Das Grab des Tauren
noch?«
»Beweise«, sagte Dhagger grimmig. »Ich höre nur Worte…«
Thonensen wollte antworten, aber Nottr sagte achselzuckend: »Laß es gut sein, Magier. Und laß uns noch heute aufbrechen. Einer, der viele Fragen stellt, scheut den Kampf…« Er sah, wie Dhagger zusammenzuckte und nach seiner Klinge tastete, und grinste und fügte hinzu: »So sagt man in meiner Heimat…« Er sah seine Gefährten an, die bedächtig nickten. »Und jetzt ist der Zeitpunkt zu kämpfen, nicht zu zaudern. Wir brauchen Verbündete, laß sie uns anderswo suchen…«
»Ihr werdet nichts dergleichen tun«, sagte Dhagger barsch. »Ihr werdet vorerst hierbleiben… als meine Gäste oder als meine Gefangenen, wie ihr es sehen wollt.« Er erhob sich, und Cleur und Maron folgten beflissen. »Mein Gesinde wird euch zeigen, wo ihr schlafen könnt. Godh mit euch!«
*
Sie wurden getrennt, und das offenbar mit Bedacht. Die Barbaren schliefen in einem tiefer gelegenen Raum, der von der Halle aus gut zu bewachen war. Thonensen brachten die Diener in einen Turm caerscher Bauweise, dessen Räume kostbar und vornehm gestaltet waren, mit verzierten Truhen, gepolsterten Bänken, schweren Teppichen auf den Böden und Fellen an den Wänden. Ein Baldachinbett mit seidenen Vorhängen ließ keinen Zweifel daran, daß es die Gemächer einer Dame waren. Das Schlafgemach verwehrten sie ihm jedoch und bereiteten ihm ein Lager aus Fellen und Kissen, das nicht minder bequem war. Bevor er einschlief, kam ihm in den Sinn, daß dies wohl die Gemächer sein mochten, in denen Lady Lydia Quartier bezog, wenn sie auf Maghant weilte.
Sein Schlaf währte nur kurz. Unsanft riß ihn jemand hoch. Er starrte blinzelnd in eine Fackel und nahm undeutlich dahinter zwei Krieger wahr.
»Steht auf!« sagte einer. »Der Burgherr will mit Euch reden.«
Thonensen schüttelte den Kopf, sah, daß der Himmel stockdunkel war. Er konnte das Fenster kaum erkennen. Es mußte noch tiefe Nacht sein.
»Sofort?« fragte er verwundert.
»Sofort!«
Sie ließen ihm noch Zeit, seinen Mantel anzulegen, dann führten sie ihn nach unten in die Halle, wo Dhagger mit düsterer Miene wartete. Ein Priester stand an seiner Seite.
Das Magier ahnte, was nun kommen würde. Er war plötzlich hellwach. Es war für ihn gleichermaßen interessant.
»Ihr müßt verzeihen, wenn ich zu dieser nächtlichen Stunde auf einer Unterredung bestehen muß«, sagte Dhagger höflich, aber mit wenig Freundlichkeit. Man sah ihm an, daß er lieber geschlafen hätte. »Ihr habt heute viel von Euren Kämpfen gegen die Finsternis erzählt…« Seine Augen bohrten sich in Thonensens. »Aber nicht, welche Taten Ihr auf der Seite der Finsternis zu vollbringen gedenkt…«
»Keine… hoffe ich«, erwiderte Thonensen ruhig.
»Ihr seid gezeichnet, Magier! Der Priester sagt es. Und wenn ich auch selbst das Mal nicht sehe, so habe ich keinen Grund, ihm nicht zu glauben… Ihr kommt direkt aus Gianton, nicht wahr? Wäret Ihr dieser Erzfeind der Finsternis, der Ihr zu sein vorgebt, Ihr hättet ein Ende in den Giantenschmieden gefunden.«
»Ich weiß von dem Zeichen. Ich konnte es ebensowenig verhindern, wie die Prinzessin die tödliche Umarmung des Dämons. In Gianton, im Schatten der Schlange Paraphaene, ist nichts und niemand stärker als die Mächtigen. Ich bin gezeichnet. Aber seit ich Gianton verlassen habe, war ich frei, zu tun und zu lassen, was ich wollte. Auch in diesem Augenblick fühle ich mich frei. Bin ich es?« wandte er sich an den Priester.
Der wand sich unbehaglich. Dann nickte er. »Ja…«
»Siehst du das Mal jetzt?«
»Ja.«
»Wie sieht es aus? Wo ist es?«
»Es ist dein Auge… dein linkes Auge…«
Thonensen blinzelte und betastete sein linkes Auge.
»Mein Auge? Was ist damit?«
»Es ist aus Stein…«
Thonensen starrte ihn ungläubig an. Er tastete erneut danach und fand es weich und empfindlich, wie ein Auge eben ist.
»Aus Stein? Weshalb spüre ich es nicht?«
Der Priester zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht.«
»Und es gibt keinen Zweifel?«
»Nein. Auch die anderen Priester sahen es auf den ersten Blick.«
Thonensen nickte stirnrunzelnd. Er zweifelte nicht an den Worten des Priesters, so unglaublich sie auch klangen.
»Was bedeutet es?«
»Daß jeder es benützen kann…«
»Jeder?«
»Jeder, der die Macht dazu hat.«
»Ein Dämon?«
»Natürlich…«
»Priester?«
»In Gianton wohl jeder. Hier…« Er zuckte die Schultern. »Hier müßte erst die Macht gerufen
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