Das Grab des Tauren
stehen, schob seinen Helm hoch und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Die anderen hielten ebenfalls an. Nur der Priester ging weiter und winkte drängend. Schließlich blieb auch er resignierend stehen.
Als Thonensen näherkam, sah er, daß es Lella war, die ihn erwartete. Bei ihr waren die übrigen Lorvaner, alle in reichverziertes Rüstzeug gekleidet, wie es Gianten trugen. Es war ein guter Plan gewesen, dachte Thonensen anerkennend. Er hätte vielleicht auch gelingen können, wenn Parthan die Flucht nicht begünstigt hätte. Der Priester, der die vermeintlichen Gianten führte, war Thygo, einer von Lydia von Ambors Vertrauten. Er hatte den Auftrag, die Lorvaner an den vereinbarten Treffpunkt mit Dhaggers Männern zu führen.
Thonensen beobachtete ihre Gesichter genau. Er erwartete, daß ihnen etwas an ihm auffiel. Aber sie schienen nichts Ungewöhnliches an ihm zu bemerken. Nur der Priester starrte ihn mit weißem Gesicht an und wandte rasch den Blick ab, als der Magier es bemerkte. Es beunruhigte ihn zutiefst, doch Thonensen wollte erst mit Nottr reden. Nottr aber war nicht in der Lage zu reden.
Er konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Lella berichtete dem Magier, was geschehen war, wie Nottr plötzlich auf die eigenen Gefährten losgegangen war und Calutt ihm Alppilz geben mußte, um ihn zu beruhigen. Nun stand er noch immer unter der Wirkung des Pilzes, und sie wußten nicht, was geschehen würde, wenn er aufwachte.
Lella war sehr besorgt. Die Männer sprachen kaum ein Wort. Die Ungewißheit um Nottr ließ sie ihrer Flucht nicht recht froh werden. Und der Priester hatte Furcht.
Thonensen schloß sich ihnen an, wie sie es erwarteten. Er schwieg über seine Flucht, und sie stellten keine Fragen. Aber er sagte ihnen, daß die Prinzessin von Ambor tot war, daß der Dämon sie getötet hatte, aber nicht, wie und weshalb es geschehen war. Der Priester wurde noch bleicher. Todesfurcht war in seinen Augen.
4.
Stongh Laern O’Maghant war eine gewaltige Burg. Ohne die Zinnen und Erker und die schlanken gemauerten Türme, die kleinen Fenster, die spitzen Dächer, die caerisches Zierwerk an gigantischen Mauern waren, hätte man die Festung mit den Mauern und Türmen Giantons vergleichen können. Klobige Quader lagen fugenlos aneinander und strebten zu schwindelerregend hohen Mauern auf.
Maghant war keine Caer-Burg, und schon gar kein Hochländer-Laern. Die Mauern kündeten von hohem Alter. Die Erbauer mußten dieselben gewesen sein, die einst Gianton und den Titanenpfad geschaffen hatten. Den wenigen Legenden nach waren die Titanen riesenhafte Geschöpfe von menschlicher Gestalt, die die einstigen hohen Gebirge von Caer zu großen Steinbrüchen machten und sie abtrugen, um mit ihren Quadern ihre Tempel und Häuser zu bauen, ihre Straßen und Städte, die jetzt noch überall im Land zu finden waren. Übrig blieben nur die bewachsenen Hügel – das Hochland von Caer. Die Titanen hatten wohl das Land verlassen, als es keine Berge mehr gab in Caer.
Innen vermittelte die Festung einen nicht minder titanischen Eindruck. Die Mauern waren in der Regel mehr als ein halbes Dutzend Schritte dick. Die Empfangshalle war von schwindelerregender Höhe. Es gab nur schwer erklimmbare Stufen wie in Gianton, die die Caer mit Holzleitern begehbar gemacht hatten.
Die Bewohner machten einen bedrückten und freudlosen Eindruck, als lasteten diese titanischen Ausmaße ihrer Heimstatt auf ihren Gemütern.
Dhagger O’Maghant war ein hagerer, großer Mann, dessen faltiges Gesicht tief von Verbitterung gezeichnet war. Wie das eines Raubvogels wachte es über die lange steinerne Tafel, an dessen einem Ende, verloren in der Dunkelheit des hohen Raumes, aber in tiefster Seele erwärmt vom lebendigen Licht von Fackeln und Lampen, die Lorvaner und der Magier zum Willkommensmahl saßen. Der Priester war nicht bei ihnen. Es war deutlich zu sehen gewesen, daß er Thonensens Gesellschaft mied.
Der Magier hatte eine Dämonenstatue in der Empfangshalle gesehen. Es war wohl ein Abbild Quatoruums, doch die Priester zogen sich beim Eintritt des Ritters rasch zurück. Sie hatten weder Masken, noch gläserne Gesichter, sie waren alle niederen Ranges und gehörten vermutlich zu Lydias von Ambor Gefolgschaft. In der Tat schien, wie sie es angedeutet hatte, der Dämonenkult in Laern O’Maghant eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Es gab keinen unter den Priestern der Burg, der nicht erschrak beim Anblick des Magiers und machte, daß er aus dem
Weitere Kostenlose Bücher