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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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altklug waren, weil sie keine Vergleiche hatten. Es gab keine erwachsenen Tauren mehr, die ihnen Vorbilder sein konnten. Sie wußten nicht einmal, wie groß sie sein würden, wenn sie erwachsen waren.
    »Wenn wir wachsen«, klagte Duzella, »werden wir Vater verlieren und Merryone…«
    »Nein… niemals…!« rief Merryone.
    »Doch… wir werden so groß sein, daß jeder uns fürchtet. Wer mit uns reden will, muß wie auf einen Berg hinaufschreien…«
    »Ich glaube, eure Phantasie geht mit euch durch«, stellte Thonensen fest. »Zu ihrer großen Zeit sind die Tauren wohl auch gut mit den Menschen ausgekommen…«
    »Ja, vielleicht. Aber sie waren viele damals…« Taurond sprang plötzlich auf. »Laß uns dieses Grab suchen… noch heute nacht… jetzt…!« Er war voller Eifer.
    Thonensen schüttelte den Kopf. »Ich habe eurem Vater versprochen, morgen in seiner Gegenwart…«
    »Bitte, Master Thonensen… wenn wir es heute nacht finden, kannst du es Vater morgen immer noch sagen…«
    Die Logik war unleugbar, und Nottr meinte zudem: »Wenn wir das Grab heute nacht finden, haben wir Zeit genug, es uns gründlich anzusehen. Ich traue Dhagger nicht…« Das trug ihm einen mißbilligenden Blick von Taurond ein. »Da ist zuviel, was er Verbergen möchte.«
    Merryone war die einzige, die dagegen war, aber mehr aus Furcht und weil sie Thonensen noch für zu schwach hielt. Auch Thonensen selbst fühlte sich noch recht schwach, aber Nottrs Argument ließ ihm keine Ruhe, und so stimmte er schließlich zu.
    Sie kehrten in Lydias Turm zurück, denn Thonensen wollte den Schamanen dabei haben. Am Ende ließen sie jedoch nur Arel als Wache zurück. Die ganze Viererschaft begleitete Nottr. Thonensen drückte Lella Seelenwind in die Hand.
    »Es mag sein, daß wir sie brauchen. Aber gib sie ihm nur, wenn er wirklich in Gefahr ist. Du weißt, was in Gianton geschehen ist.«
    Sie verstand und nickte ernst. Dann stiegen sie im Gänsemarsch den schmalen Geheimkorridor hinab in den Tempelraum. Kein Licht brannte, aber eine fahle Helligkeit umgab den Kopf der Statue. Es war der Schimmer der Finsternis. Er bedeutete, daß noch beschworene Kraft in diesem Raum war.
    Thonensen preßte den Finger an die Lippen und deutete zum Eingang, hinter dem sicherlich Dhaggers Wachen standen, doch die Gefahr, daß man sie hinter diesen dicken Steinmauern hören könnte, war gering.
    Die Zwillinge hatten Mühe, durch den schmalen Gang zu gelangen. Er war wohl für erwachsene Menschen gedacht, aber nicht für Riesenkinder.
    Sie beobachteten mit weiten Augen, wie er die Hände hob und in den fahlen Schimmer der Statue griff. Kaum erkennbar wogte eine Schwade schwarzen Rauches vom Stein hoch. Nur einen Augenblick lang griffen die Hände nach der Kraft, die hungrig in seine Haut drang. Dann riß er die Hände nach unten und preßte sie gegen sein Gesicht. Ein Stöhnen entfloh ihm, und Lella wollte nach ihm greifen, um ihn zu stützen, aber Nottr riß sie zurück. Nur Calutt blieb ganz nah bei ihm und hielt den Beutel mit Alppilz bereit in der Rechten.
    Als Thonensen die Hände vom Gesicht nahm, sahen sie alle voll Grauen, daß sein linkes Auge bleich schimmerte. Er griff um sich, faßte Nottrs Schulter und hielt sich fest. Sein Gesicht war verzerrt. Er murmelte einen tarnen, den keiner verstehen konnte, aber es war nur ein eisländischer Gott, bei dem er eine Art von Halt suchte.
    Dann war deutlich zu erkennen, daß er langsam die Gewalt über sich zurückgewann.
    »Gehen wir«, sagte er schließlich mit brüchiger Stimme.
    Sie ließen ihn vorangehen, aber er hielt nach wenigen Schritten inne.
    »Ihr müßt mich führen«, flüsterte er. »Es ist alles leer… keine Mauern… keine Türen… keine Stufen…«
    Lella und Merryone führten ihn, denn sie waren schlank und zierlich genug, in dem engen Gang dicht bei ihm zu bleiben. Oben im breiten Korridor angekommen, drehte er sich herum und blickte in die schwindelerregende Leere, in der Möbel, Teppiche und blutdurchpulste lebende durchsichtige Körper schwebten. Oben schimmerten die Sterne, aber sie waren blutrot und grausam. Zu seinen Füßen war der dunkle Schlund der Erde, nicht weniger einladend. Er versuchte die Augen zu verschließen vor dem Anblick seiner Gefährten.
    »Es ist meine Magie, die so unvollkommen ist«, murmelte er. »Parthan kann mit diesem Auge nicht mehr erkennen als ich… ich muß versuchen…«
    Seine Stirn runzelte sich.
    »Siehst du es?« fragte Taurond aufgeregt.
    Der Magier

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