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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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kriegst sicher die Ehrenmedaille«, sagte Vicki.
    »Friss mein Höschen.«
    Vicki begann mit ihren Vorbereitungen. Sie öffnete ihren hölzernen Schaukasten und stellte ihn aufrecht an den hinteren Rand ihres Tischs. Dann legte sie die Instrumente aus der Sezierschale in einer exakten Reihe davor aus und zog die Latexhandschuhe an. Sie war im Begriff, das Glas mit dem Formaldehyd und der Ratte zu öffnen.
    »Verschon mich damit, okay?«, ächzte Ace. »Die Sache fängt erst in einer halben Stunde an. Warte um Himmels willen, bis dir jemand zusieht.«
    Vicki zuckte mit den Schultern. »Also gut.« Sie stellte das Glas wieder hin und zog die Handschuhe aus.
    Ace war damit beschäftigt, zwei Stühle aufzuklappen, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Sie stellte sie nebeneinander mit den Rücken zu den Tischen auf. Die beiden Mädchen setzten sich.
    Melvin, ihnen gegenüber, sah kurz von seinem Buch auf und las dann weiter.
    »Was, glaubst du, hat er ?«, fragte Ace leise.
    »Vielleicht hat er das Megafon da gebaut.«
    Das Megafon lag auf dem Boden neben Melvins Stuhl. Es sah ganz und gar nicht selbst gebaut aus.
    Hinter ihm ragte ein quaderförmiges Gebilde von der Größe eines Plumpsklos auf: ein Holzgerüst, das mit blauen Betttüchern verhängt war.
    »Was ist da drin?«, rief Ace ihm zu.
    Er hob den Kopf und grinste. »Überraschung.«
    »Hast du dieses Jahr wieder einen Automotor dabei?«
    »Vielleicht.«
    »Komm schon, jetzt hab dich nicht so und lass uns reinschauen.«
    »Ihr werdet es schon noch sehen. Ich muss auf den richtigen Moment warten.«
    »Und wann ist der?«
    »Nicht bevor die Preisrichter kommen.«
    »Du machst Witze.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Es kann nur einmal gezeigt werden«, sagte er und vertiefte sich wieder in Frankenstein .
    »Blindgänger«, murmelte Ace.
    Vicki und Ace quatschten eine Weile über andere Dinge. Als Aces Freund Rob auftauchte, stand Vicki auf und schlenderte zu Henrys Projekt hinüber. Nicht, weil sie ihn unbedingt sehen wollte. Aber er kam dem, was man als Vickis Freund bezeichnen konnte, am nächsten, und schließlich würde er sie in der kommenden Woche zum Abschlussball ausführen, weshalb es unhöflich gewesen wäre, ihn zu ignorieren.
    Er saß an seinem Computer und tippte eifrig Befehlsketten ein, die Humphrey tanzen und winken ließen, obwohl niemand die Vorstellung zu würdigen schien.
    Humphrey war eine Marionette, einen Meter groß und in Frack und Zylinder gekleidet. Er vollführte seine Kunststücke neben Henrys Computer und sah ein bisschen aus, als sei er auf den Plastikschlauch gepfählt worden, der sich von der Steuereinheit zu seinem Hinterteil schlängelte.
    »Hallo, Humphrey«, sagte Vicki.
    Die Marionette winkte ihr zu und schleuderte spastisch die Beine zur Seite.
    Henry, der auf einem Drehstuhl saß, schwang herum und sah zu Vicki auf. Seine Augen hinter den Brillengläsern waren groß vor Eifer und Begeisterung. Sie wirkten immer so, als sei Henry gerade im Begriff, eine sensationelle Nachricht zu verkünden.
    »Wie läuft’s?«, fragte Vicki.
    »Oh, alles bestens.«
    »Schickes Outfit«, bemerkte sie. Henry trug eine Fliege und ein schwarzes Dinnerjackett. Sein Outfit war identisch mit Humphreys, allerdings trug Henry seinen Zylinder nicht auf dem Kopf, sondern hatte ihn auf den Tisch neben dem Keyboard gelegt, griffbereit für den Höhepunkt der Schau, wenn die Besucher vorüberschlendern würden.
    »Du siehst sehr hübsch aus heute«, sagte er.
    »Danke.« Vicki war von seinem Kompliment nicht sonderlich geschmeichelt. Es verging kaum ein Tag, an dem Henry nicht eine ähnliche Bemerkung machte. Aber sie hatte noch nie erlebt, dass er sie dabei wirklich angesehen hatte. Die Worte kamen aus ihm heraus wie eine programmierte Reaktion auf ihr Erscheinen – als würde ihm plötzlich bewusst werden, dass er irgendein Interesse an ihrem Äußeren vortäuschen müsste.
    Da haben wir echt eine heiße Romanze am Kochen, dachte sie.
    Doch eigentlich lag es ebenso an ihr wie an Henry. Ihre Beziehung hatte auf intellektueller Ebene begonnen, als sie letztes Jahr in Physiologie als Laborteam eingeteilt wurden, und keiner von beiden hatte je den geringsten Versuch unternommen, ein bisschen etwas Physisches ins Spiel zu bringen. Sie waren mindestens ein Dutzend Mal miteinander ausgegangen und hatten sich nicht einmal geküsst. Es war, als besäße keiner von ihnen einen Körper.
    Vicki fragte sich manchmal, was passieren würde, wenn sie ihn umarmen

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