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Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Wörtchen
erwähnt.«
    »Genausowenig über Chaotische Attraktoren, umgekehrte
Eucharistie oder die Verwendung von Blut als Ballast für die Valparaíso. Die Fahrt ist eben voller
Überraschungen verlaufen, Kapitän, aber jetzt haben wir
Befehl zum Umkehren.«
    »Obwohl wir dann voraussichtlich niemals feststellen
können, woran Gott gestorben ist? Gabriel hat ja gesagt, Sie
müßten ›vollen Einsatz‹ zeigen, wissen
Sie’s noch?«
    »Es interessiert mich nicht mehr, wieso er gestorben
ist.«
    »O doch, es interessiert Sie sehr wohl.«
    »Ich möchte schlicht und einfach nach Hause.«
    »Alles in allem verhält’s sich so: Ich traue Ihren
Freunden in Rom nicht« – van Horne riß di Lucas Fax
fein säuberlich entzwei – »und habe den Verdacht,
daß Sie ihnen geradesowenig trauen. Trinken Sie den
Wein.«
    Thomas zuckte zusammen, hob den Becher an die Lippen und trank.
Kühle durchstrudelte ihn von Kopf bis Fuß. Er fühlte
sich, als widerführe ihm das Schicksal, das Poe dem
Protagonisten in Grube und Pendel zugedacht hatte, aber als ob
die Durchtrennung in diesem Fall an der Längsachse erfolgte.
Erst nach dem dritten Zug bezwang die Hälfte Thomas’, die
der Heiligen Mutter Kirche hörig war, die andere Hälfte,
die zum gleichen Verdacht wie der Kapitän neigte.
    »Ist Ihnen bekannt«, fragte Thomas, »daß
Vollmatrose Weisinger auf der Insel geblieben ist?«
    »Rafferty hat’s mir erzählt.«
    »Der junge Mann glaubt, ihm stünde ein großes
religiöses Erlebnis bevor.«
    »Er wird ’n großes Verhungernserlebnis
haben.«
    »Genau meine Meinung.«
    »Wir machen nicht kehrt«, beharrte van Horne auf seinem
Entschluß.
    »Wenn die Kardinäle erfahren, daß Sie ihnen untreu
geworden sind, dürften sie unberechenbar sein, das ist Ihnen
doch klar, oder? Dann stellen sie Gott weiß was an. Vielleicht
hetzen sie Ihnen die italienische Luftwaffe mit Cruise Missiles auf
Sie.«
    Van Horne leerte den Becher Burgunder. »Wie kommen Sie auf
die Idee, die Kardinäle könnten davon erfahren?«
    »Sie haben Ihre, ich habe meine Verantwortung.«
    »Mann Gottes, Thomas, muß ich Ihnen etwa den Zutritt
zur Funkbude verbieten?«
    »Dazu haben Sie kein Recht.«
    »Ich will lieber gleich Nägel mit Köpfen machen.
Von nun an ist Ihnen das Betreten der Funkbude untersagt, klar? Der
gesamten Brücke, Donnerkiel noch mal. Wenn ich Sie dabei
erwische, daß Sie di Luca bloß ’n Wetterbericht
schicken, sperre ich Sie in den Knast und schmeiß den
Schlüssel über Bord.«
    In Thomas’ Magengegend bildete sich ein eisiger Knoten.
»Anthony, ich muß Ihnen ein deutliches Wort sagen. Ich
gestehe, daß ich in meinem ganzen Leben noch keinen Feind
gekannt habe, aber heute sind Sie zu meinem Leidwesen mein Feind
geworden.« Er verzog das Gesicht. »Als Christ muß ich
selbstverständlich versuchen, Sie trotzdem zu lieben.«
    Van Horne rammte den Zeigefinger durch den Boden seines
Styropor-Bechers. »Und ich muß Ihnen etwas
sagen.« Er zeigte dem Priester ein undeutbares Grinsen.
»Als die Kardinäle Sie für ihre Absichten eingespannt
haben, sind Sie an einen besseren Mann gelangt, als sie
verdienen.«
     
    9. September
    Breite: 60°15’N. Länge: 8°5’O. Kurs: 021.
Geschwindigkeit: 9 Knoten. Wassertemperatur: 10°.
Lufttemperatur: 12° (Tendenz: Fallend).
    Gott sei Dank für die Westwinde, die von Grönland
herblasen wie Zieten aus dem Busch und den Gestank fortwehen. Popeye,
ich kann wieder atmen!
    Obwohl meine Entscheidung, Ockham zum Schweigen zu zwingen und den Corpus Dei zu kidnappen, mitten im greulichsten Bukett der
Leichenfäulnis getroffen wurde, bin ich mir sicher, richtig
gehandelt zu haben. Geht man davon aus, daß wir die 9 Knoten
beibehalten können, haben wir die Fracht an den Bestimmungsort
geliefert und sind auf der Rückfahrt nach Manhattan, bevor di
Luca überhaupt den Polarkreis erreicht. Anschließend kann
sich der Mann, wenn er es unbedingt will, von mir aus als
Präparator betätigen.
    Gestern hat Sam Follingsbee mir die Pistole auf die Brust gesetzt:
Entweder müßten wir für die Crew Vitamine besorgen
oder die Offiziersmesse zum Krankenrevier umbauen. Also habe ich den
Kurs gewechselt – widerwillig, wie du dir denken kannst, Popeye
–, und um 13 Uhr 15 lag die Valparaíso nur 2
Seemeilen von Galway Harbor und seinen weltberühmten
Gemüsehandlungen entfernt.
    »Möchten Sie hier von Bord gehen?« habe ich Cassie
gefragt, allerdings inbrünstig gehofft, daß sie den
Vorschlag ablehnt. »Wahrscheinlich

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