Das Grab - Roman
wohlverdient.«
Melvin lachte. Er schüttelte den Kopf, wischte sich über den Mund und nahm einen Schluck Bier.
»Lucy hat die Erdnüsse vergessen«, sagte Ace, stand auf und ging.
Na toll, dachte Vicki. Sie lässt mich mit ihm allein. Das war nicht abgemacht. Na ja, eigentlich war überhaupt nichts abgemacht. Aber sie weiß doch, wie ich mich in Melvins Gesellschaft fühle. Vielleicht ist sie gegangen, damit ich mich ungestört mit ihm aussprechen kann.
Nein, sie will nur Erdnüsse holen.
Vicki brachte ein Lächeln zustande. » Wie geht’s deiner Hand?«, fragte sie.
»Oh, viel besser. Ich hab eine gute Ärztin.«
»Ich sehe, du hast den Verband gewechselt.«
»Ich hab heute Abend geduscht.«
Hinreißende Vorstellung.
»Denkst du auch manchmal an Psycho , wenn du duschst?«
»Ich versuche, es zu vermeiden.«
»Wir hatten diese Tussi in der Klapsmühle, die einfach nicht duschen wollte. Weil sie mit zehn Psycho gesehen hatte. Nach einer Woche stank sie wie ein Iltis. Dann schleiften ein paar Pfleger sie in den Duschraum, und man hörte sie schreien.« Mit der Linken griff Melvin nach dem Krug, füllte sein Glas und schenkte Vicki nach, die kaum getrunken hatte. »Meine Mutter hat nie geduscht. Sie hat immer gebadet. Badest du gern?«
»Ja«, sagte sie. »Aber ich dusche auch gern.«
Na toll. Jetzt denkt er ans Baden.
»Meine Mutter hat sich immer in der Wanne die Beine rasiert.«
Woher weiß er das?
Er neigte den Kopf zur Seite und grinste. »Rasierst du dich auch in der Wanne?«
»Das geht dich nichts an, Melvin.«
Sein Grinsen verflog. »Entschuldige. Ich wollte dich nicht beleidigen.«
»Warum reden wir nicht über was anderes?«
Wo zum Teufel bleibt Ace?
»Was hast du heute gemacht?«, fragte sie.
»Oh, Hausputz.«
»Du hast ein großes Haus. Muss ein ziemlicher Aufwand sein, es sauber zu halten.«
»Oh, das ist nicht so schlimm.«
»Du hast nicht in der Tankstelle gearbeitet?«
»Meine Ärztin hat’s mir verboten. Vielleicht nächste Woche wieder. Vielleicht auch nicht. Zu Hause zu sitzen gefällt mir irgendwie.«
Aus den Augenwinkeln registrierte Vicki, dass jemand an ihren Tisch trat. Es war nicht Ace.
Es war Dexter Pollock mit einem Glas Bier.
»Was dagegen, wenn ich mich setze?«
Ehe sie etwas erwidern konnte, rutschte Dexter neben sie auf die Bank. »Da sitzt Ace«, sagte sie.
»Die hat sicher nichts dagegen. Sie quatscht mit irgendwelchen Leuten.« Er warf einen Blick auf Melvin, dann sah er Vicki an. »Sie müssen’s aber nötig haben, wenn Sie sich mit solchen Leuten abgeben.«
»Warum hauen Sie nicht einfach ab?«
»Ich hatte keine Gelegenheit, Ihnen auf Wiedersehen zu sagen. Ich war wohl weg, als Sie Ihre Sachen rausgeholt haben. Ich hätte Ihnen geholfen.«
»Das wäre nicht nötig gewesen. Wir hatten Möbelpacker. «
»Wir? Sie und Melvin?« Er schielte über den Tisch. »Ist sie bei dir eingezogen, du Schwerenöter?«
Melvin wurde scharlachrot.
»Du bist ein Glückspilz«, erklärte Dexter ihm. »Sie ist ein steiler Zahn.«
Vicki fühlte, wie der Zorn in ihr aufstieg.
Melvin funkelte Dexter wütend an. »Hören Sie auf, so einen Scheiß zu reden.«
»Ach, wie niedlich.« Er grinste Vicki an. »Sie haben sich einen waschechten Ritter in glänzender Rüstung angelacht. Völlig verrückt, aber ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Sie die Angewohnheit haben, sich mit Verrückten zu umgeben? Erst Ihre Busenfreundin Ace und jetzt Ihr Romeo Melvin. Beide haben einen gewaltigen Sprung in der Schüssel. Woran liegt das? Verströmen Sie einen Geruch , der Verrückte anzieht?«
Vicki sagte nichts und starrte ihn nur an.
»Sie sollten jetzt besser gehen«, sagte Melvin.
Dexter ignorierte ihn. »Muss Ihr Aroma sein.« Er lehnte sich seitwärts und presste seine Schulter an ihre. Er senkte den Kopf und schnüffelte. »Wusst ich’s doch! Scheint von weiter unten zu kommen.« Er beugte sich noch weiter herunter. Die Seite seines Gesichts streifte ihre Brust.
Vicki packte sein Haar, riss seinen Kopf hoch und goss ihr volles Bierglas in seinen Schoß. Er atmete scharf ein und richtete sich auf. Mit hervorquellenden Augen starrte er sie an. »Du kleine Fotze«, zischte er. Dann packte er sein Bierglas und schwang es in ihre Richtung. Einen Augenblick dachte Vicki, er würde ihr das Glas ins Gesicht rammen. Doch er stoppte seine Hand. Das Bier schwappte heraus und klatschte ihr ins Gesicht.
»Setz dich hin, du beschissener
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