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Das graue distinguierte Leichentuch: Roman

Titel: Das graue distinguierte Leichentuch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ist zusammen mit dem Kassenverwalter Sheplow auf der Bank gewesen.«
    »Na, und was bedeutet das schon? Noch lange nicht, daß er ein Mörder ist. Es könnte darauf hindeuten, daß er unschuldig ist.«
    »Das meine ich eben!« sagte Dave heftig. »Wenn er Willie das Geld gibt, ist weder das eine noch das andere bewiesen. Vielleicht will er nur Willie den Mund stopfen, ohne daß er etwas mit dem Mord zu tun gehabt hat. Andererseits könnte er der Mörder sein und hat nicht mehr den Mut dazu, auch ihn aus dem Weg zu räumen. Sie sagten es selbst: Annie war nur eine schlaue Hexe, Willie ist ein abgebrühter Berufsverbrecher.«
    »Wenn er aber den Versuch macht, Willie aus dem Weg zu räumen – würde das als Beweis genügen?«
    »Ich glaube schon«, erwiderte Dave kläglich. »Geben Sie mir ein Bier, Gus«
    Die Kneipe hatte eine sehr träge Uhr. Ihr Minutenzeiger bewegte sich unmerklich durch die Ziffernrunde. Stumm sahen sie beide zu. Dave verfluchte innerlich seinen langsamen Gang.
    Um halb neun sagte er: »Sind Sie sicher, daß dieser Leutnant Berger auf dem Posten ist? Daß er Sie ernst genommen hat?«
    »Ganz sicher. Fünf Minuten nach meinem Anruf ist er zur Stelle. Also beruhigen Sie sich endlich.«
    Zwanzig Minuten später war es acht Uhr fünfunddreißig.
    »Keine Menschenseele ist hineingegangen«, sagte Dave. »Es scheint dort nicht gerade Hochbetrieb zu herrschen.«
    »Verwechseln Sie es nicht mit dem ›Waldorf Astoria‹«, erwiderte Theringer. »Noch ein Bier?« »Danke, nein.«
    Zehn Minuten später sagte Dave: »Ich nehme einen Canadian Club.«
    Da war es neun. »Noch immer keine Spur«, brummte Theringer.
    »Vielleicht hat er gekniffen –«
    »Oder sich ganz einfach verspätet. Ihr Reklamefritzen seid nicht gerade die Pünktlichkeit selber, wie? Wann sind Sie heute ins Büro gekommen?«
    »Um halb zehn, zehn.«
    »Sehen Sie, was ich meine?«
    Fünf Minuten nach neun ging eine alte Frau mit einem Regenschirm die Stufen zum Hotel hinauf.
    »Das ist furchtbar!« stöhnte Dave. »Meine Magengeschwüre bekommen Geschwüre.«
    »Seien Sie still und passen Sie auf.«
    Sie hielten Ausschau, und die Wanduhr über dem Spiegel schlug plötzlich ein rasantes Tempo ein. Mit erschreckender Geschwindigkeit wurde es zehn nach neun.
    »Das gefällt mir nicht«, brummte Theringer. »Ob schuldig oder unschuldig – Hagerty hätte die Verabredung einhalten müssen. Er würde zu viel Angst haben, um nicht zu erscheinen.«
    »Gibt es einen zweiten Eingang?«
    »Es gibt eine Hintertür, aber das wird er doch nicht wissen. Vielleicht ist ihm etwas passiert. Oder vielleicht –«
    Theringer knallte sein Bierglas auf den Tisch.
    »Was ist los?« fragte Dave.
    »Mir kam eben ein gräßlicher Gedanke«, erwiderte der Reporter. »Wenn ich recht habe, dann haben wir die Sache wirklich versaut.«
    »Was soll das heißen?«
    Theringer nahm seinen Regenmantel vom Haken. »Vorwärts! Wir müssen mit Willie sprechen.«
    »Sofort? Aber was ist denn, wenn Hagerty erscheint? Wenn er mich sieht?«
    »Dieses Risiko müssen wir auf uns nehmen. Los!«
    Dave folgte Theringer laut jammernd, als sie eilends das Lokal verließen. Der ältere Mann lief wie ein Fußballstürmer im Zickzack durch den dichten Verkehr zur anderen Straßenseite hinüber. Mit zwei Sätzen nahm er die Hotelstufen, dann raste er durch die schäbige Halle, ohne zu warten, bis Dave ihn eingeholt hatte.
    »Die Treppe!« bellte er. »Nicht den Aufzug!«
    Als sie im zweiten Stock ankamen, war Dave dermaßen außer Atem, daß er gegen die Wand sank und wie ein abgehetzter Pudel keuchte. Theringer klopfte energisch an die Tür Nummer 208. Keine Antwort.
    »O mein Gott!« stieß Dave hervor. »Sie glauben doch nicht –«
    »Ich weiß es nicht.« Theringer drehte den Knauf. Er gab nach und die Tür ging auf.
    Dave machte sich auf den Anblick einer Leiche gefaßt, sah aber nichts weiter als einen Linoleumboden, ein Eisenbett mit zerknülltem Deckbett, eine Metallkommode und einen weißen Stuhl, dessen Anstrich sich abschälte.
    »Leer!«
    »Großartig!« sagte Theringer mit ätzender Schärfe.
    »Sind Sie sicher, daß er hier war?«
    »Als ich um halb acht wegging, lag er dort auf dem Bett.« Er ging und betrachtete die verdrückte Bettdecke. Auf dem Fußboden lag eine Zeitschrift mit ›wahren‹ Kriminalgeschichten, daneben stand eine Aschenschale mit winzigen Kippen. »Vielleicht wurde es ihm zu mulmig, und er ist abgehauen. Vielleicht aber handelt es sich um etwas ganz

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