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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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könnte. Aber jetzt ... Dad, ich glaube, dir ist nicht ganz klar, was das für ein Ort ist.
    Und dir schon?
    Allmählich glaubte Nathan, es zu erkennen, zumindest vermeinte er das Wesen des Mannes zu durchschauen, der sich im Augenblick hinter ihm befand.
    Vor einem weiteren Bildnis hielt er inne. Im Gegensatz zu den anderen wies es einen dunklen Zierrahmen aus Holz auf. Es sah ziemlich alt aus, doch die Farben waren erstaunlich und ließen das Gemälde durch ihre Lebendigkeit plastisch wirken. »Was haben –«, setzte Nathan an, dann versagte ihm die Stimme den Dienst.
    Das Bild vor ihm zeigte eine Wüste in satten Orange- und Brauntönen. Die Sonne ging rot lodernd hinter einem pyramidenartigen Gebäude unter. Es handelte sich um einen Tempel, der im Vergleich zu den winzigen Gestalten mit Kapuzen, die vom Betrachter weg auf den dunkelroten Steinbau zumarschierten, einen gewaltigen Hintergrund bildete. Die gesamte Szene war von den Farbtönen der sterbenden Sonne übertüncht. Die Mauern des Bauwerks ragten stufenförmig empor, entsprachen einer etwas verzerrten Version eines Inkatempels.
    Nathan kannte diesen Ort.

Kapitel Fünfunddreißig
    Die Pilger bildeten lediglich unscheinbare, impressionistische Punkte entlang des unteren Rands, wurden vom Ausmaß und der Gegenwart des Bauwerks überschattet. Nathan stellte sie sich in Bewegung vor, spürte, wie eine Kraft an ihm zerrte, wie er sich in dem Albtraum verlor, der abermals in seine bewusste Welt eingedrungen war.
    Er musste den Blick abwenden und versuchen, so zu tun, als wäre das Gemälde bedeutungslos. Allerdings war es dafür zu spät.
    Der Anblick dieser Darstellung seines eigenen Albtraums bescherte ihm einen Schock. Die Auswirkungen jedoch waren nicht jene, die möglich gewesen wären, hätten sich in den vergangenen Tagen nicht so viele andere rätselhafte Begebenheiten ereignet. So fiel lediglich ein weiteres Puzzlestück vor ihn, das er nicht zuzuordnen vermochte.
    »Ein wunderbares Gemälde, finden Sie nicht?«
    Quinn war neben ihn getreten und betrachtete das Bildnis.
    Nathans Stimme erklang als heiseres Krächzen. »Was ist das?« Jegliche Trümpfe, die zu haben er vermeint hatte, waren soeben in alle Winde zerstreut worden. Das Beste, worauf er hoffen konnte, war, halbherziges Interesse zu heucheln.
    »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Herr Pastor, Sie sehen mir ein wenig erschüttert aus.«
    Nathans Verwirrung schlug unverhofft wieder in Wut um. Vielleicht war es auch hilfloses Grauen, das er empfand. Jedenfalls füllte es jeden Winkel seines Körpers aus. Die Wand rings um den dunklen Rahmen, der Raum selbst schienen zu schrumpfen und zu verschwimmen. Nur noch die kontraststarken Farben des Gemäldes zeichneten sich gestochen scharf ab. Er musste sich auf etwas anderes konzentrieren, den Blick abwenden. Stattdessen flüsterte er: »Was ist das? Dieses Bauwerk auf dem Bild?«
    Der Mann neben ihm antwortete nicht sofort, sondern blickte abwechselnd auf den Tempel und seinen Besucher.
    Nathan war nicht sicher, ob Quinn etwas erwidert hatte. Er glaubte nicht. Er schloss die Augen, wodurch sich der Druck auf seinen Kopf etwas verringerte. Bevor er die Lider wieder öffnete, drehte er sich nach rechts. Mittlerweile versuchte er nicht mehr, die Fassung zu wahren. Er wollte nur noch schreiend auf den Parkplatz rennen, gleichzeitig jedoch diesen Mann packen und die Antworten aus ihm herausschütteln.
    »Sagen Sie mir«, wiederholte er etwas lauter als zuvor, »was das ist. Sofort.« Das letzte Wort überraschte ihn selbst. Es widerstrebte ihm, Leuten zu drohen, und sei es noch so dezent. Aber die Situation war zu viel für ihn, mehr, als er verkraften, mehr, als er akzeptieren konnte.
    In Quinns Augen veränderte sich etwas. Sie hatten sich weiter geöffnet, und eine unausgesprochene Erkenntnis hatte seine verkniffenen Züge gelöst. Eine Erkenntnis, die ein langsames, aber echtes Lächeln begleitete.
    »Ich könnte ja sagen«, gab Quinn zurück, »dass ich es nicht weiß. Aber das wäre eine Lüge, und wir beide wüssten es.« Seine neue Haltung und Stimmlage fegten jegliche Ansätze von Selbstsicherheit hinweg, die in Nathan aufzukommen begonnen hatten. Stattdessen fühlte er sich in die Defensive gedrängt. Der Drang, zu verschwinden, wurde immer stärker, doch er war so nahe dran an ... irgendetwas. An einer Antwort, von der er spürte, dass dieser Mann sie ihm geben würde.
    Als Peter Quinn erkannte, dass Nathan nichts erwidern würde, fuhr er

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