Das Grab - Roman
ihn über ihren Kopf zu ziehen wie einen störrischen Pullover.
Melvin setzte sich hinter ihr auf die Treppe, bog Patricias Arme nach unten und schlang die Beine um sie, während er ihre Arme fest an ihren Körper drückte. Dann beugte er sich über ihren Kopf und presste den Sack auf ihr Gesicht.
Als sie tot war, zog er ihr als Erstes die weißen Socken aus.
Kapitel Elf
Vicki schreckte keuchend aus dem Schlaf hoch. Sie wälzte sich auf die Seite, brachte mit einem gezielten Schlag den Wecker zum Verstummen und rollte wieder auf den Rücken. Sie starrte an die dunkle Zimmerdecke. Sie atmete schwer, ihr Herz hämmerte wild, und in ihrem Kopf pochte ein dumpfer Schmerz.
Sie konnte sich nicht an den Alptraum erinnern, aber er musste echt übel gewesen sein. Zweifellos mit Melvin in der Hauptrolle.
Sie zog einen Arm unter der Bettdecke hervor und rieb sich die Stirn, die sich heiß und feucht anfühlte. Als sie sich über den Kopf fuhr, stellte sie fest, dass ihr Haar schweißnass war.
Brütete sie irgendwas aus? Es fühlte sich eher nach einem Kater an. Obwohl sie gestern Abend lange mit Ace in der Küche gesessen hatte, hatte sie nur Coke getrunken. Wohl doch nur der böse Alptraum-Virus.
Heute kannst du das Joggen vergessen, dachte sie. Nimm ein paar Aspirin, versuch, noch eine Runde zu schlafen, und hoffe, dass die Kopfschmerzen weg sind, wenn du wieder aufwachst.
Sie warf die Bettdecke zurück und setzte sich stöhnend auf. Als sie warme Luft auf ihrer Haut spürte, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie sah nach unten. Ihre linke Brust war nackt. Das spitzenbesetzte Top ihres Nachthemds hing herab. Sie vermutete, dass der Spaghettiträger nachts von ihrer Schulter gerutscht war, und strich mit der Hand ihren Arm hinauf. Der Träger war verschwunden.
Sie schwang die Beine über die Bettkante und knipste die Lampe an, blinzelte in das helle Licht und zog die herabhängende Seite des Tops über ihre Brust. Am Trägeransatz war ein ausgefranstes Loch.
Sie stand auf und zog das klamme Nachthemd über ihren Kopf. Dann fischte sie nach dem herabbaumelnden Träger. An seinem Ende hing das kleine Stück Stoff, das vorn herausgerissen war.
»Gütiger Himmel«, murmelte sie.
Durch das gewöhnliche Herumwälzen konnte das nicht passiert sein, wie unruhig und fiebrig ihr Schlaf auch gewesen war.
Sie trat vor die Schranktür und betrachtete sich im Ganzkörperspiegel. Der Träger hatte einen schmalen roten Kratzer auf ihrer linken Schulter hinterlassen. Jemand hatte ihr das Nachthemd von der Brust gerissen.
Jemand, dachte sie. Aber wer?
Wenn während der Nacht kein umherschleichender Sittenstrolch in ihr Zimmer eingedrungen und Ace keine heimliche Lesbe war, musste Vicki das Nachthemd selbst zerrissen haben. Das schien ihr am plausibelsten. Ace hatte nie in irgendeiner Form sexuellen Kontakt mit Vicki gesucht. Was den unbekannten Sittenstrolch anging, würde sich dieser wohl kaum damit begnügen, eine ihrer Brüste zu entblößen.
Vicki bezweifelte, dass jemand das Nachthemd mit einem kräftigen Ruck zerrissen haben konnte, ohne sie zu wecken. Dem Kratzer auf ihrer Schulter nach musste es wehgetan haben.
Sie hatte es in der Qual des Alptraums selbst getan.
Das machte ihr Angst.
Sie hatte angenommen, dass die Alpträume abklingen würden. Stattdessen schienen sie schlimmer zu werden.
Was kam als Nächstes? Schlafwandeln?
Sie warf das Nachthemd über einen Stuhl, zog die Schranktür auf und schlüpfte in ihren Satinmorgenmantel. Dann tappte sie durch den Flur, an Aces Schlafzimmer vorüber, und schlüpfte ins Bad. Nachdem sie die Toilette benutzt hatte, kramte sie Aspirin aus ihrem Kulturbeutel und spülte drei Tabletten mit einem Glas Wasser hinunter.
In ihrem Zimmer zog sie den Morgenmantel aus, stellte den Wecker auf acht und löschte das Licht. Sie streckte sich auf dem Bett aus. Das klamme, kühle Laken fühlte sich gut auf ihrer nackten Haut an. Die sanfte Brise, die durch das offene Fenster wehte, ebenfalls. Sie rieb sich den steifen Nacken, verschränkte die Hände unter ihrem feuchten Haar und starrte zur Decke, während sie sich fragte, ob sie wieder einschlafen konnte – ob sie es überhaupt wagen sollte.
Sie träumte, mit Paul auf dem Floß zu sein. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und über dem Fluss hing dichter Nebel. Sie konnte nicht weiter als bis zu den Rändern der Badeplattform sehen. »Ich liebe dich so sehr«, sagte sie.
»Ich werde dich immer lieben«, sagte er.
Sie
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