nicolas Dragoumis war von Natur aus Frühaufsteher, doch an diesem Morgen stand er noch früher auf als sonst. Er setzte sich sofort an seinen Laptop und schaute nach E-Mails. Wie versprochen hatte er eine von Gabbar Mounim erhalten. Ungeduldig speicherte er die angehängte Filmdatei auf seine Festplatte, während er die Nachricht las und dabei zustimmend nickte. Sein Vater hatte immer darauf bestanden, dass Knox keinen Schaden nehmen sollte, und Mounim hatte darauf geachtet, dass seine Männer Knox keinen Schaden zugefügt hatten, jedenfalls nicht streng genommen. Ein bisschen Chloroform, ein leichter Schlag auf den Schädel, ein kleiner Schock für seinen Organismus. Das konnte man nicht als ernstlichen Schaden bezeichnen. Im Gegenteil, er würde das Leben dadurch noch mehr zu schätzen wissen.
    Nicolas spielte den Film zum ersten Mal ab. Knox wird entführt; Knox liegt bewusstlos auf dem Boden des Wagens; Knox wird auf den Wüstensand gezerrt; sein verängstigter

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