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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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vorbeigeschleift hatte. Er war ganz nah. Staub verschmierte ihm das Gesicht, klebte ihm im Mund und in der Nase. Er wollte husten oder niesen, doch das wäre vermutlich das Letzte gewesen, was er getan hätte.
    Gütiger Jesus, hilf mir. Verzeih mir, was ich gleich tun werde. Mach mich zu einem Priester deiner Lehren, zu einem Diener Gottes für die verbleibenden paar Augenblicke meines Lebens, damit ich meinen Eid an deinen Vater erfüllen kann, indem ich diese letzte Handlung für ihn vollbringe.
    Sein Kopf stieß gegen die Wand. Seine linke Hand verfing sich unter dem Körper. Seine Finger öffneten sich, und er spürte das kleine Loch unmittelbar über dem Bauch. Panik erfasste ihn. Ich wurde angeschossen. Eigentlich sollte ich tot sein. Bitte, Gott.
    Mühsam befreite er die nasse Hand und tastete die Wand entlang. Konzentration. Die Wand war glatt und ebenfalls voller Staub. Dicke Wülste davon blieben an seinen Fingern kleben. Er wischte sie an der Wand ab und tastete weiter ... da! Drei kleine Einbuchtungen. Nach kurzer Suche hatte Vincent die Umrisse des Ziegels gefunden und kratzte weiteren Staub aus den Ritzen.
    Durch all den Staub konnte er kaum genug Sauerstoff einatmen, und nun wollte er auch noch versuchen, diesen Betonziegel herauszuziehen, ihn von der Stelle zu entfernen, an der er seit fast hundert Jahren gelegen hatte – und all das mit einem Loch in der Brust und wahrscheinlich auch im Rücken. Und nur einem funktionierenden Lungenflügel.
    Vincent lachte abgehackt, dann riss er sich zusammen. Er konnte es sich nicht leisten, einen Hustenanfall zu riskieren, der tödlich enden konnte. Aber er fühlte sich durch das Lachen eigenartig belebt. Dies war nicht , wie er sich das Ende vorgestellt hatte. Halb tot auf dem Boden in John Salomons Grab und in der Absicht, einen zwanzig Kilo schweren Zementblock aus der Wand zu ziehen.
    Eintrag 823 , dachte er. Eine bizarre Situation .
    Er schob drei Finger in die Ausnehmungen. Der innere Verlauf der Löcher ermöglichte es ihm, bis zu den Knöcheln hineinzufassen. Ein guter Griff, wohl durchdacht vom Hüter des Hüters vor Ruth, der Mauerer gewesen war. Und, wie Vincent vermutete, ein guter Mensch. Zumindest ein guter Maurer.
    Alles oder nichts .
    Vincent rollte sich von der Wand weg auf die Seite, ignorierte das Wiederaufflammen der Schmerzen und des Feuers in ihm und zog.
    Der Stein rutschte ein Stück heraus. Vincent zog die Finger aus den Löchern, um den Abstand abzutasten. Weiter, als er erwartet hatte, was ihm den Ansporn verlieh, es erneut zu versuchen.
    Vincent steckte die Finger wieder in die Löcher und bewegte sich rückwärts, zog und rollte sich weiter, nutzte den Schwung seines Körpers. Der Stein folgte ihm.
    Diesmal überprüfte er den Fortschritt nicht, sondern schleppte sich weiter und zog erneut. Und wieder. Ein Kribbeln schoss ihm in den Kopf. Er schloss die Lider. Dass die Schwärze sich dadurch überhaupt nicht veränderte, verursachte ihm zusätzlich Schwindel, und er öffnete die Augen wieder.
    Nach kurzer Rast tastete Vincent langsam den Zementblock entlang, weiter und weiter, bis seine Finger das innere Ende erreichten und umfassten.
    Er hatte den Stein aus der Wand gezerrt. Vage wie das Nachglühen einer Blitzlichtbirne nahm er hinter dem Ziegel ein stetes, grünliches Licht wahr. Es erhellte nichts und war nur zu erkennen, wenn er den Kopf leicht drehte, sodass er aus dem Augenwinkel hinsah. Doch es war unbestreitbar vorhanden.
    Qualvoll rollte er sich auf die andere Seite. Der prall gefüllte Beutel, der einst einer seiner Lungenflügel gewesen war, folgte der Bewegung. Vincent plumpste flach zu Boden und stöhnte laut. Mittlerweile kümmerte ihn nicht mehr, ob ihn jemand hörte. Schluchzend blieb er liegen. Es lag nicht an den Schmerzen – die überall zu einem gleichmäßigen Pochen zurückgewichen waren –, sondern an der Vorstellung davon, was sein Körper durchmachte. An der Furcht, dass eine falsche Bewegung verursachen konnte, dass er aufriss und auseinanderbrach.
    Nur noch ein bisschen länger, Gott, danach kannst du mich auf ewig zu dir nach Hause holen, wenn das dein Wille ist.
    Er robbte vorwärts, bis er mit dem Kopf gegen den Zementblock stieß. Vincent musste ihn ein paar Zentimeter beiseite schieben und spürte, wie ihm die scharfen Kanten die Haut aufkratzten. Er tastete die Wand entlang, bis sie endete. Abzusetzen konnte er sich nicht leisten. Herr, ich bin dein Diener und in diesem Augenblick dein Priester.
    Er

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