Das Grab - Roman
zu, fischte seinen Mantel vom Dach und lief auf die Straße zurück, um seinen Revolver aufzuheben.
» Verdammt soll er sein«, hörte Vicki jemanden sagen. Es war die Stimme einer Frau. Sie schien von weit her zu kommen. »Bin ich nicht gut genug für ihn? Er hat verspr… Setz sie ab.«
Undeutlich nahm sie wahr, dass ihre Beine gesenkt wurden. Sie spürte kalten Beton unter ihren Füßen. Ihre Knie knickten ein, doch sie fiel nicht um. Jemand hinter ihr (Jack?) hatte einen Arm fest um ihre Brust geschlungen und drückte sie an sich.
Sie sah den Arm unterhalb ihrer Brüste, sah ihre eingeknickten Beine und den grauen Fußboden mit Spuren und Tropfen von frischem Blut.
Sie versuchte, den Kopf zu heben, doch die Anstrengung war viel zu groß.
Nackte Füße und Beine kamen in Sicht. Dann ein Hemd. Ein grellbuntes Hawaiihemd, das offen stand. Es war eine Frau. Sie blieb weniger als eine Armlänge entfernt vor Vicki stehen.
Vicki hob den Kopf hoch genug, um den Schnitt quer über den Bauch der Frau wahrnehmen zu können. Er befand sich direkt über dem Nabel und war mit Zickzackstichen zugenäht worden. Nach dem Grad der Verheilung zu urteilen war die Wunde ein paar Tage alt. Dasselbe Muster muss Jack unter seinem Verband haben, dachte Vicki. Obwohl das Hemd auf beiden Seiten einige der in die Haut geritzten Linien verdeckte, konnte Vicki den Kreis und die auf dem Kopf stehende Pyramide und Teile der augenähnlichen Ovale erkennen – alles wie bei Jack, nur blasser. Verheilte, rosafarbene Linien auf der weißen Haut der Frau. Fast schon verschwunden.
Eine mit klebriger grüner Flüssigkeit bedeckte Hand streckte sich ihr entgegen, packte Vickis Kinn und hob ihren Kopf.
Die Frau hatte blaue Augen, kurzes blondes Haar, das in Strähnen in ihre Stirn hing, und Sommersprossen auf Nase und Wangen.
Die Krankenschwester?, überlegte Vicki. Die, die Pollock umgebracht hat? »Patricia?«, fragte sie. Ihre Stimme klang schwach, nicht viel mehr als ein Flüstern.
»Ja. Du musst Vicki sein.« Sie ließ Vickis Kinn los. »Du siehst nicht besonders toll aus. Wozu braucht er dich? Hmm? Er hat mich. Warum will er dann dich?« Sie sah zur Decke. »Wo ist Melvin?«
Jack grunzte.
»MELVIN!«, schrie sie. Keine Antwort. Sie rief erneut seinen Namen. Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Er ist weg? Tja, dann … Jack, geh nach oben und gib acht, dass er nicht reinkommt. Lass ihn nicht hier runter.«
Er stieß erneut ein Grunzen hervor, das allerdings wie eine Frage klang.
»Nun mach schon! Ich hab dich wieder zum Leben erweckt, ich kann es dir auch wieder nehmen.«
Jacks Arm löste sich von ihr. Vicki sackte auf die Knie und kippte nach vorn. Ihr Gesicht stieß gegen Patricia, ihre Augen waren direkt vor der vernähten Wunde. Sie hörte, wie Jack mit schnellen Schritten die Treppe hinaufeilte.
Eine Hand packte ihr Haar und riss ihren Kopf zurück. Patricia starrte auf sie herab.
»Wenn ich mit dir fertig bin, will dich Melvin bestimmt nicht mehr haben. Er wird sein Mittagessen auskotzen, wenn er dich nur ansieht.« Eine Hand mit gekrümmten Fingern zuckte herab, um ihr die Wange aufzureißen.
Sie drehte den Kopf zur Seite und spürte ein leichtes Schrammen von Fingernägeln, als die Hand vorbeifuhr und sie knapp verfehlte. Die Hand schwang von unten wieder zurück. Schlug auf ihre Nase. Vicki fiel nach hinten. Ihr Rücken krachte auf den Boden. Blut troff aus ihrer Nase. Sie leckte daran, während sie die Hände gegen den Boden stemmte und versuchte, sich wieder zu berappeln. Schließlich setzte sie sich auf.
Patricia grinste sie an. Breitbeinig, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Kennst du Raines und Woodman?«, fragte sie.
Jetzt erst bemerkte Vicki die Männer.
Zwei Männer. Sie standen rechts und links von Patricia und ein, zwei Schritte hinter ihr.
Tote Männer. So tot wie Jack. Ich hab dich wieder zum Leben erweckt, ich kann es dir wieder nehmen . Tot wie Patricia.
Tot, aber nicht leblos.
Eine kalte Faust schloss sich um Vickis Herz, ihr Gehirn streikte.
Die beiden Cops, einer von ihnen der Chief, starrten sie mit gierig flackernden Augen an. Ihre Gesichter waren kalkweiß. Ihre Körper vom Hals abwärts fleckig von getrocknetem Blut.
Der größere der beiden hatte in der Brust und im Bauch zwei münzgroße Einschusslöcher und eine größere Wunde an der Schulter. Er fixierte Vicki mit lüsternen Blicken und rieb sich die Hände.
Raines war offenbar mehrmals in den Rücken geschossen
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