Das Grab des Herkules
von unten. »Lass den Rucksack fallen! Yuen darf die Karte nicht bekommen!« Er war jetzt bis dicht an die Verkleidung der Weiterverarbeitungsanlage zurückgedrängt worden, und die Bohrköpfe waren bereits so nahe an ihn herangekommen, dass sie ihn mit Dreck bespritzten.
Nina schüttelte den Rucksack. »Geben Sie ihn frei!«
»Ich verspreche Ihnen, es wird Ihnen nichts geschehen, wenn Sie mir die Karte geben!«, entgegnete Fang. »Denken Sie nach! Ist das Grab des Herkules das Leben Ihres Geliebten wert?«
Chase machte sich bereit, aus der Deckung zu springen und zu feuern. » Lass fallen! Drei, zwei, eins …«
»Okay!«, rief Nina und schwenkte den Rucksack wieder über die Plattform. »Okay, okay! Ich gebe Ihnen die Karte! Aber erst lassen Sie ihn laufen!«
Fang reagierte sofort. »Den Bohrer abschalten!«, befahl er.
Das Rumpeln und Kreischen erstarb, als die Maschine zum Stillstand kam. Die tödlichen Bohrköpfe waren kaum einen halben Meter von Chase entfernt.
»Chase, kommen Sie jetzt raus«, befahl Fang. »Ihnen wird nichts geschehen … wenn Sie sich ergeben.«
Chase ballte vor Zorn die Fäuste, spähte aber trotzdem vorsichtig um die Ecke. Der eine Mann zielte noch immer mit seiner MP-5 auf ihn, feuerte aber nicht. Chase blieb nichts anderes übrig – er hob die Hände, ließ die Wildey-Pistole fallen und trat aus seiner Deckung.
Fangs Stimme dröhnte durch den Raum. »Sie haben eine kluge Entscheidung getroffen, Dr. Wilde«, sagte er, und in seiner Stimme schwang Hohn mit.
Überwältigt von ihren Gefühlen und vom Adrenalin, sackte Nina entkräftet zusammen. Zwar waren sie, Chase und Sophia noch am Leben, doch sie wusste, dass ihre Entscheidung böse Folgen haben würde.
11
N ina, Chase und Sophia wurden von Fang und vier anderen Männern zum Verwaltungsgebäude gebracht und Yuen präsentiert. Er hatte sich tatsächlich – genau wie Sophia vorausgesagt hatte – in einen an die Büros angrenzenden Privatraum zurückgezogen, um sich vor der Rede zu sammeln.
Yuen wendete den Rohdiamanten zwischen den Fingern. »Ts-ts-ts, Dr. Wilde. Hat man Ihnen nicht gesagt, dass Diamantendiebstahl ein schweres Vergehen darstellt?«, sagte er mahnend.
»Scheiß auf die Diamanten«, mischte sich Chase ein. »Was betreiben Sie dort unten, Dick , eine illegale Uranmine? An wen verkaufen Sie das Zeug – an den Iran? Oder an Nordkorea?«
Yuen seufzte und nickte Fang zu, der Chase daraufhin den Kolben der Wildey gegen den Hinterkopf schmetterte.
Chase ging japsend in die Knie.
»Eddie!«, rief Nina. Sie wollte ihm hochhelfen, doch einer der uniformierten Sicherheitsleute zerrte sie weg.
»Das war längst überfällig«, sagte Yuen mit einem zufriedenen Grinsen und sah sich die Pistole an. »Eine lächerlich große Waffe, finden Sie nicht?«, spottete er. »Soll die vielleicht irgendwas kompensieren? Kein Wunder, dass Sophia Sie verlassen hat.«
Chase richtete sich schwankend auf. »Wenn Sie das noch mal tun, reiße ich Ihnen Ihren Scheißkopf ab«, knurrte er, doch Yuen ließ sich nicht provozieren. Gleichmütig ging er zum Schreibtisch, auf dem die Habseligkeiten der drei Gefangenen ausgebreitet waren, darunter auch Ninas Rucksack. Daneben lag Fangs Aktentasche.
»Ich muss schon sagen«, fuhr er fort und hätte beinahe aufgelacht, als er den Hefter aus dem Rucksack nahm und darin blätterte, »ich hätte nie gedacht, dass Sie mir den Rest der Landkarte persönlich überbringen würden! Da wollte ich Fang gerade anweisen, Sie aufzuspüren, und zack! Schon klopfen Sie an die Tür!« Er legte den Hefter zu dem gebundenen Teil des Hermokrates- Manuskripts in den Aktenkoffer. »Wenn Sie so leicht auf das Minengelände vordringen konnten, deutet das darauf hin, dass meine Sicherheitsvorkehrungen dringend der Überarbeitung bedürfen. Ich nehme an, meine hübsche Frau hatte dabei ihre Hand im Spiel.«
Er trat vor Sophia hin und fasste sie am Kinn. »Und du, Sophia! Meine geliebte Frau, die Blume in meinem Garten, mein Sonnenschein! Was soll ich ohne dich nur anfangen?«
Sie kniff geringschätzig die Augen zusammen, was Yuen nicht gefiel.
Missmutig ließ er die Hand sinken und wandte sich an einen seiner Angestellten. »Sperren Sie sie irgendwo ein, bis die Ansprachen gehalten sind, und bringen Sie sie dann zu meinem Hubschrauber.«
Der Mann nickte und geleitete Sophia hinaus.
»Wohin lassen Sie sie bringen?«, fragte Chase.
»Zur Eheberatung«, erwiderte Yuen. »Übrigens sind soeben Präsident
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