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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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gegenüberliegenden Ende des emotionalen Spektrums vollführt. Er war wütend auf alles um ihn herum. Vielleicht stellte dies eine Art Schutzmechanismus dar, aber wogegen ? Nathan trat einen Schritt vor, ohne zu wissen, weshalb er es tat. Quinns Lächeln verblasste, seine Züge verfinsterten sich.
    »Vielerlei Dinge können auf einen Mann einengend wirken und ihn davon abhalten, das zu sein, was er sein möchte, Herr Pastor. Eheliche Zwistigkeiten, sogar überholte Glaubensgrundsätze.«
    Nathan erkannte, dass er bewusst gereizt wurde und sich beruhigen sollte. Dies war keineswegs das erste Mal, dass jemand versuchte, Risse in seiner Überzeugung aufzuspüren, in seinem unerschütterlichen Glauben an Gott und Christus‘ Lehren. Allerdings erfolgte es in dieser Situation so unvorhergesehen und zusammenhanglos, und in einem Tonfall siegessicherer Häme. Ich habe den Glauben deines Vaters erschüttert, junger Dinneck , sprach aus der Stimme des Mannes.
    »Mein Vater wählt seinen Glauben aus freien Stücken, so wie jeder.« Was hatte eine solche Diskussion für einen Sinn? Während er in einer Haltung dastand, die keine andere Interpretation als eine »Konfrontation« mit Quinn zuließ, verschwammen seine Gedanken zu sehr, um sich noch daran zu erinnern, was er eigentlich damit bezweckt hatte, hierher zu kommen.
    Quinn nickte. »Und ebenso hat jeder das Recht, selbst zu entscheiden, ob er neue Wege kennen lernen, anderen Göttern dienen möchte. Selbst wenn sich herausstellt, dass ein solcher Gott lediglich ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse repräsentiert.«
    Die Äußerung verschlug Nathan die Sprache. Quinns Stimme hatte eine andere Sprachmelodie angenommen, die jener zahlreicher evangelischer Priester ähnelte, denen Nathan in der Vergangenheit zugehört hatte. Es steckte Macht dahinter. Erneut brach ihm auf dem Rücken und unter den Armen Schweiß aus.
    Nathan wich erst einen, dann zwei Schritte zurück und ließ sich die eigenen Worte durch den Kopf gehen, ehe er sie bedächtig aussprach. »Also hat Ihre Gruppe doch einen religiösen oder glaubensorientierten Hintergrund?«
    Er betrachtete die alten Gemälde an der Wand, ohne sich darauf zu konzentrieren; er brauchte lediglich etwas anders als Quinns herausfordernd starrenden Blick in seinem Sichtfeld.
    »Jegliche religiöse Überzeugungen, die man hier antrifft, entsprechen lediglich jenen, die unsere Mitglieder zur Tür herein mitbringen. Wir verfechten kein bestimmtes Glaubensbekenntnis.«
    Nathan spürte eine physische Kraft, die von Quinns Stimme und seinem Charisma ausging. Er versuchte, sie zu ignorieren. Vor sich sah er das Bild einer Waldlandschaft, durch die ein Bach floss. Es handelte sich um eine billige, aber dennoch ausdruckskräftige Reproduktion, in deren Ecke deutlich der Name Robert Gilbert zu erkennen war. Quinn folgte ihm im selben Tempo, jedoch zwei Schritte hinter ihm. Aus dem Augenwinkel erspähte Nathan den Ansatz eines Lächelns im Gesicht des Mannes.
    Ein weiteres Gemälde: ein verschneiter Berggipfel, der eine weitläufige Ebene überragte, nicht so ausdrucksstark wie das Bild von Gilbert, trotzdem hübsch anzusehen.
    »Und was ist mit Ihnen, Mr. Quinn?«, fragte er. »Woran glauben Sie?« Dabei bewegte er sich weiter langsam seitwärts durch den Raum und versuchte, sich davon zu überzeugen, dass er Quinn eher mit sich zog, als von ihm verfolgt zu werden. Er hatte das Gefühl, in der kurzen Unterhaltung etwas Kontrolle zurückzuerlangen.
    »Versuchen Sie nicht, mich zu bekehren, Herr Pastor. Ihre und meine Überzeugungen könnten nicht weiter auseinander liegen.« Jegliche Anzeichen von Belustigung waren aus Quinns Stimme verschwunden.
    Schließlich blieb Nathan stehen und sah den Mann an. Es hörte sich mehr wie eine Feststellung denn wie eine Frage an, als er sagte: »Also sind Sie Atheist?«
    Quinn lachte, ein hohler, freudloser Laut. »Wohl kaum. Ich glaube durchaus an Ihren Gott. Ich habe mich lediglich dazu entschieden, ihm nicht zu dienen.«
    Nathan runzelte die Stirn. Die Suggestionskraft von Quinns Tonfall ließ sich nicht leugnen. Um sich zu konzentrieren, setzte er seinen langsamen Weg durch den Raum fort. So, wie dieses Gespräch sich entwickelte, konnte er sich die wütenden Vorwürfe seines Vaters bereits ausmalen. Wie kannst du es wagen, in meinen Klub zu kommen, um zu predigen? würde er vielleicht sagen. Noch vor einer Woche hätte Nathan für undenkbar gehalten, dass ihn sein Vater für etwas Derartiges schelten

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