Das Grab des Salomon
vorgehen. Rasch, aber vorsichtig.
Er ließ das Versteck offen und ging wieder in die Küche. Würde es ihm gelingen, Dinneck zu überzeugen? Jedenfalls schien ihm der junge Mann zuzuhören, zudem waren da seine Träume. Aber die Frau ... Tarretti hatte versucht, nicht darauf zu achten, wie sie bei gewissen Einzelheiten spöttisch die Augen verengt und ihn dabei mit ihrem Blick ausgelacht hatte.
Als er zum Tisch zurückkehrte, hatte sie denselben Ausdruck im Gesicht. Die beiden hatten miteinander getuschelt. Tarretti hatte ihre Stimmen gehört, die Worte jedoch nicht verstanden.
Mit einem dumpfen Poltern stellte er die Kassette auf dem Tisch ab. Dann löste er die Verriegelung, öffnete den Deckel und drehte die Kassette Dinneck zu.
»Sie brauchen den Inhalt nicht sofort zu lesen«, sagte Tarretti. »Das sind alle Notizen, die ich im Lauf der Jahre angefertigt habe, außerdem die von Ruth und vielen anderen vor ihr. Die Aufzeichnungen sind nicht vollständig, und ich will nicht behaupten, alles zu kennen, was darin steht, weil sie in vielen verschiedenen Sprachen verfasst und manche ziemlich alt sind. Aber wenn Sie sich mal die Zeit nehmen wollen, ist die Geschichte darin enthalten.«
Elizabeth schnaubte verächtlich. »Jetzt hören Sie aber auf, Tarretti.« Sie stupste Nathan gegen die Schulter. »Ich glaube, für heute Abend haben wir genug gehört.«
Nathan sah sie an. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir bleiben, bis er uns alles erzählt hat.« Damit drehte er sich wieder Vincent zu.
Sie beugte sich vor und flüsterte, obwohl ihr klar sein musste, dass Vincent sie trotzdem hören würde. »Du glaubst das doch nicht etwa, oder? Er hat uns gerade gesagt, dass die zehn Gebote auf unserem Ortsfriedhof vergraben liegen! Die Steintafeln, die Charlton Heston von diesem Berg getragen hat!«
Mit einer Ruhe, die über seine wachsende Wut hinwegtäuschte, sagte Vincent: »Moses trug sie, Miss. Sie sollten besser etwas Respekt gegenüber –«
»Gegenüber wem? Ihnen vielleicht? Einem Irren, der wie ein Einsiedler mit seinen Wahnvorstellungen lebt und Notizen über sie anfertigt? Wahnvorstellungen darüber, dass Gott die Bundeslade auf einem Friedhof in einem Kaff wie unserem verbuddelt hat?« Sie stand auf. »Nate macht gerade eine schwierige Zeit durch. Mit Pastor Haydens Tod und seinem Vater, der in diese merkwürdige Gruppe geraten ist, hat er genug Sorgen am Hals. Und jetzt bestellen Sie uns hierher und wollen uns weismachen, er müsste den Grabstein irgendeines Toten bewachen!« Sie beugte sich vor und pikste ihm einen Finger in die Brust. Johnson knurrte. »Halt‘s Maul, du dumme Töle!«
Johnson duckte den Kopf und winselte.
Nathan schwieg. Wie zuvor bei Vincent wirkten seine Augen verschwommen und seine Züge vor Konzentration verkniffen. Vincent beschloss, die Frau zu ignorieren, und sah den jungen Geistlichen an.
»Pastor«, flüsterte er. Die Verwendung des Titels ließ Nathan aufschauen. »Von welcher Gruppe redet sie?«
Kapitel Vierundvierzig
Während Art Dinneck am Telefon mit dem Systembetreuer sprach, versuchte er, sich Raymond George vorzustellen. Er glaubte zwar, ihn zu kennen, aber im Augenblick konnte er sich nicht an das Gesicht des Mannes erinnern.
»Sie müssen noch heute Abend zum Klub. Vielleicht sind noch ein paar Männer da, falls das Kartenspiel noch nicht zu Ende ist. Wenn nicht, liegt unter einem Stein in der Gasse hinter dem Klub ein Schlüssel versteckt. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass ein von Ihnen geschriebenes Computerprogramm nicht funktioniert. Wissen Sie, welches Programm es ist?«
Art schaute durch die Küche zu Beverly, die Geschirrspülmittel in einen halb vollen Geschirrspüler kippte und ihn dabei argwöhnisch beobachtete. Der Systembetreuer hatte ein von ihm geschriebenes Programm erwähnt, das sich aufgehängt hatte. Art konzentrierte sich und versuchte, sich an den Namen zu erinnern.
»Meinen Sie das FBB714?«
»Ja«, bestätigte die kontrollierte Stimme von Peter Quinn alias Raymond George. »Das ist es. Sie müssen herkommen und das Problem beheben.«
Art blickte zur Wanduhr und seufzte. »Kann das nicht bis morgen warten?« Er fragte sich, weshalb Raymond wegen eines Berichtsprogramms einen solchen Wirbel schlug.
»Nein, und Sie denken das auch nicht.«
»Na schön. Ich bin in fünfzehn Minuten da.«
Verärgert schlug Beverly die Klappe des Geschirrspülers zu und drehte den Knopf, um den Waschdurchgang zu starten. Aber an ihrer Miene erkannte Art,
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