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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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gekommen, dass Cribbage ein wildes Spiel sein könnte –, sah er auf die Uhr.
    Fast elf.
    Das war spät. Die Lichter im Raum wirkten trüb. Zum ersten Mal fiel ihm auf, wie ausgebleicht die Möbel waren. Die Wände wiesen eine triste Farbe auf, die nur die bunten, unbeachtet an verschiedenen Stellen aufgehängten Kopien von Ölgemälden auflockerten. Doch selbst die Bilder empfand er mit Ausnahme eines bestimmten, das ihm aus unerfindlichem Grund eine Gänsehaut verursachte, als alt und uninteressant.
    Was tat er hier eigentlich?
    Er sollte doch bei der Arbeit sein. Es hatte doch jemand von der Firma angerufen, oder?
    »O Gott«, sprach er laut aus. Steve Arruda schaute von seinem Spiel auf.
    »Was ist denn, Art?« Er kniff die Augen zusammen, als fiele ihm etwas zum ersten Mal auf. »Mann, siehst du blass aus.«
    Art musterte ihn, versuchte, sich zu konzentrieren. Wieso um alles in der Welt war er hier? Es hatte doch jemand von der Arbeit angerufen. Es hatte irgendein Problem gegeben.
    Nein, Peter Quinn hatte angerufen. Niemand von der Arbeit.
    Art wankte zu einem Stuhl und setzte sich. Mit der linken Hand packte er seinen rechten Arm, um dessen Zittern zu unterbinden. Steve rappelte sich betrunken von seinem Platz auf und kam auf ihn zugerannt.
    »Alles in Ordnung, Art?«
    Steves Cribbage -Partner legte einen Zigarrenstummel, an dem er nuckelte, in einen Aschenbecher und drehte sich auf dem Stuhl herum. Er stand zwar nicht auf, schaute aber genauso besorgt zu Art herüber. »Vielleicht solltest du besser nach Hause gehen, Kumpel. Du siehst wirklich nicht so gut aus – hey! Lass diese Stifte, wo sie sind, bis Steve zurück ist!«
    Neben ihm lachte ein großer, dürrer Bursche mit langem, herabhängendem Schnurrbart und hob mit dramatischer Geste die Finger von seinen Stiften.
    Ich verliere den Verstand , dachte Art. Er beugte sich vor und versuchte, ruhig zu atmen. Er hörte Steve kaum, der neben ihm sagte: »Gut so, Mann, entspann dich und atme tief durch. Soll ich deine Frau anrufen?« Doch es half nichts, Arts Atem ging weiter in kurzen Stößen. Er fragte sich, ob es sich so anfühlte, wenn man eine Panikattacke hatte. Oder vielleicht war es sein Herz.
    Unaufgefordert kroch die Erinnerung an die vergangenen Monate aus seinem Gedächtnis empor und offenbarte ihm mit unbarmherziger Deutlichkeit die Wahrheit. Nacht für Nacht kam er in den Klub, verbrachte immer weniger Zeit mit Beverly, mied die Kirche. Als Nate ihn unlängst angerufen hatte, hatte Art seinen Sohn aufgefordert, ihn in Ruhe zu lassen. Er hatte sich aufgeführt wie ... wie was? Ein Mann in Trance. Oder jemand, für den nicht Gott im Zentrum seines Universums stand. Wie hatte es so weit kommen können ...?
    Die Frau, natürlich. Eines Nachts hatte eine Stimme, die sich so sehr wie jene Peter Quinns angehört hatte, leise wie die Stimme Satans höchstpersönlich zu ihm gesagt: Du hast deine Frau mit ihr betrogen und es genossen. Erinnerst du dich nicht?
    Ja, er erinnerte sich. Er hatte zu viel getrunken gehabt ... was ihm ganz und gar nicht ähnlich sah, zumindest nicht ihm , bevor er in all das geraten war. Davor hatte er sich höchstens ab und an ein Bier gegönnt, selten mehr als ein paar auf einmal ... aber ja, er erinnerte sich an die Nacht, an die Frau. Die Einzelheiten hingegen wirkten skizzenhaft wie Erinnerungen ohne Gehalt, wie ein Film.
    Wie ein Film, der im Fernsehen lief.
    Woran genau erinnerte er sich eigentlich?
    »Steve«, sagte er plötzlich, und sowohl die Erschöpfung als auch die Verwirrung fielen von ihm ab. Als er zu dem vor ihm kauernden Mann aufschaute, spürte er, wie verlorene Bruchstücke seines Lebens sich zurück an ihren Platz fügten.
    »Ja? Fühlst du dich wieder besser?«
    »Kannst du –« Art stockte. Was sollte er fragen? Kannst du dich erinnern, ob ich mit irgendeiner seltsamen Frau Sex hatte?
    Ein Film, der im Fernsehen lief.
    Er war in jener Nacht nicht betrunken gewesen. Das wäre gar nicht möglich gewesen. Er würde sich zumindest daran erinnern, mehr als ein Bier getrunken zu haben, bevor die Bilder unscharf wurden. Was also –
    Das Telefon klingelte in seiner Tasche. Steve und der Mann mit dem Schnurrbart standen gleichzeitig auf, weil jeder dachte, er würde angerufen. Der Fluch der Mobiltelefone , dachte Art bei solchen Begebenheiten stets, allerdings in der Regel mit mehr Belustigung als im Augenblick.
    Art wusste , dass es sein Telefon war. Nun fielen ihm andere Gelegenheiten ein, bei denen er die

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