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Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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auffälliger
Geruchsausdünstung zu regeln, den Sie im Schlepp
haben.«
    »Riecht wie ein Engländer«, lautete Mulcannys
Kommentar.
    Ich wußte genau, wie ich sie foppen konnte.
»Tatsächlich handelt es sich nicht um Müll,
Kapitän, sondern um den in Verwesung übergegangenen
Leichnam Gottes des Allmächtigen.«
    »Den was?« fragte Mulcanny.
    »Ihr Humor ist skandalös«, gab mir Gallogherm eher
amüsiert als verdrossen zur Antwort.
    »Des katholischen oder des protestantischen Gottes?«
hakte Mulcanny nach.
    »Ted, alter Junge, hast du kein Verständnis für
’n ausgeklinkten Scherz?« Verschwörerisch zwinkerte
Gallogherm mir zu. »Tja, da haben wir wohl einen ehrgeizigen
Kapitän vor uns, der seinen Supertanker für die
freiberufliche Müllentsorgung umgemodelt hat, was? Und wo, wenn
ich fragen darf, möchte unser ehrgeiziger
Mülltankerkapitän das Zeug denn loswerden?«
    »Im hohen Norden. Svalbard.«
    »Dafür muß allerdings zusätzlich«,
erklärte Gallogherm, während Dolores Haycox
zurückkehrte, »eine amtliche
Sondermüllbeförderungs- ausnahmegenehmigung vorgelegt
werden.«
    »Übertreiben Sie nicht, Kapitän.«
    »Normalerweise erheben wir für eine amtliche
Sondermüllbeförderungs- ausnahmegenehmigung eine
Gebühr von sechshundert US-Dollar, aber diese Woche
gewähren wir Rabatt, so daß sie Sie nur fünfhundert
kostet.«
    »Nein, diese Woche kosten sie nur vierhundert. Und wenn Sie
zwei Piraten mir noch weiter auf den Sack gehen, garantiere ich
Ihnen, daß man Ihre fragwürdigen Praktiken in Kürze
auf der Titelseite der Irish Times nachlesen kann.«
    »Maßen Sie sich über mich kein Urteil an,
Kapitän. Sie haben keine Ahnung, was mir in meinem Leben schon
alles begegnet ist. Irland war lang eine Nation im Kriegszustand. Sie
haben keinen blassen Schimmer, was ich schon mitansehen
mußte.«
    Grimmig trug ich Reiseschecks in Höhe von $ 1000 ins
Nachweisverzeichnis ein und unterschrieb sie. »Da haben Sie Ihre
Scheißgebüren«, sagte ich, als ich Gallogherm mit der
Handsalbe schmierte.
    »Es freut mich, daß alle amtlichen Formalitäten so
leicht mit Ihnen geregelt werden konnten.«
    »Und nun verpissen Sie sich von meinem Schiff.«
    Um 16 Uhr trafen Follingsbee und Pindar mit Gemüse und Obst
ein. Berechnet man mit, was Gallogherms abgezockt hat, mußten
wir für eine Orange ungefähr $ 1,25 zahlen, und die
übrigen Sachen kamen uns ähnlich teuer. Aber wenigstens hat
das Zeug hohe Qualität, Popeye – saftige Rüben,
knackiger Salat, feste irische Kartoffeln. Und um den Spinat
würdest du uns beneiden.
    Jetzt ist es Mitternacht. Bewegte, schimmernde See. Hoch über
und der Große Bär, Voraus liegen, kaum 80 Seemeilen, also
praktisch nur einen Taubenschiß entfernt, die
Färöer-Inseln, und dahinter erwartet uns bis Svalbard nur
noch freies Meer. Eben rief Rafferty an und meldete, der
Bugscheinwerfer hätte »einen Eisberg erfaßt, der wie
das Paramount-Logo aussieht.«
    Mit Blut als Ballast dampfen wir volle Pulle in die kalte
Norwegische See, und ich fühle mich wieder als Herr der Lage und
des Schiffs.
     
    Den Bierkrug in der Hand, schlurfte Myron Kowitzky zum Piano,
pflanzte sich auf den Hocker, rückte seine Jimmy-Durante-Nase
zurecht und griff in die Tasten. Er kratzte sich nochmals am Zinken,
erhob die herbe Stimme und sang zur Melodie von ›John
Brown’s Body‹ ein selbstgedichtetes Soldatenlied.
     
»Wir flogen die Scheißbomber
tief über der Scheißsee,
Als Scheißwetter gab es Regen, Hagel nur und Schnee.
Mal Süd zeigte der Scheißkompaß, und mal wies
er Nord,
Trotzdem schafften wir die Landung im
Scheiß-Firth-of-Forth.«
     
    Durante unterbrach Gesang und Spiel, schenkte dem Publikum ein
breites, leicht dämliches Grinsen.
    Unbehaglich zappelten die Männer der Enterprise auf
ihren Plätzen. Niemand applaudierte. Oliver zog den Kopf ein.
Unerschrocken schlappte Durante einen Zug Frydenlund und stimmte den
Refrain an.
     
»Marineflieger, das sind Kerle!
Marineflieger, das sind Kerle!
Marineflieger, das sind Kerle!
Sie schafften sogar die Landung im
Scheiß-Firth-of-Forth.«
     
    »Gute Nacht, Mrs. Calabash, da wo Sie sind«, rief
Durante und stand vom Hocker auf. Mit diesem rätselhaften Satz
hatte Jimmy Durante in den vierziger und fünfziger Jahren seine
Auftritte beendet, aber erst 1966 verraten, daß er sich damit
jedesmal von seiner ersten, 1943 verstorbenen Frau
verabschiedete.
    In der Taverne Zum Nordlicht waren schwere Zeiten angebrochen.
Nachgerade zu Tode

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